Das Weltcafé verabschiedet sich

Für die Teilnehmer und Organisatoren des dreijährigen Projekts ist das aber nicht unbedingt eine traurige Tatsache. Denn viele etablierte Veranstaltungen und Aktivitäten werden von Backnanger Trägern oder der Stadt übernommen und weitergeführt.

Unterstützung, Austausch, Kennenlernen: Das waren Ziele des Weltcafés. Nach drei Jahren geht das Projekt nun zu Ende. Foto: J. Fiedler

© Jörg Fiedler

Unterstützung, Austausch, Kennenlernen: Das waren Ziele des Weltcafés. Nach drei Jahren geht das Projekt nun zu Ende. Foto: J. Fiedler

Von Kristin Doberer

Backnang. Das Projekt Weltcafé in Backnang endet nach drei Jahren Laufzeit am 31. Juli. In dieser Zeit bot das Projekt die Gelegenheit, Sitten und Gebräuche verschiedener Kulturen kennenzulernen, und geflüchtete Menschen hatten die Möglichkeit, die deutsche Sprache zu üben und Kontakte mit anderen zu knüpfen. Von einem Abschied kann man jetzt aber eigentlich nicht sprechen, das betont auch Marion Scheffler-Duncker bei einer Abschlussfeier des Projekts. „Eigentlich wäre dieses Fest ein trauriger Anlass. Aber das ist es nicht. Es soll ja weitergehen“, sagt die Diakonin und Flüchtlingsbeauftragte des Kreisdiakonieverbands (KDV). Bevor die Diakonin aber in die Zukunft blickt, hat sie die vielen Aktionen und Aktivitäten des Weltcafés Revue passieren lassen. Sie erinnert an den Beginn des Cafés, als man noch in einem Eck der Turnhalle zusammensaß und Kaffee und Tee getrunken hat. Dann hat man sich in dem ehemaligen Hotel Holzwarth getroffen. Die Idee geht auf die Initiative einiger ehrenamtlicher Mitarbeiter der Flüchtlingshilfe zurück. „Da haben wir festgestellt: Das wollen wir regelmäßig machen.“ Verschiedene Träger der sozialen Arbeit aus dem Raum Backnang entwickelten dann das Konzept für eine Umsetzung der Idee, ein Großteil der Förderung kam von der deutschen Fernsehlotterie. Das Projekt Weltcafé startete dann im August 2018 und war für genau drei Jahre ausgelegt.

Deutsche Sprache wurde immer geübt

In dieser Zeit haben sich zahlreiche wiederkehrende Veranstaltungen etabliert. „Der Grundstein war das Begegnungscafé“, sagt Tatjana Riekert vom Verein Kinder- und Jugendhilfe Backnang. Jeden Freitag gab es das Café im Famfutur, das sich schnell zu einem beliebten Treffpunkt entwickelt hat. „Der Raum war immer voll. Es gab Möglichkeiten zum Kennenlernen, viele haben auch Formulare oder ihre Hausaufgaben mitgebracht“, sagt sie. Daraus haben sich verschiedene Angebote entwickelt. Zum Beispiel die Erwachsenenzeit, bei der die Besucher eine allgemeine Sozialberatung bekommen haben. Besonders gefragt waren die Hilfe beim Ausfüllen von Anträgen oder das Schreiben von Bewerbungen. Die Erwachsenenzeit wurde auch während Corona unter Auflagen durchgängig angeboten. Auch verschiedene Kinderprogramme haben sich entwickelt. Der Kinderchor zum Beispiel fand einmal pro Woche statt und bestand aus Kindern mit und ohne Migrationshintergrund. Dabei wurden Lieder aus aller Welt einstudiert. Es bildete sich eine Gruppe von zirka zwölf Kindern. „Ein besonderes Highlight war der Auftritt bei einer Nikolausvorführung“, erinnert sich Riekert.

Auch die Mädchenzeit, in der unter anderem gebacken, gebastelt und getanzt wurde, sowie wöchentliche Cross-Fit-Stunden für Jungen waren Angebote für Kinder mit und ohne Migrationshintergrund. Außerdem gab es ein wöchentliches Angebot zum Musizieren auf dem Aktivspielplatz für Kinder zwischen sechs und zwölf Jahren. Auch ein Sprachtreff hat sich aus dem Begegnungscafé gebildet. Dabei wurde die deutsche Sprache in Kleingruppen und mit Tandempartnern geübt, während der Coronazeit wurde das auch online fortgeführt.

In den drei Jahren gab es viele besondere Aktionen.

