Russland-Kontakte und Reichsbürger?
Bundeswehr-Zulieferer Liebherr beurlaubt Mitarbeiter
Nach dem Bericht unserer Zeitung über Russland-Kontakte und Reichsbürger-Nähe eines Mitarbeiters des Bundeswehr-Zulieferers Liebherr leitet das Unternehmen eine Untersuchung ein.

© IMAGO/Arnulf Hettrich, Russische Botschaft
Liebherr-Aerospace entwickelt und produziert Systeme auch für militärische Flugzeuge. Einer der Mitarbeiter traf sich Ende Juli mit dem russischen Botschafter (rechts).
Von Florian Dürr und Andreas Reiner
Der Bundeswehr-Zulieferer Liebherr-Aerospace mit Standort im Allgäu reagiert auf den Bericht unserer Zeitung über Russland-Kontakte und Reichsbürger-Nähe einer ihrer Mitarbeiter. „Wir nehmen die Situation ernst und haben entsprechende interne Untersuchungen eingeleitet“, teilt ein Sprecher vom Sitz der Liebherr-Unternehmensgruppe in der Schweiz mit. Der langjährige Mitarbeiter der Tochtergesellschaft Aerospace sei für die Dauer der Untersuchung beurlaubt worden.
Mehrere Aktivitäten des Liebherr-Mitarbeiters, die Fragen aufwerfen
Das Unternehmen, das auch Systeme für die militärische Luftfahrtindustrie entwickelt und fertigt, habe im Rahmen der Anfrage unserer Zeitung erstmals davon erfahren, dass „ein Mitarbeitender der Liebherr-Aerospace Lindenberg GmbH Kontakte in russlandnahe Kreise pflegen und sich in der Reichsbürger-Szene engagieren soll“, heißt es in dem Statement. Von den Aktivitäten des Mitarbeiters sei dem Unternehmen nichts bekannt gewesen.
Der langjährige Beschäftigte war nach Recherchen unserer Zeitung Ende Juli zu Gast in der russischen Botschaft in Berlin. Es ist nicht die einzige Aktivität des Mitarbeiters, die Fragen aufwirft: Auf einem Foto, das von einem russischen Ministerium geteilt wurde, ist der Mann hinter zwei russischen Flaggen mit dem „Z“-Symbol zu sehen. Jenes Zeichen, das die Unterstützung für den russischen Angriffskrieg in der Ukraine symbolisiert.
Es gibt Arbeitsbereiche in Rüstungsfirmen, die Sicherheitsprüfung erfordern
Wie beim Besuch in der russischen Botschaft ist er auch auf jenem Bild mit den Mitgliedern der sogenannten „Druschba“-Bewegung zu sehen, selbst ernannte Friedensaktivisten, denen immer wieder pro-russische Propaganda vorgeworfen wird – und die mit Russland-Fahrten im Verfassungsschutzbericht 2024 im Bereich Rechtsextremismus Erwähnung finden. Für den Liebherr-Mitarbeiter war dies eine „Reise zur Völkerverständigung“, wie er behauptete. In der russischen Botschaft in Berlin sei es „um Kulturaustausch“ gegangen.
Der bayerische Verfassungsschutz schreibt, dass es bei Rüstungsunternehmen Arbeitsbereiche gibt, die spezifisch der sogenannten „Geheimschutzbetreuung“ unterliegen: Bei Mitarbeitern solcher Arbeitsbereiche müsse regelmäßig eine gesetzliche Sicherheitsprüfung erfolgen. Zwingend für diese Prüfung sei der regelmäßige Zugang oder der Umgang mit staatlichen Verschlusssachen, informiert das Bundesamt für Verfassungsschutz.
Für alle Mitarbeiter gibt es eine Schulung zum Umgang mit vertraulichen Daten
Der Bundeswehr-Zulieferer stellt jedoch klar: „Die Liebherr-Aerospace Lindenberg GmbH ist nicht an geheim eingestuften Projekten beteiligt und unterliegt damit gemäß Sicherheitsüberprüfungsgesetz (SÜG) keinen gesetzlich vorgeschriebenen Sicherheitsüberprüfungen der Mitarbeitenden.“
Es finde jedoch bei allen potenziellen Mitarbeitern eine „Überprüfung nach dem Sanktionsmonitor“ statt, die Arbeitsverträge enthielten eine Verschwiegenheitserklärung – und alle Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter durchlaufen eine Schulung zum Umgang mit vertraulichen Daten, so der Sprecher: Der Mitarbeiter habe in seinen Funktionen im Unternehmen „keinen Zugriff auf strategische oder sicherheitsrelevante Daten“ gehabt.