Bundeswehr hadert mit Einsatzbereitschaft

dpa Berlin. Die „materielle Einsatzbereitschaft“ der Bundeswehr kommt nur im Kriechgang voran, obwohl zuletzt sogar Ausbildungspausen in der Corona-Krise geholfen haben. Es gibt einige Baustellen. Was fliegt, fährt und schwimmt?

Mechaniker arbeiten auf dem Fliegerhorst in Kiel-Holtenau an defekten Marine-Hubschraubern vom Typ Sea King. Foto: picture alliance / dpa

Mechaniker arbeiten auf dem Fliegerhorst in Kiel-Holtenau an defekten Marine-Hubschraubern vom Typ Sea King. Foto: picture alliance / dpa

Die Einsatzbereitschaft von Großgerät und Waffensystemen der Bundeswehr ist in den vergangenen sechs Monaten nur leicht gestiegen.

Für alle 68 Hauptwaffensysteme zusammen liege sie nun „bei knapp über 70 Prozent“, heißt es in dem Bericht des Verteidigungsministeriums dazu. Dies sei aber „aufgrund der großen Streuung zwischen den einzelnen Waffensystemen nicht zufriedenstellend“, schrieb Deutschlands ranghöchster Soldat, Generalinspekteur Eberhard Zorn, dazu. Anders gesagt, einige Systeme sind besonders gut, andere - trotz des politischen Drucks der letzten Jahre - weiterhin überaus schlecht.

So liegt die „materielle Einsatzbereitschaft“ bei fabrikneuen ungeschützten Lastwagen bei über 90 Prozent. Als Beispiel für eine positive Entwicklung wird auch der Kampfpanzer Leopard 2 genannt, dessen Einsatzbereitschaft „endlich wieder bei über 70 Prozent“ liege.

Für das Kampfflugzeug Eurofighter könne eine weitere Erhöhung des „Klarstands“ auf im Schnitt fast 60 Prozent gemeldet werden. Beim Transportflugzeug A400M - lange eine der Dauerbaustellen - habe sich die Zahl der Flugstunden seit 2017 vervierfacht.

Dramatisch wirken die Zahlen dagegen weiterhin bei den Hubschraubern. Bei diesen liege die Einsatzbereitschaft bei unter 40 Prozent. Als „stark verbesserungswürdig“ wird die Lage beim Schützenpanzer Puma eingestuft, aber auch bei Tankschiffen der Marine sowie mobilen Sanitätseinrichtungen des Militärs.

„Für den SPz PUMA verlange ich zum Ende des Jahres einen wahrnehmbaren Anstieg der materiellen Einsatzbereitschaft, da wir im letzten Jahr ein 60 Maßnahmen umfassendes Sonderprogramm mit der Industrie, dem Nutzer Heer, dem Bundesamt für Ausrüstung, Informationstechnik und Nutzung der Bundeswehr (BAAINBw) und der Heeresinstandsetzungslogistik GmbH (HIL) vereinbart haben“, schreibt der Generalinspekteur. Zudem: „Die mobilen Sanitätseinrichtungen sind deutlich in die Jahre gekommen und müssen ebenfalls dringend modernisiert werden.“

Dass sich die Lage insgesamt leicht verbessert hat, ist auch Resultat einer weniger intensiven Nutzung in Folge der Corona-Pandemie. Das macht die Bundeswehr selbst deutlich und stellt zunächst fest, der Start ins Jahr 2020 habe das Niveau der Vorjahre mit einer Steigerung der Bestände um bis zu 10 Prozent übertroffen.

„Die Monate März/April 2020 setzen diesen Trend weiter fort, leider bisher auch durch die ersten Auswirkungen der Covid-19-Pandemie beeinflusst, da weniger Ausbildungen und Übungen in den Einheiten und Verbänden zu einem geringeren Nutzungs- und Nachfrageverhalten der jeweiligen Hauptwaffensysteme führten.“

Öffentlich ist nur der erste Teil des Berichts. Ein zweiter Teil enthält mehr Details und ist als geheim eingestuft, weil er konkrete Rückschlüsse auf aktuelle Fähigkeiten der Bundeswehr zulasse, „so dass eine Kenntnisnahme durch Unbefugte die Sicherheitsinteressen der Bundesrepublik Deutschland schädigen würde“.

Das gelte umso mehr vor dem Hintergrund einer verschärften sicherheitspolitischen Lage sowie dem deutschen Beitrag zur Bündnisverteidigung. Die Opposition hatte das in der Vergangenheit mehrfach kritisiert.

Zum Artikel

Erstellt:
9. Juni 2020, 15:06 Uhr

Artikel empfehlen

Artikel Aktionen