Blutspuren deuten auf mindestens sechs Schläge hin

Rentner soll mit Hammer auf Frau eingeschlagen haben – Kriminaltechnische Untersuchungen sind nun vor Gericht Thema

Blutspuren deuten auf mindestens sechs Schläge hin

© Pressefotografie Alexander Beche

Von Hans-Christoph Werner

ASPACH/STUTTGART. Vierter Verhandlungstag in dem Verfahren gegen einen 67-jährigen Rentner wegen versuchten Mordes vor dem Stuttgarter Landgericht. Der Angeklagte hatte am ersten Verhandlungstag erklärt, sich nicht zur Sache äußern zu wollen. Auch die Geschädigte, seine Ehefrau, hatte, ebenfalls am ersten Verhandlungstag in den Zeugenstand gerufen, die Aussage verweigert. Beiden Beteiligten steht dies von Rechts wegen zu. So kam den kriminaltechnischen Untersuchungen und den daraus zu ziehenden Schlüssen besondere Bedeutung zu.

Ein mit der Spurensicherung beauftragter Kriminalbeamter gibt an, dass die Wohnungstür trotz innen steckenden Schlüssels zu öffnen war. Ferner steht in dem Mietshaus, in dem sich alles zugetragen hat, auf dem Treppenabsatz vor der Wohnungstür ein Schränkchen. In diesem neben Schuhwerk auch allerlei Werkzeug. Der in der Tatwohnung vorgefundene Hammer könnte aus diesem Schränkchen stammen. Eine bei der Polizei beschäftigte Biologin, zugleich Expertin für Blutspuren, berichtet sodann über die in der Wohnung vorgefundenen Hinweise. Akribisch hat sie alles bei mehreren Ortsterminen untersucht. Sie spricht von Größe und Anzahl der Blutspritzer, von deren runder oder ovaler Form, unterscheidet Spritz- und Tropfspuren, weiß von Blutlachen und Verwischungen. Auch entsprechende Bilder werden gezeigt. Angefangen im Wohnzimmer, wo die Frau in der Tatnacht geschlafen hatte, durch den Flur bis hin zur Wohnungstür, auf dem Boden, an Polstern, an der Wand oder am Türrahmen, überall wurden Blutspuren gefunden. Fast verwirrend viel nimmt sich das Untersuchungsmaterial aus.

Aus der Auffindungshöhe der Blutspuren lässt sich folgern, ob die Person gestanden, in der Hocke gewesen oder gar auf dem Boden gelegen ist. Für den Tathergang kann aus den Blutspuren gefolgert werden, dass das Geschehen im Wohnzimmer nahe der Matratze, auf der das Opfer geschlafen hatte, begann. So kann aus den vielen Spuren gefolgert werden, dass die Frau im Wohnzimmer vier Schläge erhielt, auf dem Weg vom Wohnzimmer zur Wohnungstür nochmals zwei. Mindestens. Um nichts auszulassen betont die Biologin, dass nur aus Wunden, die durch Schläge zum Bluten gekommen sind, Blut spritzen kann. Die Gerichtsmedizinerin, die die Krankenakte der Frau eingesehen, ferner die Zeugenaussagen der vorangegangenen Verhandlungstage verfolgt hat, ergänzt den Bericht der Biologin. Bedauerlicherweise sind die Kopfwunden der Frau nie genau gezählt worden. Aus den ärztlichen Untersuchungsberichten und den Aussagen der Zeugen ergibt sich, dass es bis zu 20 gewesen sein müssen.

Hauptwunde war eine Schädelfraktur am Hinterkopf

Die Hauptwunde der Frau war eine Schädelfraktur am Hinterkopf. Hier sei die Knochenschale einen halben Zentimeter tief eingedrückt gewesen. Weil man bei der ins Krankenhaus eingelieferten Frau gleich eine Antibiotika-Behandlung begann, hielt sich die durch die Verletzung ausgelöste Gehirnschwellung in Grenzen. Da die menschlichen Schädelknochen – Gott sei Dank, wie die Medizinerin sagt – einiges aushalten, der bei der Tat benutzte Hammer aber „nur“ 600 Gramm schwer sei, müsse der Schlag, der die Knochenverletzung verursacht habe, heftig gewesen sein. Weil der vorsitzende Richter bei der Verhandlung vor dem Stuttgarter Landgericht auch noch wissen will, mit welcher Seite des Hammers zugeschlagen wurde, wird eigens das herbeigeschaffte Tatwerkzeug ausgepackt, zur Hand genommen und von den Beteiligten begutachtet. Die Gerichtsmedizinerin vermutet das stumpfe Ende des Hammers.

Auch die Fotos von der Erstvernehmung des Angeklagten auf der Polizeiwache in Backnang werden nochmals kurz angesehen. Der Angeklagte hatte Blut an beiden Händen. Er ist Rechtshänder, hat aber am linken Arm mehrere Blutspuren. Sollte das darauf hinweisen, dass er sein blutendes Opfer gar noch festgehalten hat? Merkwürdig unbeteiligt ist der Angeklagte beim Vortrag von Biologin und Gerichtsmedizinerin. Entweder blättert er in seinen Unterlagen oder unterhält sich gar mit dem neben ihm sitzenden Dolmetscher. Der vorsitzende Richter gibt noch bekannt, dass im Bundeszentralregister keine Eintragungen über den Angeklagten vorliegen.

Mitte Mai wird die Verhandlung mit dem Gutachten des Psychiaters sowie mit dem Plädoyer der Staatsanwältin in Stuttgart fortgesetzt.

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Erstellt:
3. Mai 2019, 06:00 Uhr

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