Corona kann Flurputzete nicht ausbremsen

Etliche Vereine, Parteien oder Gruppen beteiligen sich im Raum Backnang an der alljährlichen Säuberungsaktion. In den Müllsäcken landen die üblichen Sachen wie Flaschen, Kaffeebecher und Plastikverpackungen, aber auch Kokosnüsse, Wahlplakate oder Schuhe.

Der Triathlonnachwuchs des TC Backnang war mit einem großen Team bei der Markungsputzete im Backnanger Westen im Einsatz, ausgestattet mit Masken. Fotos: privat

Der Triathlonnachwuchs des TC Backnang war mit einem großen Team bei der Markungsputzete im Backnanger Westen im Einsatz, ausgestattet mit Masken. Fotos: privat

Von Matthias Nothstein

BACKNANG. Etwas gegen die Vermüllung der Natur zu machen – das war und ist für viele Menschen die Hauptmotivation, sich an einer Markungsputzete zu beteiligen. Aber ein wenig hat in „normalen Jahren“ für viele Menschen auch der gesellige Faktor eine Rolle gespielt. Es war schön, mit Freunden, Nachbarn, Vereinskollegen oder Mitgliedern der Feuerwehr – um nur eine kleine Auswahl an Gruppen zu nennen – ein paar Stunden lang Müll aufzusammeln und dabei und vor allem nach Abschluss der Aktion miteinander zu reden und im besten Fall sogar ein gemeinsames Vesper zu genießen.

In diesem Jahr ist vieles anders. Zwar haben sich wieder etliche Freiwillige zusammengefunden, um den tollen Job zu machen, aber selbst bei dieser Aktivität in der freien Natur wirkt Corona mit hinein. Masken, Abstand halten und kein gemeinsames Vesper – es ist unter diesen Gesichtspunkten eine traurige Veranstaltung. Und trotzdem haben mehrere Gruppen sich nicht abschrecken lassen.

So versammelten sich zum Beispiel am Donnerstagabend trotz eines kalten Windes nahezu alle Trikids des Triathlon-Clubs Backnang plus Trainer und einige Eltern, um bei der Vereinsputzete ihren Beitrag zu leisten. Dass alle mitmachen, das war schnell klar, denn schließlich nutzen sie mehrfach in der Woche die Wege in und um den Plattenwald. Einen Tag zuvor musste laut Rolf Hettich – eigentlich aus erfreulichem Grund – noch umdisponiert werden. Denn auf der geplanten Sammelstrecke zwischen dem Freibad bis zum Plattenwald, berichteten Läufer, sei „weit und breit kein Müll mehr zu finden – alles sauber“. Das Ändern der Sammelstrecke war jedoch kein Problem, „schließlich gibt es leider genug Stellen in und um Backnang, an denen Menschen acht- und verantwortungslos ihren Müll wegwerfen“, schreibt Hettich. Neuer Treffpunkt war schließlich das Industriegebiet Lerchenäcker. Hier wurden von den Trikids innerhalb einer Stunde 14 Säcke mit Müll gefüllt: Neben den üblichen Sachen wie Flaschen, Kaffeebechern, Plastikverpackungen und unzähligen Zigarettenstummeln wurde auch Kurioses wie Kokosnüsse, Wahlplakate und Schuhe in den Mülltüten entsorgt.

Am Samstag waren dann auch einige Jusos im Backnanger Raum unterwegs und beteiligten sich an der Bach- und Flurputzete, darunter auch der SPD-Bundestagskandidat für den Wahlkreis Backnang/Schwäbisch Gmünd, Tim-Luka Schwab. Dem 20-Jährigen ist es wichtig, nicht nur über Umwelt- und Klimaschutz zu diskutieren, sondern ihn selbst vorzuleben. So kam der junge Sozialdemokrat morgens aus Schwäbisch Gmünd, wo er Stadtrat ist, nicht mit dem Auto, sondern mit dem Zug nach Backnang. Schwab: „Mich hat es gefreut, zu sehen, wie viele Backnanger sich an der Flurputzete beteiligt haben. Seine Umwelt sauber zu halten ist erfüllend, selbst mit anzupacken für mich selbstverständlich.“

Der Kreisvorsitzende der SPD-Jugend im Rems-Murr-Kreis, Luca Schneider, sagt zur Putzete: „Mir fiel wieder auf, dass viel zu oft in den Parteien – auch bei uns – abstrakt über Probleme diskutiert wird, anstatt rauszugehen und etwas dagegen zu unternehmen. Ich glaube, wir müssen nach Corona wieder mehr anpacken, viel mehr mit den Menschen sprechen, ihre Anliegen anhören und sie versuchen zu lösen.“

Helfer teilen sich in coronakonforme Teams auf.

Auch die Murrhardter Grünen haben zu der kreisweiten Markungsputzete ihren Beitrag geleistet, neben dem Ortsverein auch Mitglieder der MDAL-Fraktion und der Nabu aktiv. Vom Startpunkt Lidl aus splittete sich die Gruppe laut einer Pressemitteilung in coronakonforme Teams mit Abstand entlang der Murr auf. Einen besonderen Fahrradfund gab es beim Spielplatz in Murrhardt-Alm: ein in einen Ast eingewachsenes Fahrrad mit alter Stempelbremse.

Tim-Luka Schwab, Backnangs Juso-Chef Julian Gilke, Luca Schneider und Juso Lennart Kemmler (von links) mit einem Teil ihrer Ausbeute.

Tim-Luka Schwab, Backnangs Juso-Chef Julian Gilke, Luca Schneider und Juso Lennart Kemmler (von links) mit einem Teil ihrer Ausbeute.

Landtagsabgeordneter (in spe) Ralf Nentwich mit einem Fahrrad samt eingewachsenem Ast.

Landtagsabgeordneter (in spe) Ralf Nentwich mit einem Fahrrad samt eingewachsenem Ast.

Insgesamt 50 Kubikmeter Müll

Mit dem Ergebnis und der Beteiligung an der diesjährigen Markungs- und Flurputzete zeigte sich gestern auch der kommissarische Pressesprecher der Stadt Backnang, Reiner Gauger, zufrieden. Die Resonanz war so groß, dass die Aktion sogar verlängert wurde. So wurden und werden gestern und heute weitere Müllsäcke herausgegeben. Interessenten erhalten diese beim Bauhof. Im Einzelfall sind Müllsäcke bei Bedarf auch darüber hinaus erhältlich, erklärte gestern Bauhofleiter Rafael Bidlingmaier.

Die fleißigen Müllsammler haben in den vergangenen Tagen insgesamt fünf Mulden mit einem Fassungsvermögen von jeweils zehn Kubikmeter gefüllt. Kein Wunder, dass das Fazit von Pressesprecher Reiner Gauger positiv ausfiel: „Die Flur- und Markungsputzete ist von unserer Bevölkerung sehr gut angenommen worden.“

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Erstellt:
20. April 2021, 06:00 Uhr

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