Bundesbank erwartet kräftigen Aufschwung

dpa Frankfurt/Main. Die Bundesbank reiht sich ein in den Chor der Optimisten: Die deutsche Wirtschaft dürfte das Corona-Tal im laufenden Jahr weit hinter sich lassen. Doch für Verbraucher gibt es auch Schattenseiten.

Jens Weidmann, Präsident der Deutschen Bundesbank, spricht während der Bilanz-Pressekonferenz der Deutschen Bundesbank. Foto: Arne Dedert/dpa

Jens Weidmann, Präsident der Deutschen Bundesbank, spricht während der Bilanz-Pressekonferenz der Deutschen Bundesbank. Foto: Arne Dedert/dpa

Die Bundesbank sieht Deutschland am Beginn eines starken Aufschwungs. „Die deutsche Wirtschaft überwindet die pandemiebedingte Krise“, prognostizierte Bundesbank-Präsident Jens Weidmann am Freitag. „Schon in diesem Sommer könnte die Wirtschaftsleistung wieder das Vorkrisenniveau erreichen.“

3,7 Prozent Wirtschaftswachstum sagt die Notenbank nun für das laufende Jahr voraus. Im Dezember waren die Bundesbank-Ökonomen mit 3,0 Prozent noch nicht ganz so optimistisch. Inzwischen gehe die Bundesbank davon aus, dass durch das Fortschreiten der Impfungen die Corona-Pandemie „rasch und nachhaltig zurückgedrängt“ werden könne und deswegen Einschränkungen für Wirtschaft und Bevölkerung „zügig gelockert“ würden, erläuterte Weidmann.

Vor allem der private Konsum dürfte dann nach einhelliger Ansicht vieler Volkswirte anziehen. Zudem mehrten sich angesichts der Erholung des Welthandels zuletzt in der exportorientierten deutschen Industrie die positiven Einschätzungen. Wichtige Branchen wie Maschinenbau, Chemie und Pharma sowie Elektro schraubten jüngst ihre Prognosen für das laufende Jahr nach oben - und das obwohl Lieferengpässe etlichen Herstellern gerade das Geschäft erschweren.

Nach jüngsten Zahlen der staatlichen Förderbank KfW aus dem Mai klagen inzwischen 17 Prozent der Mittelständler über Störungen der Lieferketten. Im Herbst waren es noch 9 Prozent. Abgesehen davon erhole sich der Mittelstand zunehmend von der Corona-Krise, stellte die KfW am Freitag fest. Etwa 2,4 Millionen Mittelständler in Deutschland (64 Prozent) hatten einer repräsentative KfW-Befragung zufolge Mitte Mai noch mit den Folgen der Pandemie zu kämpfen. Die Auswirkungen der Einschränkungen im Kampf gegen das Coronavirus trafen damit etwa 150 000 Unternehmen weniger als bei der vorhergehenden Befragung im Januar. Seinerzeit lag der Anteil der von der Krise betroffenen kleinen und mittleren Unternehmen in Deutschland noch bei 68 Prozent.

Der Aufschwung im laufenden Jahr wird nach Einschätzung vieler Ökonomen kein Strohfeuer bleiben. Für 2022 ist auch die Bundesbank noch deutlich zuversichtlicher als vor sechs Monaten: Statt 4,5 Prozent Wachstum trauen die Ökonomen der Notenbank Europas größer Volkswirtschaft im nächsten Jahr nun ein Plus von 5,2 Prozent zu. Im Jahr 2023 schwächt sich der Zuwachs des realen Bruttoinlandsprodukts (BIP) demnach ab, beträgt aber immer noch 1,7 Prozent.

Im vergangenen Jahr hatte die Corona-Pandemie die deutsche Wirtschaft in die tiefste Rezession seit der globalen Finanzkrise 2009 gerissen. Das Bruttoinlandsprodukt brach 2020 nach neuester Berechnung des Statistischen Bundesamtes real um 4,8 Prozent ein. Auch der Start ins neue Jahr war holprig, weil neue Einschränkungen im Zuge der Bekämpfung des Coronavirus unter anderem Gastgewerbe und Teile des Handels ausbremsten. Im ersten Quartal 2021 schrumpfte das BIP zum Vorquartal um 1,8 Prozent.

Etliche Volkswirte gehen davon aus, dass sich die deutsche Wirtschaft im laufenden Jahr zunehmend erholen wird - auch dank weiterhin fließender staatlicher Hilfsmilliarden. Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier (CDU) erwartet nach jüngsten Angaben in diesem Jahr ein Wirtschaftswachstum von bis zu vier Prozent hierzulande. Deutschland habe die Rezession besser überstanden als von vielen erwartet, bilanzierte Altmaier.

Die Verbraucher hierzulande müssen sich allerdings auch auf eine deutlich anziehende Teuerung einstellen. Vorübergehend seien Inflationsraten um vier Prozent möglich, bekräftigte Bundesbank-Präsident Weidmann frühere Aussagen der Notenbank. Zwei Sonderfaktoren treiben die Teuerung: Die in der Corona-Krise für ein halbes Jahr gesenkte Mehrwertsteuer ist seit Januar wieder auf ihrem alten Niveau. Zudem ist seit Anfang 2021 eine Abgabe von 25 Euro je Tonne ausgestoßenem Kohlendioxid (CO2) fällig, das beim Verbrennen von Diesel, Benzin, Heizöl und Erdgas entsteht. Diese Sondereffekte werden nach Einschätzung der Bundesbank-Fachleute im kommenden Jahr auslaufen, sie rechnen dann mit Inflationsraten von 1,8 Prozent.

© dpa-infocom, dpa:210611-99-948341/4

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Erstellt:
11. Juni 2021, 08:47 Uhr

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