Damit Pfand nicht im Mülleimer landet

Auf Initiative des Stadtjugendrings hin ist an einem Abfallbehälter in der Backnanger Grabenstraße ein sogenannter Pfandring installiert worden. Leere Getränkeflaschen und -dosen sollen darin abgestellt werden, sodass Pfandsammler diese unkompliziert mitnehmen können.

Pascal Weber vom Stadtjugendring, Tiefbauamtsleiter Lars Kaltenleitner und Jugendvertreter Silvan Vollmer (von links) haben sich für den Pfandring eingesetzt. Foto: A. Becher

© Alexander Becher

Pascal Weber vom Stadtjugendring, Tiefbauamtsleiter Lars Kaltenleitner und Jugendvertreter Silvan Vollmer (von links) haben sich für den Pfandring eingesetzt. Foto: A. Becher

Von Lorena Greppo

Backnang. Neu ist der mit Löchern versehene Metallring am großen Mülleimer in der Grabenstraße nicht. Im vergangenen Sommer sei dieser bereits angebracht worden, berichtet Backnangs Tiefbauamtsleiter Lars Kaltenleitner. Doch weil sich die Öffnung des Abfalleimers für die Leerung vorn befindet, konnte der Ring nur hinten angebracht werden, er zeigt also zur Straße hin. So ist er jedoch leicht zu übersehen. Um dem Abhilfe zu schaffen, weisen seit Neuestem gelbe Aufkleber darauf hin, wozu die Anbringung nützt: Hier können Pfandflaschen und -dosen in den Metallringen abgestellt werden. Noch ist der Pfandring der Einzige seiner Art in der Backnanger Innenstadt. Im Laufe des Jahres sollen aber noch zwei oder drei weitere angebracht werden.

Die Idee kam im Stadtjugendring auf und wurde über die Jugendvertreter um Silvan Vollmer an die Stadtverwaltung herangetragen. Pascal Weber vom Stadtjugendring erklärt die Motivation hinter dem Projekt: „Zum einen geht es darum, dass das Pfand wieder ins System zurückgeführt wird. Es schont also Ressourcen.“ Viel schwerer wiege für ihn jedoch der soziale Aspekt: Viele finanziell schwächere Menschen seien darauf angewiesen, ihr Einkommen aufzubessern, und sammeln daher Pfandflaschen. „Es ist eine Sache des Respekts, das so sauber wie möglich zu gestalten, dass niemand im Mülleimer wühlen muss.“ Das sei nämlich nicht ungefährlich, denn in den Abfalleimern können Scherben oder scharfkantige Metallgegenstände liegen. Gerade am großen Mülleimer in der Grabenstraße kommt hinzu, dass dieser den Müll selbstständig zusammenpresst. Das mache die Sache noch gefährlicher.

Allerdings gibt es auch noch andere Faktoren, die das Behältnis in der Grabenstraße zum besten Testobjekt gemacht haben: Hier herrscht den gesamten Tag über viel Publikumsverkehr, nicht zuletzt wegen der Sitzmöglichkeiten und der Geschäfte, die Verpflegung zum Mitnehmen anbieten. Folglich sei es an diesem Punkt in der Innenstadt auch wahrscheinlich, dass Leute ihre leeren Pfandflaschen losbekommen wollen. Nun könnte man sie ja in einer der beiden nahe liegenden Drogerien zurückgeben. Doch aus der Erfahrung ist manchen dieser Weg bereits zu lang für die Centbeträge, die man zurückbekommt.

