Bürgerinitiative auf verlorenem Posten

Backnanger Gemeinderat beschließt einstimmig den Bau eines neuen Feuerwehrhauses zwischen Waldrems und Heiningen

„Die Behauptungen der Bürgerinitiative sind falsch.“ Mit deutlichen Worten hat Brandschutzexperte Christof Backes am Donnerstag im Backnanger Gemeinderat Kritik an seinem Gutachten zum Feuerwehrstandort Backnang-Süd zurückgewiesen. Am Ende hatte er die Stadträte überzeugt: Einstimmig votierten sie für den Neubau am Standort 11 zwischen Waldrems und Heiningen.

Das Ein- und Ausparken ist am alten Feuerwehrhaus in Waldrems Millimeterarbeit. Kommandant Oliver Gräter und seine Kameraden warten deshalb dringend auf einen Neubau. Foto: A. Becher

© Pressefotografie Alexander Beche

Das Ein- und Ausparken ist am alten Feuerwehrhaus in Waldrems Millimeterarbeit. Kommandant Oliver Gräter und seine Kameraden warten deshalb dringend auf einen Neubau. Foto: A. Becher

Von Kornelius Fritz

BACKNANG. Zweieinhalb Stunden lang wurde am Donnerstagabend noch einmal über die Standortfrage diskutiert. Die Zuschauerplätze im Sitzungssaal des Kreisverwaltungsgebäudes waren dabei fast voll besetzt, denn sowohl die freiwillige Feuerwehr als auch die Bürgerinitiative „Wir für vier“ waren in Mannschaftsstärke erschienen. „Aus Gründen der Fairness, der Offenheit und der Transparenz sind wir gerne bereit, auf alle aufgeworfenen Fragen einzugehen oder nochmals einzugehen“, erklärte OB Frank Nopper eingangs. Bereits im Dezember 2015 hatte der Gemeinderat – ebenfalls einstimmig – entschieden, den Feuerwehrstützpunkt für die drei südlichen Stadtteile zwischen Waldrems und Heiningen zu bauen. Die Bürgerinitiative lehnt diesen Standort ab und spricht sich für einen Neubau an der Isarstraße im Gewerbegebiet Mühläcker aus.

Rainer-Udo Steck und Christoph Dörr von „Wir für vier“ bekamen in der Sitzung die Gelegenheit, ihre Kritik vorzubringen. „Die Maubacher sind entsetzt, wie über ihre Köpfe hinweg Fakten geschaffen werden sollen“, behauptete Dörr, der auch Mitglied des Maubacher Ortschaftsrats ist. Er warf der Verwaltung „Willkür, Ignoranz und Intransparenz“ vor. Steck warnte die Stadträte davor, ihre Entscheidung auf Basis eines veralteten Gutachtens zu treffen. Man brauche ein neues, unabhängiges Gutachten, das auch den Ausbau der B14 und des Gewerbegebiets Mühläcker berücksichtige. Die Stellungnahme von Christof Backes aus dem Jahr 2016 bezeichnete Steck als „klassisches Parteiengutachten“.

Feuerwehrleute

sind sich einig

Der Brandschutzexperte aus dem Saarland wies die Kritik zurück. Den Ausbau der B14 habe er in seiner Stellungnahme von 2016 bereits berücksichtigt: „Schon damals war klar, dass der Ausbau kommt. Es war nur noch nicht klar, wann er kommt.“ An seiner Einschätzung, dass sich die Hilfsfristen vom Standort 11 besser einhalten lassen als vom Standort 4 ändere sich dadurch nichts. Nach Backes’ Berechnung verkürzt sich die sogenannte Abrückezeit der Feuerwehr durch den B-14-Ausbau am Standort 4 zwar um 32 Sekunden, vom Standort 11 könne das erste Fahrzeug aber trotzdem schon 69 Sekunden früher zum Einsatzort losfahren.

Backes wehrte sich auch gegen den Vorwurf, er habe lediglich Daten ausgewertet, die ihm die Stadt zur Verfügung gestellt habe. Er habe alle Wegstrecken selbst ermittelt und auch eigene Testfahrten vor Ort unternommen. Seine Stellungnahme erfülle damit alle Anforderungen an ein neutrales Gutachten.