Neben den regelmäßigen Veranstaltungen gab es auch so viele besondere Aktionen, dass man sie gar nicht alle aufzählen kann. Zum Beispiel haben Jugendliche bei einer Sommerferienaktion in Kooperation mit dem Wonnemar drei Liegestühle für je zwei Personen aus Vollholz gebaut. Ein besonderes Highlight war auch der Logowettbewerb. Es wurde ein Logo für das Weltcafé gesucht, die Rückmeldung hat Riekert sehr beeindruckt. „Es gab 181 Entwürfe für das Logo. Davon war ich total überwältigt.“ Außerdem gab es Themenabende für Eltern, Kochaktionen, spezielle Frauenzeiten und verschiedene kreative Aktionen und Wettbewerbe. Bei allen Veranstaltungen wurde die deutsche Sprache geübt.

Für viele Treffen war die Coronazeit auch eine besondere Herausforderung. Zum Teil mussten Veranstaltungen komplett eingestellt werden oder konnten nur nach Anmeldung und mit Hygienekonzept stattfinden. Dabei sei insgesamt die Arbeit der vielen ehrenamtlichen Helfer wichtig gewesen. „Nicht nur für deren Zeiteinsatz, sondern auch für die Empathie zum Thema muss man ihnen einfach danken“, sagt Scheffler-Duncker.

Konnte das Projektziel erreicht werden?

Das Ziel des Projekts war es, Begegnungen, niederschwellige Hilfen und Beteiligung von Menschen mit und ohne Flucht- oder Migrationshintergrund zu ermöglichen. Es sollte Menschen zusammenbringen, eine interkulturelle Plattform werden und eine multikulturelle Gesellschaft wertschätzen. Wurde dieses Ziel in den drei Jahren erreicht? Zum Teil, meint Scheffler-Duncker. „Jeder, der gerne und regelmäßig gekommen ist, zeigt den Erfolg. Außerdem haben wir vielen Menschen geholfen eine Wohnung zu finden, im Beruf Fuß zu fassen und einen Ausbildungs- oder Studienplatz zu bekommen.“ Sie hätte sich aber auch erhofft, dass noch mehr Menschen ohne Migrationshintergrund den Weg in das Weltcafé finden. Die Lage des Famfutur sei dafür aber nicht optimal gewesen. „Mein Wunsch wäre ein internationales Café gewesen. Zum Beispiel mitten in der Stadt, in dem Deutsche einfach für einen Kaffee vorbeischauen, ebenso wie Türken, Griechen oder Menschen mit Fluchthintergrund.“ Sie betont aber auch: „Wir wollen das Buch Weltcafé nicht schließen.“ Die Angebote, die gut liefen, werden nun von verschiedenen Trägern weitergeführt.

Diese Aktivitäten des Weltcafés werden weitergeführt

Begegnungscafé Das Internationale Begegnungscafé existiert bereits seit 2015 und wurde bei Projektbeginn an das Projekt Weltcafé angegliedert. Es soll auch weiterhin ein Ort des Kennenlernens, des Austauschs und der Begegnung sein. Die Stadt Backnang führt es gemeinsam mit mehreren Trägern weiter. Ansprechpartnerin ist Sandra Amofah, die Referentin für Integration und Flucht: E-Mail integration@backnang.de, Telefon 07191/894435.

Stammtisch Asyl Der Stammtisch Asyl ist eine Veranstaltungsreihe, die rund drei bis vier Veranstaltungen im Jahr durchgeführt hat. Es gab Informationen rund um das Thema Flucht. Weitergeführt wird sie von der Stadt Backnang und dem Kreisdiakonieverband (KDV). Ansprechpartner: Erkan Kocyigit, E-Mail integration@backnang.de, Telefon 07191/894369. Marion Scheffler-Duncker, E-Mail scheffler-duncker@evkibk.de, Telefon 07191/9796416.

Sprachtreff Der Sprachtreff startete als Hausaufgabenhilfe parallel im Begegnungscafé, später wurde vor allem die Anwendung der deutschen Sprache in Kleingruppen und Tandems, während Corona auch online, geübt. Den Sprachtreff übernimmt ebenfalls der KDV, Ansprechpartnerin ist ebenfalls Marion Scheffler-Duncker.

Mädchenzeit Bei der Mädchenzeit konnten Mädchen zwischen 15 und 27 Jahren mit oder ohne Fluchterfahrung teilnehmen. Die Mädchenzeit und die DIY-Reihe wird in die Mobile Jugendarbeit integriert (Verein Kinder- und Jugendhilfe). Ansprechpartner sind Tatjana Riekert und Ronja Focht, E-Mail mobilejugendarbeit@kinderundjugendhilfe-bk.de, Telefon 07191/986996.

Ferienprogramm Das Sommerferienprogramm für Jungen und Mädchen wird ebenfalls von der Mobilen Jugendarbeit (siehe Mädchenzeit) übernommen.

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Erstellt:
27. Juli 2021, 06:00 Uhr

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