Busverkehr schwächelt auf einer Linie

Backnanger Verwaltungsspitze als ÖPNV-Tester unterwegs – Häufige Verspätungen auf der Linie 361 Heiningen–Backnang–Steinbach

Den Finger nah am Puls der Zeit – das hatten gestern Frank Nopper, Siegfried Janocha und Stefan Setzer. Das Backnanger Verwaltungsdreigestirn testete drei Stunden lang den Busverkehr im Stadtgebiet und die Verbindungen nach Aspach, Steinbach und in die südlichen Stadtteile. Das Ergebnis war unterm Strich erfreulich. Aber es kristallisierte sich ein Sorgenkind heraus: die Linie 361 Heiningen–Backnang–Steinbach.

Das Testfahrerdreigestirn Frank Nopper, Stefan Setzer und Siegfried Janocha (von links) beratschlagt, welche Verbesserungsmöglichkeiten es bei den Buslinien gibt. Fotos: A. Becher

© Pressefotografie Alexander Beche

Das Testfahrerdreigestirn Frank Nopper, Stefan Setzer und Siegfried Janocha (von links) beratschlagt, welche Verbesserungsmöglichkeiten es bei den Buslinien gibt. Fotos: A. Becher

Von Matthias Nothstein

BACKNANG. Für Oberbürgermeister Frank Nopper geht die Bustestfahrt gleich einmal richtig ärgerlich los: Der Bus der Linie 361 erreicht gestern mit 20 Minuten Verspätung die Haltestelle Rathaus Maubach. Dort wartet das Stadtoberhaupt an diesem verregneten und windigen Tag auf den Zustieg. Der kontaktfreudige Rathauschef nimmt die Gelegenheit wahr, mit den Fahrgästen in spe ins Gespräch zu kommen. So nach dem Motto: Wie läuft’s denn so seit der Umstellung auf den neuen Busbetreiber Friedrich Müller Omnibusunternehmen (FMO)? Ein Dutzend Max-Eyth-Schüler geht mit der Verspätung völlig tiefenentspannt um. Die Lehrer werden später als Ausrede zu hören bekommen: „Der Bus hatte Verspätung. Mal wieder.“

Während Schüler dies locker abtun können, verhält es sich mit Arbeitnehmern etwas anders. Eine Frau erklärt, sie steht jeden Morgen um 5 Uhr auf und nimmt einen Bus früher als eigentlich nötig, um letztendlich pünktlich in Backnang an der Arbeitsstelle anzukommen. „Ich wäre wahrscheinlich schneller, wenn ich von Maubach aus laufen würde“, erklärt sie, „aber das trau ich mich nicht zur dunklen Jahreszeit.“ Eine weitere Frau stimmt ins Klagelied ein, auch sie nimmt täglich eine frühere Verbindung. „Der Bus hat immer wenn es regnet oder schneit Verspätung“, versucht sie zu begründen. Doch die erste Frau legt noch eins drauf: „Der hat immer Verspätung, wenn es Wetter hat.“ Also wirklich immer. Nopper kann mitfühlen: „Ich habe mich heute Morgen kräftig gesputet, um die Verbindung um 7.35 Uhr zu erwischen, aber bei der Verspätung hätte ich auch von zu Hause zur Haltestelle robben können.“

Stau in Waldrems ist der Grund für die tagtägliche Verspätung

Der Busfahrer begründet die Verspätung mit dem Stau in Waldrems. Aber Nopper wiegt den Kopf: „Das überzeugt mich nicht so recht.“ Wiederum ein anderer Passagier erklärt: „Früher beim OVR gab es auf dieser Linie zweimal in der Woche ein bisschen Verspätung. Jetzt mit FMO kommt der Bus jeden Tag zu spät und das kräftig.“ Der Testfahrer nimmt die Aussage umso ernster, da sie von einem Pendler stammt, der auf dem Abschnitt regelmäßig unterwegs ist. Nopper zur Unpünktlichkeit: „Das ist erklärungsbedürftig.“