Deutlich wurde in der Sitzung noch einmal, dass die Feuerwehrleute selbst nahezu geschlossen für den Standort 11 sind. Dass sich die Abteilungen Waldrems, Heiningen und Maubach in dieser Frage einig sind, sei keineswegs selbstverständlich, betonte der hauptamtliche Feuerwehrkommandant Marcus Reichenecker: „Es wäre ein völlig falsches Signal, über die Köpfe der Ehrenamtlichen hinweg anders zu entscheiden.“ Ein Argument, das auch mehrere Stadträte in ihren Stellungnahmen aufgriffen.

„Wir haben keine persönlichen Präferenzen, sondern wollen den bestmöglichen Standort“, erklärte die CDU-Fraktionsvorsitzende Ute Ulfert. Das sei für ihre Fraktion der Standort 11. Auch Heinz Franke (SPD) und Willy Härtner (CDU) zeigten sich von diesem überzeugt. „Es gibt keine neuen Erkenntnisse, die ein weiteres Gutachten notwendig machen würden“, sagte Franke. Die Fraktion des Bürgerforums Backnang (BfB) hatte im Vorfeld angekündigt, ein neues Gutachten zu beantragen. Karl Scheib zog diesen Antrag aber zurück und votierte wie der zweite anwesende BfB-Stadtrat Alfred Bauer für die Änderung des Flächennutzungsplans am Standort 11. So fiel das Votum am Ende sogar einstimmig aus. Nur Einzelstadträtin Dorothee Winter enthielt sich der Stimme. Sie hatte zuvor für ein neues Gutachten plädiert.

Wie die Bürgerinitiative „Wir für vier“ auf diese Entscheidung reagieren wird, steht noch nicht fest. Rainer-Udo Steck erklärte gestern auf Anfrage, er müsse das weitere Vorgehen zunächst mit den Mitgliedern abstimmen. Anfang des Jahres hatte Steck auch eine Klage beim Verwaltungsgericht nicht ausgeschlossen.

Schlusspunkt Von Kornelius Fritz Standort 4 oder Standort 11? Das wurde in den vergangenen Jahren zu einer Glaubensfrage hochstilisiert, und man konnte den Eindruck gewinnen, der Backnanger Gemeinderat habe über Leben und Tod der Bewohner in den südlichen Stadtteilen zu entscheiden. Das ist Unsinn. Objektiv betrachtet sind beide Standorte für den Bau des neuen Feuerwehrhauses geeignet. Und trotz der sekundengenauen Berechnungen des Sachverständigen gibt es auch keine eindeutige Antwort auf die Frage, von welchem Standort die Feuerwehr bei einem Brand schneller vor Ort ist. Das hängt von der Tageszeit, vom jeweiligen Aufenthaltsort der Feuerwehrleute und natürlich vom Einsatzort ab. Der Gemeinderat hat sich nun – noch einmal – für den Standort 11 entschieden. Aus nachvollziehbaren Gründen. Neben der Empfehlung des Experten sprach auch das eindeutige Votum der Feuerwehrleute für diesen Standort. Wieso sollten die Stadträte den Wunsch der vielen Ehrenamtlichen ignorieren? Die Entscheidung vom Donnerstag ist nun hoffentlich der Schlusspunkt unter die jahrelange Debatte. Die Bürgerinitiative darf diese Entscheidung natürlich weiterhin kritisieren und auch die Rechtsmittel ausschöpfen, die ihr zur Verfügung stehen. Mit falschen Behauptungen Ängste in der Bevölkerung zu schüren, ist aber unverantwortlich. k.fritz@bkz.de Kommentar
Die Standortfrage ist entschieden: Das neue Feuerwehrhaus wird am Standort 11 zwischen Waldrems und Heiningen gebaut und nicht am Standort 4 im Gewerbegebiet. Karte: BKZ

Die Standortfrage ist entschieden: Das neue Feuerwehrhaus wird am Standort 11 zwischen Waldrems und Heiningen gebaut und nicht am Standort 4 im Gewerbegebiet. Karte: BKZ

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Erstellt:
13. Oktober 2018, 06:00 Uhr

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