Grundsteuer-Streit eskaliert

Boris Palmer schickt Unterlassungserklärung an Haus & Grund

Rechtswidrig oder rechtskonform? Der Streit um die Grundsteuer-Erhöhung in Tübingen eskaliert: Palmer will zur Not vor Gericht ziehen, Haus & Grund ist „befremdet“ vom Vorgehen des OB.

Boris Palmer ist verärgert über den Hinweis des Eigentümervereins Haus&Grund zu einer möglicherweise rechtswidrigen Grundsteuer-Erhöhung.

© ZDF und Markus Hertrich

Boris Palmer ist verärgert über den Hinweis des Eigentümervereins Haus&Grund zu einer möglicherweise rechtswidrigen Grundsteuer-Erhöhung.

Von Florian Dürr

Der Streit um die Grundsteuer in Tübingen eskaliert: Oberbürgermeister Boris Palmer (parteilos) fordert den Eigentümerverein Haus & Grund mittels Unterlassungserklärung dazu auf, nicht weiter eine möglicherweise rechtswidrige Grundsteuer-Erhöhung ins Spiel zu bringen. „Die Unterlassungserklärung sollen sie unterschreiben“, sagt der Tübinger OB gegenüber unserer Zeitung und kündigt an: „Wenn sie es nicht tun, erwirken wir es vor Gericht.“

Tübingen hatte Grundsteuer-Hebesatz im Sommer rückwirkend angehoben

Denn der Auslöser für rund 400 Widersprüche gegen die Grundsteuer-Erhöhung, die in den vergangenen Tagen bei der Stadt Tübingen eingegangen sind, war offenbar eine Mitteilung von Haus & Grund: „Die Bescheide, mit denen die Stadt Tübingen jüngst die erhöhte Grundsteuer anforderte, sind dann rechtswidrig“, informierte Dagmar König, die Vorsitzende von Haus & Grund Tübingen, auf der Internetseite des Vereins mit Verweis auf ein „von dritter Seite in Auftrag gegebenes Rechtsgutachten“.

Laut dem Gutachten sei die sogenannte Änderungssatzung ungültig, „weil sie nicht veröffentlicht wurde“, hieß es. Tübingen hatte im Sommer für einen genehmigungsfähigen Haushalt den Hebesatz für die Grundsteuer B rückwirkend zum 1. Januar angehoben. König wies in der Mitteilung an betroffene Grundstückseigentümer daraufhin, dass sie ihren Grundsteuer-Bescheid zu Fall bringen könnten, wenn sie „umgehend“ Widerspruch bei der Stadt Tübingen einlegten. Das haben ihre Adressaten offensichtlich in großer Zahl getan.

Haus & Grund: „Über das Vorgehen des OB ziemlich befremdet“

Zu Unrecht, hatte Palmer am Mittwochnachmittag in einer Mitteilung der Stadt betont: „400 offenkundig unbegründete Widersprüche wegen einer offenkundig falschen Behauptung des Hausbesitzervereins zu bearbeiten, ist für alle anderen Bürger und die Mitarbeiter eine Zumutung“, sagte der Rathauschef und richtete sich direkt an den Verein: Er erwarte von Haus & Grund, dass man „den falschen Rat an seine Mitglieder zurücknimmt“.

Mittlerweile hat der Ex-Grüne einen entsprechenden Brief inklusive einer Unterlassungserklärung an den Verein verschickt. Bei Haus & Grund zeigt man sich überrascht von der Reaktion: „Ich bin über das Vorgehen des OB ziemlich befremdet“, sagte Dagmar König, die Tübinger Haus & Grund-Vorsitzende, am Donnerstagnachmittag auf Nachfrage. Ihr liege noch keine Unterlassungserklärung vor.

Regierungspräsidium Tübingen bestätigt Palmers eingereichte Beweise

Auch Palmers Ankündigung, für die eingegangenen Widersprüche die „höchst mögliche Gebühr“ zu erheben – sollten sie nicht „rasch“ zurückgezogen werden – stößt bei König auf Unverständnis: „Das ist nicht rechtmäßig, da gibt es klare Kriterien, wie die Gebühr bemessen wird“, sagt sie. Der Verein halte weiter an seiner Darstellung fest. „Wenn wir Anhaltspunkte dafür haben, dass die Grundsteuer-Bescheide rechtswidrig sein könnten, müssen wir unsere Mitglieder darüber informieren“, so König.

Sie verstehe die „hohe Emotionalität“ des Tübinger OB nicht: „Das ist kein Angriff gegenüber Herrn Palmer. Wenn 400 Widersprüche eingehen, muss man die doch überprüfen können“, sagt König. Palmer solle beweisen, dass alles rechtmäßig abgelaufen ist. Der Tübinger OB wiederum fordert Einsicht in das von Haus & Grund genannte Gutachten.

Er habe die nötigen Beweise, die auch der zuständigen Aufsichtsbehörde, dem Regierungspräsidium Tübingen, vorlägen. Am Donnerstagabend bestätigt dies auf Nachfrage eine Sprecherin des RP Tübingen und stellt klar: Das Regierungspräsidium habe „keine Anhaltspunkte für eine mangelhafte Bekanntmachung der Satzung“.

Rückwirkende Grundsteuer-Erhöhung

HaushaltTübingen hat in diesem Jahr nicht nur die Grundsteuer rückwirkend erhöht, sondern auch die Gewerbesteuer. Mit den daraus zusätzlichen Einnahmen von rund 7,6 Millionen Euro will die Stadt das Haushaltsloch stopfen.

 

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Erstellt:
10. Oktober 2025, 08:10 Uhr

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