Bund-Länder-AG zur Windkraft liegt auf Eis

dpa Berlin. Vor einem Monat sollte er beigelegt werden, der Dauerzoff um den Ökostrom-Ausbau und Abstandsregeln für Windräder. Es kam anders: Erst zerstritten sich Fachpolitiker von Union und SPD, dann kam das Coronavirus. Die Branche verliert die Geduld.

Windräder stehen auf einem Feld bei Salzgitter. Foto: Julian Stratenschulte/dpa

Windräder stehen auf einem Feld bei Salzgitter. Foto: Julian Stratenschulte/dpa

Einen Monat nach Ankündigung einer Bund-Länder-AG zum Ökostromausbau und dem Streit um Mindestabstände für Windräder dringt die Branche auf Entscheidungen - doch die Arbeitsgruppe ist noch gar nicht eingesetzt.

Man werde das weitere energiepolitische Vorgehen „schnellstmöglich mit den Ländern und den Regierungsfraktionen klären“, teilte die Bundesregierung auf Anfrage der Deutschen Presse-Agentur mit. Priorität hätten aktuell aber die Maßnahmen zur Eindämmung der Corona-Pandemie. Der Bundesverband Windenergie (BWE) zeigt dafür wenig Verständnis: „Auch im Homeoffice kann man entscheiden“, sagte dessen Präsident Hermann Albers der dpa.

Am 12. März sollten die Regierungschefs der 16 Bundesländer eigentlich einen Kompromiss zum Ausbau der erneuerbaren Energie finden, um das Ziel eines Ökostrom-Anteils von 65 Prozent bis 2030 in ein Gesetz zu gießen. Doch am Vorabend zerstritten sich Fachpolitiker der Bundestagsfraktionen von Union und SPD über den geplanten Mindestabstand von 1000 Metern zwischen Windrädern und Wohnsiedlungen - und dann nahm das Coronavirus die Ministerpräsidenten voll in Anspruch. Bayerns Regierungschef Markus Söder (CSU) kündigte an, dass eine AG aus Bundesregierung, Ländern und Koalitionsfraktionen den Streit beilegen solle.

„Notwendige Entscheidungen dürfen nicht länger aufgeschoben, in Arbeitsgruppen delegiert und in Aufgabenlisten abgelegt werden“, kritisierte BWE-Chef Albers. „Wir müssen auf das Ende der Krise vorbereitet sein, um sofort durchstarten zu können.“ Dafür müsse die Politik sich jetzt bewegen.

Deutschland verzeichnet beim Anteil erneuerbarer Energien zwar immer neue Rekorde, der Ausbau der Windkraft an Land war aber 2019 eingebrochen. Der Zubau neuer Windräder nahm seit Jahresbeginn wieder Fahrt auf - das notwendige Tempo beim Ausbau auf dem Niveau früherer Jahre aber ist aus Branchensicht längst nicht erreicht. Als Hauptgründe gelten lange Planungs- und Genehmigungsverfahren sowie Widerstand von Anwohnern gegen neue und größere Windräder.

Auch SPD-Fraktionsvize Matthias Miersch drängt zur Eile. „Die auf der Ministerpräsidentenkonferenz vereinbarte AG muss endlich eingesetzt werden“, sagte er der dpa. „Ich gehe davon aus, dass das Bundeskanzleramt jetzt die notwendigen Schritte unternimmt.“ Es brauche einen zwischen Bund und Ländern abgestimmten Fahrplan für den Erneuerbaren-Ausbau. „Unsere Wirtschaft ist dringend auf Investitionen in diesem Bereich angewiesen.“

Miersch mahnte auch an, den Förderdeckel für neue Solaranlagen jetzt aufzuheben - ab einer installierten Leistung von 52 Gigawatt soll es keine Förderung mehr geben, weswegen nach Angaben der Branche schon jetzt Investitionen aufgeschoben werden - der Deckel könnte noch im Frühjahr greifen. Die Länder hatten über den Bundesrat bereits gefordert, die Fördergrenze aufzuheben.

Auch von den Grünen im Bundestag kam Kritik. „Ich habe kein Verständnis, dass die Bundesregierung trotz verbindlicher Zusage nicht einmal zu der Arbeitsgruppe eingeladen hat“, sagte Fraktionsvize Oliver Krischer der dpa. „Die notwendigen Maßnahmen liegen alle auf Tisch.“ Austausch und Abstimmung könnten per Videokonferenz erfolgen. „Corona kann hier nun wirklich keine Ausrede sein, dass die Bundesregierung nicht ihre Arbeit macht.“ Den Ausbau der Windenergie wieder flott zu machen, wäre ein kostenloses Konjunkturprogramm und könnte Zehntausende Arbeitsplätze erhalten.

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Erstellt:
11. April 2020, 10:52 Uhr

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