Auch im Bus sucht der Oberbürgermeister das Gespräch mit den Fahrgästen. Er will herauskitzeln, wie zufrieden oder unzufrieden die Passagiere sind. So erfährt er von einem Mitfahrer, der täglich den ÖPNV nutzt, dass 20 Prozent der Fahrten nicht pünktlich am Bahnhof ankommen. Andererseits ist der Betroffene zufrieden, denn selbst wenn er die S-Bahn verpasst, ist dies inzwischen kein großes Problem mehr, da neuerdings bis 10 Uhr jede Viertelstunde eine S-Bahn fährt. Früher, als nur alle 30 Minuten eine Bahn fuhr, war es besonders ärgerlich, wenn man wegen einer Minute den Anschluss verpasste. Eine ältere Frau möchte von Nopper wissen, unter welcher Nummer sie bei der Firma FMO anrufen kann, wenn sie sich beklagen möchte. Die Nummer hat Nopper auch nicht auswendig präsent, aber er bietet ihr an: „Sie können auch bei der Stadt anrufen, dann geben wir Ihre Beschwerde weiter.“ Dann lobt die Seniorin die bessere Verbindung nach Steinbach am Wochenende: „Ich bin dankbar, dass es jetzt jede halbe Stunde eine Verbindung gibt.“

Der Bus, der in Maubach 20 Minuten Verspätung hatte, hat auf der Fahrt nach Steinbach und wieder zurück zum Zentralen Omnibusbahnhof (ZOB) die Zeit fast wieder aufgeholt. Obwohl keine Schüler mehr an Bord sind, ist der Omnibus immer gut besetzt. Ein Umstand, der die Bedeutung des ÖPNV mit Nachdruck unterstreicht. Nopper stellt sich derweil die Kernfrage selbst: „Sind das jetzt alles Anlaufschwierigkeiten oder strukturelle Probleme des Fahrplans?“ Er ist der Auffassung, dass es bei einer solch gravierenden Umstellung wie es im Raum Backnang der Fall war, zwei bis drei Monate braucht, bevor sich alles einschleift. Und er urteilt: „Aber wenn es danach noch Probleme gibt, dann sind sie struktureller Natur.“

Und eben dies scheint auf der Linie 361 der Fall zu sein. Denn die beiden anderen Testfahrer, Erster Bürgermeister Siegfried Janocha und Baudezernent Stefan Setzer können im Gegensatz zu Noppers Teilerlebnissen nur Positives berichten. Janocha war mit den Linien 360 und 362 unterwegs, beim Gymnasium in der Taus, am Rietenauer Weg, in Sachsenweiler und im Plattenwald. Sein Fazit: „Alles perfekt.“ Und Setzer testete die Linie 367 nach Aspach. Sein Resümee: „Die Leute waren durchweg zufrieden.“ Beide haben keine Missstände beobachten können.

Zu dritt sprechen sie am ZOB auch mit Busfahrern. Einer, der gerade Pause macht, gibt bereitwillig Auskunft. Auch er bestätigt, dass vor allem die Linie 361 Probleme bereitet. Meist entsteht der Verzug wegen des Staus in Waldrems: „Und dann schiebt man diese Verspätung vor sich her und hat keine Chance, die Zeit wieder reinzuholen.“ Ein Problem ist nach Ansicht dieses Fahrers auch die Kreuzung Berliner Ring/Sulzbacher Straße in Richtung Stadtmitte. Es könne vorkommen, dass der Bus an der roten Ampel zwei Minuten lang stehe. „Diese Kreuzung bereitet uns massive Schwierigkeiten“, stöhnt der Busfahrer. Und später werde es nicht besser. „Die Fahrt durch den Biegel ist auch nicht einfach.“ In dem verkehrsberuhigten Bereich sei es nicht möglich, Rückstände wieder reinzuholen.

Das Testfahrerdreigestirn hört allen Nutzern und Fahrern aufmerksam zu und überlegt, welche Einflussmöglichkeiten es gibt, um die Buslinien zu optimieren. Während Nopper grübelt, „es ist irritierend, dass die Linien so unterschiedlich funktionieren“, frotzelt Setzer über den Fahrgast mit Verspätungsgarantie: „Es liegt hoffentlich nicht an Ihnen.“ Die drei Testfahrer werden nun das Lob und den Tadel der Busnutzer an den privaten Betreiber FMO und den Verkehrsträger Rems-Murr-Kreis weitergeben. In der Hoffnung, dass das Gute bleibt und die Mängel behoben werden.

Sucht das Gespräch mit den Fahrgästen: Backnangs Oberbürgermeister Frank Nopper. Er selbst musste 20 Minuten auf den verspäteten Bus warten.

© Pressefotografie Alexander Beche

Sucht das Gespräch mit den Fahrgästen: Backnangs Oberbürgermeister Frank Nopper. Er selbst musste 20 Minuten auf den verspäteten Bus warten.

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Erstellt:
2. März 2019, 06:00 Uhr

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