Herrenoutfits bei Hitze
„Das Kurzarmhemd hat ein Imageproblem“
Wenn es heiß ist, schlüpfen Frauen ins Sommerkleid und sind trotzdem bürotauglich angezogen. Männer haben es schwerer. Der Modeprofessor Christian Bruns gibt Tipps.

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Wie bleibt man am Schreibtisch cool?
Von Theresa Schäfer
Heiß draußen? Viele Männer beneiden an heißen Sommertagen ihre Kolleginnen. Die schlüpfen in ein luftiges Sommerkleid und sind damit bürotauglich angezogen. Männer haben es da schwerer. Christian Bruns ist Professor für Modedesign an der Universität Trier. Mit ihm haben wir darüber gesprochen, wie Mann an heißen Tagen cool bleibt – und ob Kurzarmhemden und Bermudas wirklich modische No-Gos sind.
Herr Professor Bruns, ist es für Männer generell schwieriger als für Frauen, sich an heißen Tagen im Büro gut zu kleiden?
Tatsächlich empfinden viele Männer die Auswahl an bürotauglicher Sommerkleidung als eingeschränkter – insbesondere in konservativen Branchen. Während Frauen oft mehr Optionen bei Schnitten, Stoffen und Kleidungsstücken haben, bleibt Männern oft nur die Wahl zwischen Hemd oder Hemd mit Sakko. Es erfordert daher etwas mehr Kreativität, stilvoll und gleichzeitig bürotauglich gekleidet zu sein, ohne ins Schwitzen zu geraten.
Wie streng ist heute der Dresscode im Büro überhaupt noch? Von der Krawatte haben sich die meisten doch längst verabschiedet, oder?
Der Dresscode ist insgesamt deutlich lockerer geworden als noch vor einigen Jahren – aber die Spielregeln sind stark branchenabhängig. In kreativen Berufen oder Start-ups ist Smart Casual längst Standard, während in der Finanz- oder Rechtsbranche klassische Business-Kleidung noch häufiger üblich ist. Ich beobachte aber auch hier, dass sich dort viel „casualisiert“ und man sich bei den Dresscodes unter anderem an der New Economy inspiriert. Viele Unternehmen setzen im Sommer auf „Dresscode light“, bei dem zum Beispiel Krawatte oder Sakko weggelassen werden dürfen. Das wird vor allem bei sehr hohen Temperaturen meist nicht mehr als unpassend empfunden.
Was sind smarte Alternativen zu Hemd und Anzug?
Ein gut geschnittenes Poloshirt oder ein leichtes Leinenhemd kann eine stilvolle und gleichzeitig luftige Alternative zum klassischen Businesshemd sein. Auch Chinohosen aus atmungsaktiven Stoffen und unstrukturierte Blazer aus Leinen oder Baumwolle sorgen für einen gepflegten Look ohne Hitzestau. Wichtig ist, dass Farben und Materialien hochwertig wirken. Ebenso spielt die Tendenz zu eher „oversized“ wirkenden Schnitten den Männern in die Hände. Für mich persönlich wähle ich bei den hohen Temperaturen weite, luftige Schnitte in kühlenden Materialien wie Leinen.
Wie sieht es mit dem Schuhwerk aus? Dürfen Männer auch Sandalen tragen? Und dann mit oder ohne Socken?
Hier scheiden sich die Geister. In konservativen Umfeldern bleiben geschlossene Schuhe Pflicht. In lockeren Büroumgebungen können dezente Ledersandalen tragbar sein. Aber ohne Socken! Eine stilvolle Alternative sind Loafer, Slipper oder luftige Derbys aus Wildleder, die deutlich bürotauglicher wirken und trotzdem mehr Luft lassen. Diese können auch mit leichten oder im Schuh nicht zu sehenden Socken getragen werden, da barfuß in diesen Schuhen nicht immer angenehm ist.
Auf den Laufstegen sieht man immer wieder auch smarte Business-Bermudas. Darf man das aufs Büro übertragen?
Business-Bermudas wirken auf dem Laufsteg oder bei Mode-Events spannend, sind aber im Büroalltag meist noch zu gewagt – es sei denn, das Arbeitsumfeld ist ausgesprochen kreativ oder tolerant. Wenn erlaubt, sollten sie gut geschnitten, knielang und aus hochwertigen Materialien sein. Kombiniert mit Hemd oder Polo und gepflegten Schuhen kann der Look durchaus funktionieren. Da ist die Frage, wie weit „Mann“ sich modisch aus dem Fenster lehnen möchte.
Gibt es Materialien, die besonders angenehm an heißen Tagen sind?
Ja, besonders empfehlenswert sind Naturmaterialien wie Leinen, Baumwolle oder leichte Wollmischungen in hellen Farben wie hellblau, hellgrau oder beige. Auch moderne Funktionsstoffe, die atmungsaktiv und feuchtigkeitsregulierend sind, bieten hohen Tragekomfort. Wichtig ist, dass die Stoffe luftdurchlässig und nicht zu eng gewebt sind, um Hitze und Feuchtigkeit besser auszugleichen. Es gibt kühlende Garne, die in immer mehr Produkten bei vielen Bekleidungsanbietern zu finden sind. Darauf kann man bei der Suche nach Kleidung für heiße Tage achten.
Haben Sie eine Meinung zum Kurzarmhemd?
Das Kurzarmhemd hat ein Imageproblem – oft wird es mit schlecht sitzenden Schnitten, fragwürdigen Mustern und einer gewissen Spießigkeit assoziiert. Doch es gibt moderne Varianten in neutralen Farben, die gepflegt und stilvoll wirken können. Wenn es zum Look und zur Branche passt, spricht nichts gegen ein gutes Kurzarmhemd. Unter einem Sakko fallen sie kaum auf. Auf die Krawatte sollte man zum Kurzarmhemd aber besser verzichten.
Zur Person
Professor für ModedesignChristian Bruns arbeitete seit 2006 als freiberuflicher Modedesigner. Seit 2012 ist er in der Lehre tätig, seit 2019 als Professor auf Lebenszeit für digitale Grundlagen Modedesign und 3D Modedesign-Prototyping an der Universität Trier.