Bootsdiebe organisieren sich immer internationaler

dpa/lsw Göppingen. Anker lichten und los. Das würden viele Bootsfreunde gerne sorgenlos tun. Aber nicht selten schlagen die Diebe zu in den Häfen, auf Seen und Flüssen. Sie werden dabei immer findiger. Und in dem einen oder anderen Fall kennt der Eigner den Dieb nur allzu gut.

Bootsbesitzer am Bodensee, Rhein und Neckar sind zunehmend internationalen Diebesbanden ausgeliefert. Bei ihren Beutezügen an baden-württembergischen Seen und Flüssen im Südwesten sind diese nicht mehr nur auf Schlauchboote und kleinere Schiffe aus. Sie stahlen im vergangenen Jahr auch millionenschwere Jachten und brachten sie ins Ausland. „Das sind Spezialisten auf ihrem Gebiet“, sagte Roland Fleischer am Montag bei der Vorlage des sogenannten Kompetenz-Zentrums Bootskriminalität in Göppingen. Zwar sei die Zahl gestohlener Boote und Motoren bundesweit leicht zurückgegangen. Allerdings sei noch nie so teures Gut von baden-württembergischen Beamten sichergestellt worden wie im Jahr 2018.

Gestohlen, unterschlagen und von baden-württembergischen Fahndern sichergestellt wurden europaweit vor allem Außenbordmotoren, aber auch Sportboote, ein Jetski und ein Bootstrailer im Wert von insgesamt 5,1 Millionen Euro. „Das ist fast der doppelte Wert der Sicherstellungssumme von 2017“, sagte Fleischer. Kostbarstes sichergestelltes Diebesgut sei im vergangenen Jahr eine Motorjacht im Wert von 3,2 Millionen Euro gewesen. Die Fahnder aus dem Südwesten schlugen im vergangenen Jahr gemeinsam mit anderen Dienststellen aus Deutschland und zwölf benachbarten Ländern 76 Mal zu.

Fahnder seien nicht nur in Deutschland, sondern auch im Ausland unterwegs gewesen. „Das belegt eindrucksvoll, dass die „Bootskriminalität“ ein internationales Phänomen ist und längst nicht mehr auf rein nationaler Ebene erfolgreich bekämpft werden kann“, teilte die Polizei mit. „Deutschland ist nicht nur Tatort, sondern auch Transitland.“ Festgenommene oder verhaftete Bootsdiebe stammten aus 13 Nationen, vor allem aus Osteuropa. Das Diebesgut werde oft über das Internet verkauft.

Der Deutsche Motoryachtverband warnt eindringlich vor dem Online-Deal: „Ich kaufe auch keine Luxusuhr über das Internet, sondern suche einen Fachhändler auf“, sagte der Präsident des baden-württembergischen Landesverbands, Michael Martini. Er macht bestohlenen Eignern wenig Hoffnung, ihren Besitz zurückzubekommen, wenn die Diebe erstmal zugeschlagen haben: „Gestohlene Boote tauchen am Schwarzen Meer auf oder in afrikanischen Gewässern“, sagte Martini. „Da gibt es kaum eine Chance, selbst registrierte Boote zu finden.“

Sein Verband empfiehlt zwar unter anderem, Sportboote mit Schloss und Kette und Wegfahrsperre, mit akustischer Alarmanlage und einem GPS-basierten Tracking-System zu schützen. Martini ist aber skeptisch: „Legt es jemand darauf an, ein Boot zu stehlen, dann wird er es auch tun.“

Diebe werden auch nach Einschätzung der Polizei zunehmend findiger. „Es gibt die unterschiedlichsten Wege, das Diebesgut aus den Häfen und Gewässern zu bekommen“, sagte Polizeisprecher Fleischer. Im Fall von drei teuren Segeljachten im Wert von insgesamt einer halben Million Euro führte der Weg der Fahnder unter anderem bis nach Kroatien. Die Boote seien im Charterbetrieb eingesetzt gewesen und durch ihren Betreiber unterschlagen worden. Letztlich wurden sie aufgestöbert - professionell mit neuer Identität ausgestattet und eines sogar mit einem neuen Anstrich getarnt.

Auch die millionenschwere Jacht „Princess 88“, aus dem Hafen von Imperia (Italien) gestohlen, wurde wiedergefunden: im Hafen von Ibiza. „Die Diebe hatten die Jacht bereits mit einer neuen Registrierung und einem neuen Bootsnamen versehen“, teilte die Polizei mit. „Dennoch konnte sie zweifelsfrei identifiziert werden.“ Das Boot war in Deutschland versichert.

Bundesweit wurden laut Polizeistatistik im vergangenen Jahr 196 Boote (minus 4 Prozent) und 988 Außenbordmotoren (minus 7 Prozent) gestohlen. „Bootsdiebstahl ist längst zu einem ernst zu nehmenden Problem in Europa, aber auch weltweit geworden“, warnt die Wasserschutzpolizeistation Konstanz. Nach Schätzungen liegt der volkswirtschaftliche Schaden in den EU-Ländern Jahr für Jahr bei mehr als 130 Millionen Euro. „Nicht berechnet sind die vielen Boote, Motoren oder Bootsanhänger, für die keine Versicherung besteht“, heißt es in einer Info-Broschüre der Polizei an die Eigner. In einigen Fällen meldeten Eigner auch ihr Boot als gestohlen, kassierten die Versicherungssumme und verkauften dann das Boot.

Fahnder warnen Bootsfreunde vor allem vor „faulen“ Online-Angeboten. „Insbesondere gestohlene Außenbordmotoren, einige davon mit professionell gefälschten Seriennummern, finden ihre Abnehmer häufig über das Internet“, hieß es. Es würden aber auch gestohlene Sportboote im Netz angeboten. Auf den ersten Blick seien die Historien der Boote auch nachvollziehbar.

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Erstellt:
17. Juni 2019, 14:21 Uhr

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