Bundestag beschließt härtere Regeln für Abschiebungen

dpa Berlin. Bundestagsabgeordnete werden oft gefragt, warum manche Asylbewerber im Land bleiben, obwohl sie eigentlich ausreisen müssten. Ein hoch umstrittenes neues Gesetz soll hier Abhilfe schaffen. Für Fachkräfte wird der Weg nach Deutschland hingegen etwas geebnet.

Bundestagsabgeordnete stimmen zum Asyl- und Aufenthaltsrecht ab. Foto: Christoph Soeder

Bundestagsabgeordnete stimmen zum Asyl- und Aufenthaltsrecht ab. Foto: Christoph Soeder

Nach hitzigen Debatten hat der Bundestag eine Reihe von Neuregelungen zu Asyl, Arbeitsmigration und Abschiebungen beschlossen. Besonders emotional war die Diskussion vor der Abstimmung über ein Gesetz zur besseren Durchsetzung der Ausreisepflicht.

Damit soll es abgelehnten Asylbewerbern erschwert werden, sich einer angeordneten Abschiebung zu entziehen. Für das Vorhaben der Bundesregierung stimmten 372 Abgeordnete. 159 Abgeordnete lehnten den Entwurf ab. 111 Parlamentarier enthielten sich. Bundesinnenminister Horst Seehofer (CSU) betonte: „Einer Pflicht zur Ausreise muss auch eine tatsächliche Ausreise folgen.“

Linke und Grüne warfen der SPD vor, sie habe sich aus Machtkalkül und gegen die eigene Überzeugung für diesen Gesetzentwurf entschieden, der die Hürden für Abschiebegewahrsam senkt und eine Unterbringung von Abschiebehäftlingen in normalen Gefängnissen erlaubt. Filiz Polat (Grüne) sprach von einem „schwarzen Tag für die Demokratie“.

Der SPD-Innenpolitiker Helge Lindh wies das zurück. Er verwies auf die Abschiebungen aus Bundesländern, in denen die Grünen mitregieren. Lindh erntete donnernden Applaus, als er sagte: „Manchmal gibt es einen ganz schmalen Grat zwischen Gerechtigkeit und Selbstgerechtigkeit.“ Das Gleiche gelte für den Grat „zwischen Heiligkeit und Scheinheiligkeit“.

Ulla Jelpke (Linke) nannte das Gesetz eine „Anbiederung an Rassisten“. Sie kritisierte vor allem die Einführung einer Art „Duldung zweiter Klasse“ für Menschen mit ungeklärter Identität. Ihr Fraktionskollege Michel Brandt kassierte einen Ordnungsruf von Bundestagspräsident Wolfgang Schäuble (CDU), weil er, als der AfD-Abgeordnete Gottfried Curio am Rednerpult stand, „Nazis aus dem Bundestag“ gerufen hatte. Die AfD zog in Zweifel, dass die Zahl der Abschiebungen durch das Gesetz wirklich steigen wird.

Union und SPD geht es im Kern darum, die Befugnisse von Polizei und Ausländerbehörden so auszuweiten, dass weniger Abschiebungen scheitern. Unter anderem soll es Sanktionen für abgelehnte Asylbewerber geben, die eine falsche Identität angeben oder die Beschaffung von Reisedokumenten hintertreiben.

Mit deutlicher Mehrheit wurde ein Fachkräfteeinwanderungsgesetz beschlossen, das qualifizierten Arbeitnehmern aus Nicht-EU-Staaten den Weg nach Deutschland ebnen soll. Die Beschränkung auf Engpassberufe soll ebenso entfallen wie die Vorrangprüfung, bei der untersucht wird, ob auch Deutsche oder andere EU-Bürger für eine Stelle infrage kommen. Wer Deutsch kann und ausreichend qualifiziert ist, soll auch zur Jobsuche für bis zu sechs Monate kommen dürfen. Nach Schätzung der Bundesregierung werden durch die neuen Regeln pro Jahr etwa 25.000 Fachkräfte zusätzlich nach Deutschland kommen.

Der migrationspolitische Sprecher der SPD-Fraktion, Lars Castellucci, betonte: „Deutschland braucht Zuwanderung.“ Die AfD warnte vor Einwanderung in die Sozialsysteme. „Wir wollen kein Lohndumping durch Arbeitsmigration“, sagte der Abgeordnete René Springer. Der FDP gehen die Neuerungen nicht weit genug.

Mit den Stimmen der Union, der SPD und der AfD wurde außerdem die Verlängerung einer Regelung beschlossen, die Geflüchtete verpflichtet, an einem bestimmten Ort zu wohnen. Die FDP enthielt sich dazu. Linke und Grüne stimmten dagegen. Ein Ziel des ursprünglich bis zum 6. August 2019 befristeten Integrationsgesetzes ist es auch, zu verhindern, dass Viertel entstehen, in denen fast ausschließlich Migranten leben.

Auch eine Anhebung der Geldleistungen für Asylbewerber beschlossen die Abgeordneten. Alleinstehende Erwachsene sollen künftig 150 Euro im Monat erhalten, statt bisher 135 Euro. Den Steuerzahler wird die Reform nicht mehr Geld kosten, da für Asylbewerber in Gemeinschaftsunterkünften künftig niedrigere Regelsätze gelten sollen. Asylbewerber bei denen noch nicht klar ist, ob sie langfristig bleiben dürfen, sollen zudem schneller arbeiten dürfen. Die Sprachförderung soll für einige Gruppen von Ausländern geöffnet werden, die davon bisher ausgeschlossen waren.

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Erstellt:
7. Juni 2019, 20:27 Uhr

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