Als weiterer Standort bietet sich der Abfallbehälter an der Murrtreppe an

Pascal Weber nimmt sich ab und zu die Zeit, das Geschehen zu beobachten, und stellt fest: „Der Pfandring wird ganz gut angenommen.“ Mehrmals am Tag seien Menschen unterwegs, die dort Pfandflaschen abholen. Es bestehe keine Gefahr, dass der Bauhof die leeren Flaschen und Dosen entsorgen muss, weil diese nicht mitgenommen werden. Durch die neue Aufschrift sollen nun auch noch mehr Passanten darauf aufmerksam gemacht werden, die womöglich ihre Pfandbehältnisse loswerden möchten. „Viele kennen das System noch gar nicht“, weiß Silvan Vollmer. Das wolle man ändern, schließlich bietet der Pfandring allen Beteiligten Vorteile. In der Grabenstraße, findet Kaltenleitner, habe man aufgrund der vielen Geschäfte und somit vielen Passanten die größtmögliche Wirkung. „Es ist ein erster, sehr guter Standort“, lautet auch Webers Fazit. Er fügt aber direkt an: „Damit es bei den Bürgerinnen und Bürgern richtig ankommt, sollte man noch weitere Pfandringe installieren.“ Ein gutes Beispiel haben er und Vollmer auch direkt parat: Entlang der Murr, speziell an der Murrtreppe, sind immer viele Menschen unterwegs. Hier würde sich ein weiterer Pfandring lohnen, sind sie sicher. Die Stadtverwaltung zeigt sich offen, Lars Kaltenleitner nimmt den Vorschlag gerne auf.

Weil für die Backnanger Innenstadt vor einigen Jahren 50 neue Abfallbehälter angeschafft wurden (wir berichteten), war deren Hersteller auch der erste Ansprechpartner, als es um die Beschaffung des Pfandrings ging, berichtet der Tiefbauamtsleiter. Und siehe da, ein entsprechendes Zusatzteil war direkt verfügbar. 230 Euro kostet ein Exemplar, „das ist aber auch eine langlebige Investition“, führt Kaltenleitner aus. Die Pfandringe können fest an die Mülleimer geschraubt werden und sind somit auch vor Vandalismus sicher. Beim Pressetermin offenbart sich dann aber eine Schwäche des Pfandrings: Große Flaschen mit einem Fassungsvermögen von anderthalb Litern passen nicht in die Metallringe. Ein Bestellfehler ist nicht unterlaufen, versichert Kaltenleitner: „Die Ringe sind genormt. Da haben wir aber gleich mal einen Verbesserungsansatz für den Hersteller.“

Mehr als 100 Städte in Deutschland nutzen den Flaschenhalter

Die Idee Pfandringe oder andere Flaschenhalter bieten die Möglichkeit Pfand einfach und sichtbar abzustellen, damit Wertstoff dem Recycling zurückgeführt werden kann und nicht im Restmüll verbrannt wird. Sammlerinnen und Sammler können das Pfandgut mitnehmen und einlösen.

Der Entwickler Als Erfinder des Pfandrings gilt der Kölner Produktdesigner Paul Ketz. 2012 stellte er seine Entwicklung bei einem Wettbewerb der Kölner Abfallwirtschaftsbetriebe vor. Der Pfandring erhielt den Bundespreis Ecodesign in der Kategorie Nachwuchs.

Der Einsatz Den Anfang machte 2014 die Stadt Bamberg, die den Pfandring testete. Aktuell sind auf der Website des Entwicklers 110 Standorte verzeichnet, an denen der Pfandring zum Einsatz kommt, auch Backnang ist darunter bereits zu finden. Vermutlich gibt es noch weitaus mehr ähnliche Initiativen, die ein eigenes Design des Flaschenhalters nutzen.

Die Kritik Die Absicht des Pfandrings ist eine gute, jedoch wurde die Initiative nicht überall mit Freude angenommen. Laut einer Befragung der Hannoveraner Wohnungslosenhilfe Karl-Lemmermann-Haus befürchteten einige Flaschensammler, dass so auch Menschen das Pfand einlösen, die den Zusatzverdienst nicht nötig haben.

Zum Artikel

Erstellt:
25. März 2022, 06:00 Uhr

Artikel empfehlen

Artikel Aktionen

Lesen Sie jetzt!
Die Aufnahme ist Thomas Schad gelungen. Sie zeigt die Polarlichter über Burgstetten.
Top

Stadt & Kreis

Polarlichter über Backnang und Umgebung

Wer hat Fotos von der eindrucksvollen Naturerscheinung gemacht? Bitte schickt uns eure besten Aufnahmen an redaktion@bkz.de. Wir werden sie in einer Bildergalerie veröffentlichen und die besten Fotos auf einer Sonderseite drucken.

Stadt & Kreis

So wird Balkonien zum Pflanzenparadies

Spätestens jetzt ist die Zeit gekommen, um seinen Balkon oder die Terrasse fit für den Sommer zu machen beziehungsweise seine Kübellandschaft zu vervollständigen.