Das Benko-Loch soll sich schließen

Die Dibag Industriebau AG steht in den Startlöchern. Der Neubau an der Ecke Schul-/Königstraße soll 2028 eingeweiht werden. Derzeit stört allerdings noch ein Baum.

Die Rosskastanie ist rund 18 Meter hoch und steht dem Bauherrn im Weg.
         
         Foto: Ströbele

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Die Rosskastanie ist rund 18 Meter hoch und steht dem Bauherrn im Weg. Foto: Ströbele

Von Torsten Ströbele

Stuttgart - Seit etwa einem halben Jahr sitzt der österreichische Immobilienunternehmer René Benko in Untersuchungshaft. Dem 48-Jährigen wird schwerer Betrug rund um die Pleite seines Signa-Imperiums vorgeworfen. Ihm gehörte nicht nur Galeria Karstadt Kaufhof, sondern auch die ehemalige Sportarena an der Ecke Schul-/Königstraße in Stuttgart. Dieses Gebäude wurde 2023 abgerissen.

Die Signa Real Estate wollte an dieser Stelle im Sommer 2025 den Neubau „Zwei hoch Fünf“ mit Platz für 2300 Quadratmeter Einzelhandel und 5000 Quadratmeter Bürofläche einweihen. Doch daraus wurde nichts. Seit knapp zwei Jahren klafft dort nun schon eine riesige Baulücke: In Stuttgart spricht man vom Benko-Loch. Doch seit Ende vergangenen Jahres ist Licht am Ende des Tunnels zu sehen. Die Dibag Industriebau AG des Münchener Investors Alfons Doblinger hat das Projekt übernommen. Kürzlich war Vorstandsmitglied Sebastian Kuhlen im Stuttgarter Rathaus zu Gast. Die Baugenehmigung sei seit September 2023 vorhanden. Zurzeit passe man die bestehende Planung geringfügig an. Zudem sind die alten, von der Signa geschlossenen Verträge mit den Einzelhändlern nicht mehr existent. Edeka wollte einziehen und Rituals Cosmetics. „Wir werden die Einzelhandelsflächen nun zusammenlegen und sind mit einem neuen Partner auch in sehr guten Gesprächen“, sagt Kuhlen. Wenn alles gut läuft, sollen im Oktober dieses Jahres die Bauarbeiten beginnen. Die Dibag hofft, Anfang 2028 Eröffnung feiern zu können. Allerdings macht dem Eigentümer ein Baum Probleme – genauer gesagt eine rotblühende Rosskastanie. Die steht der Dibag an der Ecke Schul-/Königstraße im Weg. „Der Bauherr ist mit der dringenden Bitte an uns herangetreten, die Kastanie auf dem benachbarten städtischen Grundstück zu entfernen“, sagte Oberbürgermeister Frank Nopper im Ausschuss. Die Kastanie stehe zu nah am Neubau, erklärte Kuhlen.

Die Dibag bot an, die Kastanie durch eine etwa 30 Jahre alte Eiche mit 80 Zentimetern Stammumfang und neun bis zehn Metern Höhe zu ersetzen und zusätzlich drei weitere Bäume mit 50 Zentimeter Stammumfang an einem anderen Ort in der Stadt einpflanzen zu lassen. „Das Bauvorhaben ist in jeder Hinsicht von herausragender Bedeutung – städtebaulich und in Sachen Einzelhandelsangebot“, sagte Frank Nopper. „Deshalb ist es in unser aller Interesse, dass der Neubau jetzt zügig kommt.“ Ob die Kastanie gefällt werden kann, liege zwar im Verantwortungsbereich der Verwaltung, dennoch wolle man das Thema transparent und offen mit den Stadträten besprechen.

Für Alexander Kotz (CDU) gehöre die Kastanie zu der Kategorie Baum, die es allein im innersten Citybereich mehrere 100 Male gebe. „Es ist kein Weltbaum-Kulturerbe.“ In diesem Fall könne er weichen. Cornelius Hummel (FDP) stimmte der Fällung ebenfalls zu – aber „zähneknirschend“. Und auch Michael Schrade (Freie Wähler) bedauerte den Wegfall, nahm ihn aber in Kauf.

Nicht auf die Kastanie verzichten wollte das öko-soziale Lager – mit einer kleinen Einschränkung. „Wir sprechen uns gegen eine Fällung aus, aber wir sind auch nicht böse, wenn die Verwaltungsseite zu einer anderen Einschätzung gelangt“, sagte Tillmann Bollow (SPD/Volt). Kompromissloser waren die Meinungen an anderer Stelle. „Ich finde schon, dass Sie umplanen könnten, um den Baum zu erhalten“, betonte Björn Peterhoff (Die Grünen). Hannes Rockenbauch (SÖS) nutzte die Gelegenheit, um seine Gesamtkritik am Projekt zu erneuern: „Wir waren aus städtebaulichen Gründen von Anfang an gegen das Projekt.“

Durch ein Patt bei der anschließenden Abstimmung muss nun eine Befreiung von der Baumschutzsatzung geprüft werden.

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Erstellt:
4. August 2025, 22:04 Uhr
Aktualisiert:
5. August 2025, 21:58 Uhr

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