Flüchtlinge mit subsidiärem Schutz
Bundestag beschließt Aussetzung des Familiennachzugs
Nach hitziger Debatte stimmte der Bundestag am Freitag dem Vorhaben der schwarz-roten Koalition zu: Der Familiennachzug für eine bestimmte Flüchtlingsgruppe wird ausgesetzt.

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Bundesinnenminister Alexander Dobrindt (CSU) sagte im Bundestag, der Zuzug müsse begrenzt werden (Archivbild).
Von red/epd
Der Familiennachzug für eine bestimmte Flüchtlingsgruppe wird ausgesetzt. Nach hitziger Debatte stimmte der Bundestag am Freitag diesem Vorhaben der schwarz-roten Koalition zu. Für zwei Jahre soll das Kontingent für Angehörige von in Deutschland lebenden Flüchtlingen mit subsidiärem Schutz nicht mehr erfüllt werden. Betroffen sind vor allem Menschen aus Syrien, die ab 2015 in der Regel den eingeschränkten Schutzstatus bekommen haben. Pro Jahr konnten über das Kontingent 12.000 nahe Angehörige dieser Flüchtlinge einreisen.
Über die Aussetzung des Familiennachzugs stimmte das Parlament namentlich ab. 444 Abgeordnete stimmten für die Maßnahme, 135 dagegen, wie Bundestagsvizepräsident Bodo Ramelow (Linke) bekanntgab. Enthaltungen gab es keine. Viele Abgeordnete blieben der Abstimmung aber fern: Von 630 Abgeordneten gaben nur 579 ihr Votum ab. Grüne und Linke hatten angekündigt, mit Nein zu stimmen. Die AfD wollte zustimmen. Bei namentlichen Abstimmungen ist das Abstimmungsverhalten der einzelnen Abgeordneten erst zeitverzögert einzusehen.
Dobrindt: Zuzug begrenzen, um Systeme zu entlasten
Bundesinnenminister Alexander Dobrindt (CSU) sagte im Bundestag, die Belastbarkeit des Sozial-, Bildungs- und Betreuungssystems sowie des Wohnungsmarkts kenne eine Grenze, deswegen müsse auch der Zuzug begrenzt werden. Nun könnten 12.000 Menschen pro Jahr weniger kommen. Das Vorhaben setze die „migrationspolitische Überschrift für diese Legislaturperiode“, sagte Dobrindt. Die irreguläre Migration müsse reduziert werden.
Die Linken-Abgeordnete Clara Bünger warf Dobrindt demgegenüber vor, einen der letzten legalen Wege für Schutzsuchende zu kappen. „Statt Menschen zu helfen, verschärfen Sie ihr Leid“, sagte Bünger. Der Grünen-Innenpolitiker Marcel Emmerich bezeichnete die Aussetzung des Familiennachzugs als „unbarmherzig“. Sie sei zudem „ein integrationspolitischer Irrweg“, sagte er.
Die SPD stimmte dem Gesetz zähneknirschend zu. „Ich weiß, dass es vielen von uns sehr schwer fällt“, sagte die Integrationsbeauftragte der Bundesregierung, Natalie Pawlik (SPD). Die Aussetzung des Familiennachzugs sei ein Kompromiss.
Kirchen und Verbände kritisieren Aussetzung des Familiennachzugs
Scharfe Kritik an der Aussetzung kam auch von Kirchen, Sozialverbänden und Menschenrechtsorganisationen, die unter anderem das Recht auf den Schutz von Ehe und Familie verletzt sehen. „Es ist ein Gebot der Nächstenliebe, dass alle Menschen, gerade auch Geflüchtete und subsidiär Schutzberechtigte, nicht über Jahre hinweg von ihren engsten Angehörigen getrennt bleiben“, sagte der Flüchtlingsbeauftragte der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD), Christian Stäblein, dem „Tagesspiegel“ (Freitag).
Der AfD ging die Aussetzung des Familiennachzugs zu subsidiär Schutzberechtigten nicht weit genug. Es sei ein „viel zu kleiner Schritt“, sagte der Abgeordnete Christian Wirth. Dennoch wolle seine Fraktion zustimmen. Der innenpolitische Sprecher der Union, Alexander Throm (CDU), stellte in der Debatte auch infage, ob die Aussetzung automatisch nach zwei Jahren endet. Man werde dann bewerten, wie hoch die Belastung der Kommunen sei, sagte er auf eine von ihm zugelassene Zwischenfrage der AfD-Abgeordneten Beatrix von Storch.
Der subsidiäre Schutzstatus wird vergeben, wenn keine individuelle Verfolgung vorliegt, eine Rückkehr ins Heimatland wegen eines Kriegs, drohender Folter oder unmenschlicher Behandlung aber dennoch nicht möglich ist. Das Recht auf Familiennachzug, das Flüchtlingen mit anderem Schutzstatus haben, wurde für diese Gruppe 2016 gestrichen. Nach zweijährigem Stopp wurde 2018 das auf 1.000 Plätze pro Monat begrenzte Kontingent geschaffen, über das Ehegatten, Kinder oder Eltern minderjähriger Kinder subsidiär Schutzberechtigter nach Deutschland kommen konnten. Nach Auskunft des Auswärtigen Amts ermöglichte es vor allem Kindern und Frauen die Einreise nach Deutschland.