Das Ökosystem Murr ist ein Gesamtprojekt

Die Hegegemeinschaft Einzugsgebiet Murr räumt beim Cleanup Day nicht nur im, sondern auch am und um das Wasser herum auf. Mikroplastik in den Gewässern soll durch die Sammelaktion reduziert und Wertstoffe sollen in den Recycling-Kreislauf zurückgeführt werden.

Mitglieder des Fischerei- und Gewässerschutzvereins (FGV) Steinheim an der Murr sammeln in der Murr Müll. Foto: privat

Mitglieder des Fischerei- und Gewässerschutzvereins (FGV) Steinheim an der Murr sammeln in der Murr Müll. Foto: privat

Von Simone Schneider-Seebeck

Backnang. Etwa 15 Müllsäcke voll – so viel Abfall haben alleine die Mitglieder des Angelvereins Backnang an einem Vormittag im Uferbereich der Murr gesammelt. Es ist World Cleanup Day, und die Mitglieder der Hegegemeinschaft Einzugsgebiet (HGEZG) Murr, zu denen auch die Backnanger Angler gehören, haben zahlreiche Uferkilometer des Flusses von Unrat befreit. Für Alexander Schaal, Vorsitzender des Angelvereins, war es vollkommen klar, dass sich sein Verein an der Aktion beteiligt: „Wir Angler leben mit und von der Natur.“ Mikroplastik in den Gewässern soll durch die Sammelaktion reduziert und Wertstoffe sollen in den Recycling-Kreislauf zurückgeführt werden.

Erstaunliches haben die fleißigen Helfer zusammengetragen: Autoreifen, eine Babybadewanne, sogar ein Fahrrad und einen Basketball. Letzteren hat sich gleich Juniorangler Nico geschnappt. Schon von klein auf hat sich der 13-Jährige für das Angeln begeistert. Und jetzt hilft er selbstverständlich dabei, seinen Fluss von Unrat zu befreien. Was die fleißigen Müllsammler besonders erstaunt, ist, dass sich die Hinterlassenschaften zum Teil an Stellen finden, wo eigentlich gar niemand hinkommt.

Den Einsatz der Angler lobt auch Backnangs Oberbürgermeister Maximilian Friedrich: „Das ist eine super Aktion.“ Zusammen mit dem Baudezernenten Stefan Setzer begutachtet er die Ausbeute des Vormittags. Für die Aktion hat die Kommune Müllsäcke und Handschuhe zur Verfügung gestellt, der Backnanger Bauhof sammelt zudem die gefüllten Säcke entlang der Zehn-Kilometer-Strecke ein. Das ist jedoch nicht die einzige Aktion der Hegegemeinschaft in 2021. Bereits im Juni fand wieder eine Bachforellenbesatzaktion statt.

Mit der Zustimmung des Fischzüchters Christian Veitinger hatte die HGEZG Murr alle Vertreter der projektbeteiligten Städte und Gemeinden zum Wiederansiedlungsprogramm der „Murrforelle“ eingeladen. Von der Quelle bis zur Mündung werden wieder zahlreiche Murrforellen ein neues Zuhause finden. Die Nachzucht und der Besatz sind dringend nötig, da sich die Fischart unter den gegebenen Umständen wie Begradigungen, Verbauungen durch Wehre und die hierdurch verursachte Strukturarmut in der Murr nicht mehr selbstständig in angemessener Zahl reproduzieren kann, wie durch zahlreiche Elektrobefischungen in den vergangenen Jahren festgestellt wurde. Bei einem Besprechungstermin Anfang Oktober wurden verschiedene Maßnahmen für die Murr besprochen.

Dabei waren Oberbürgermeister Friedrich und Baudezernent Stefan Setzer aus Backnang, Flussmeister Heiko Lehmann und Forstwirt Sebastian Kuntzsch vom Regierungspräsidium Stuttgart sowie Alexander Schaal, Vlado Pajurin, Justin Guest, Sezgin Acar und Markus Weber als Vertreter der Hegegemeinschaft Einzugsgebiet Murr. Durch verschiedene Maßnahmen soll in den kommenden fünf Jahren nicht nur die vollständige Durchgängigkeit der Murr auf Backnanger Gemarkung erreicht werden, sondern auch von der Frießinger Mühle flussaufwärts bis Murrhardt.

Markus Weber, zweiter Geschäftsführer der HGEZG, zeigt sich erfreut über die Gespräche: „Unsere Bemühungen tragen nun endlich Früchte. Für die Murr wäre das eine wunderbare Entwicklung und unsere Fische könnten wieder auf- und abwandern, um geeignete Laichplätze und Lebensräume zu finden.“ Die Angler der Hegegemeinschaft sind für das ausgeprägte ökologische Engagement der Bürgermeister und Oberbürgermeister mehr als dankbar und hoffen auf eine weiterhin gute Zusammenarbeit. Weber: „Ohne diese tatkräftige Unterstützung wäre es den Fischern an der Murr in der kurzen Zeit nicht möglich gewesen, so viele wegweisende Projekte anzugehen.“

Die Murr fließt zu 80 Prozent nicht mehr im ursprünglichen Verlauf

Umweltsünden Die Murr ist über 50 Kilometer lang. Der Mensch hat stark in das Gewässer eingegriffen, 80 Prozent entsprechen nicht mehr dem ursprünglichen Verlauf. Viele Umweltsünden haben das ökologische Gleichgewicht der Murr stark geschädigt.

Hegegemeinschaft Vor über dreieinhalb Jahren wurde die landkreisübergreifende Hegegemeinschaft Einzugsgebiet Murr gegründet. Die HGEZG Murr ist bestrebt, die Murr zusammen mit den Gemeinden, Städten und Behörden und im Einklang mit dem Hochwasserschutz auf ein naturnahes Niveau zu bringen. Ehemals heimische Fischarten sollen wieder angesiedelt oder deren Bestände verbessert werden. Das Ökosystem soll in seiner Gesamtheit wieder aufgewertet und vor dem Hintergrund der Klimaerwärmung gestärkt werden. Dass hier dringend Handlungsbedarf besteht, wird von allen Vertretern der Städte und Gemeinden so gesehen.

Verbesserungen In Zukunft sollen noch zahlreiche weitere Verbesserungen an der Murr folgen, wie die Durchgängigkeit für alle Gewässerbewohner, das Anlegen von Kieslaichplätzen, das Einbringen von Störsteinen und Belassen von Totholz zur Schaffung einer dynamischen Gewässerstruktur mit schnell fließenden Bereichen und Ruhezonen in weiten Teilen der Murr. Die Hegegemeinschaft möchte in drei Jahren jährlich etwa 40000 Nachkommen der „Murrforelle“ aussetzen. Das Murrforellenprogramm wurde nur möglich, da alle Murr-Bürgermeister finanzielle Unterstützung in Höhe von 2200 Euro über einen vertraglich geregelten Zeitraum zur Verfügung stellen, dabei übernimmt Backnang mit 600 Euro den größten Anteil.

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Erstellt:
4. November 2021, 16:00 Uhr

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