CDU will verständliche Rechtsgrundlage für Corona-Maßnahmen

dpa/lsw Stuttgart. Was gilt in Corona-Zeiten? Viele blicken bei den vielen Geboten und Verboten nicht mehr durch. Die CDU will die rechtliche Systematik für Maßnahmen in Baden-Württemberg grundlegend ändern.

Susanne Eisenmann (CDU) spricht während einer Pressekonferenz. Foto: Sebastian Gollnow/dpa/Archivbild

Susanne Eisenmann (CDU) spricht während einer Pressekonferenz. Foto: Sebastian Gollnow/dpa/Archivbild

Die Rechtsgrundlagen für Maßnahmen zur Corona-Bekämpfung in Baden-Württemberg müssen nach Ansicht der CDU verständlicher für den Bürger werden. Die CDU-Spitzenkandidatin zur Landtagswahl 2021, Kultusministerin Susanne Eisenmann, sagte am Mittwoch der Deutschen Presse-Agentur in Stuttgart, es sei im Südwesten ein unüberblickbares Sammelsurium an Ausnahmen und Widersprüchlichkeiten im Zusammenhang mit Corona-Maßnahmen entstanden. Viele Bürger verstünden sie nicht mehr.

Eisenmann schlug deshalb vor, die Systematik bei der rechtlichen Festschreibung von Maßnahmen umzustellen. Die Basis der derzeitigen Corona-Verordnung seien weitreichende Verbote. Sie sei in der Zeit des Lockdowns entstanden und dann mehrfach um Ausnahmen ergänzt worden. Eisenmann meinte aber: „Statt mit pauschalen Verboten und unzähligen Ausnahmen zu operieren, sollten wir rechtstechnisch von der Erlaubnis her kommen.“ CDU-Generalsekretär Manuel Hagel erklärte: „Das bedeutet, dass wir nicht mehr definieren, was erlaubt ist, sondern jetzt wieder definieren, was nicht erlaubt ist.“

Eisenmann betonte, der CDU gehe es nicht darum, einfach alles wieder zu erlauben und zu öffnen, als ob es keine Pandemie gäbe. „Vielmehr wollen wir als CDU innerhalb der Landesregierung für die Zeit nach dem 15. Juni eine bessere und verständlichere Rechtsgrundlage.“ Hagel ergänzte, man müsse weg von der Regel des Verbots und hin zur Regel der Freiheit. „Das ermöglicht uns klare Regeln und Definitionen. Das sorgt dafür, dass die Menschen wieder genau wissen, was sie dürfen und was nicht.“ Dabei müsse natürlich immer der bestmögliche Infektionsschutz verfolgt werden. Dazu zähle auch die Beibehaltung der Maskenpflicht. „Eine zweite (Corona-)Welle, die uns umso heftiger in allen Bereichen treffen kann, müssen wir unbedingt verhindern.“

Am 15. Juni läuft die wesentliche Corona-Verordnung für Baden-Württemberg aus, die mehrfach geändert worden war. Zudem gibt es zahlreiche Unterverordnungen für einzelne Bereiche - etwa für den Spitzensport, für Heimbewohner, für den Einzelhandel und für Kosmetik und medizinische Fußpflege. Viel Kritik hatte es zum Beispiel für die ursprünglich vorgesehene 800-Quadratmeter-Regelung für den Einzelhandel gegeben, die die Landesregierung schließlich nach einer gerichtlichen Entscheidung wieder aufhob.

An diesem Freitag kommt der grün-schwarze Koalitionsausschuss zusammen, um auch über den weiteren Umgang mit dem Coronavirus zu beraten. Der Koalitionsausschuss ist das Gremium, in dem die grün-schwarze Regierung von Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne) nach einer gemeinsamen Linie bei kontroversen Themen sucht. Zu Eisenmanns Vorstoß äußerten sich Grünen-Politiker zunächst nicht.

Am Dienstagabend hatte sich ein neuer Streit in der Koalition entzündet: Kretschmann hatte Details einer zum 1. Juni geplanten Lockerung von Corona-Auflagen für private Veranstaltungen verkündet und erklärt, dass es sich dabei um einen Kabinettsbeschluss handele, was impliziert, dass auch die CDU zugestimmt hat. Laut Kretschmann sind private Feiern in geschlossenen Räumen ab dem 1. Juni mit bis zu zehn Menschen erlaubt. Im Freien sollen demnach maximal 20 Menschen erlaubt sein. Die CDU-Seite, allen voran die CDU-Landtagsfraktion, bestreitet aber, dass diese Details Teil des Beschlusses sind. Sie hält die geplante Regelung für private Feste für nicht praktikabel.

Justizminister Guido Wolf (CDU) sagte, er unterstütze Eisenmanns Vorschlag. „Es ist in den vergangenen Wochen ein unübersichtliches Dickicht an Regelungen entstanden, das Bürgerinnen und Bürger, aber auch viele Fachleute nicht mehr überblicken.“ Es müsse die Praxis beendet werden, dass Vorschriften über Nacht und unter einem enormen Zeitdruck ergänzt, geändert oder gestrichen würden. Auch der FDP-Politiker Erik Schweickert forderte Vorschriften, die nicht mit heißer Nadel gestrickt worden und nicht widersprüchlich seien.

SPD-Fraktionschef Andreas Stoch sprach von einem Regelungschaos, das von Grünen und auch der CDU angerichtet worden sei. „Dass sich mit Kultusministerin Eisenmann nun ausgerechnet eine der Hauptfiguren der Corona-Politik des Landes zur Chefkritikerin ihrer eigenen Strategie aufspielt, kann man nur noch als schlechtes Schauspiel bezeichnen.“

Die Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW) erklärte unterdessen, nicht die Verordnungen an sich seien das Hauptproblem, sondern dass etwa Ministerin Eisenmann über die Medien eine Öffnung der Grundschulen bis Ende Juni verkünde und die Schulleiter darüber nicht zeitgleich informiert würden. Denn dort riefen dann die Eltern an mit Fragen, die die Schulen nicht beantworten könnten.

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Erstellt:
27. Mai 2020, 12:42 Uhr

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