Ende der Chaos-Tage: VfB will vorausblicken

dpa/lsw Stuttgart. Der VfB Stuttgart kündigt im Zuge der Datenaffäre zwei weiteren Mitarbeitern. Nun soll aber erst mal Schluss sein mit dem Chaos der vergangenen Monate, wie Vorstandsboss Hitzlsperger findet. Dabei dürfte es weiter turbulent bleiben.

VfB Stuttgarts Vorstandsvorsitzender Thomas Hitzlsperger steht vor dem Spiel im Stadion. Foto: Tom Weller/dpa

VfB Stuttgarts Vorstandsvorsitzender Thomas Hitzlsperger steht vor dem Spiel im Stadion. Foto: Tom Weller/dpa

Thomas Hitzlsperger zeigte häufig sein Lächeln. Nach vereinspolitisch schwersten Turbulenzen beim VfB Stuttgart will der Vorstandschef den Blick nun nach vorne richten. Zunächst verkündete der 38-Jährige am Freitag die sofortige Kündigung von zwei weiteren Mitarbeitern, die im Zentrum der Datenschutzaffäre gestanden hatten. Dann rief er ein Ende der Chaos-Tage beim Fußball-Bundesligisten aus. „Das Erfreuliche ist, dass wir jetzt einen Schlusspunkt setzen können“, sagte der Ex-Nationalspieler. „Das ist mein Anliegen: nach vorne zu blicken und die notwendigen Schritte einzuleiten, dass wir die Unsicherheiten hinter uns lassen.“

Nach dem monatelangen Machtkampf mit Präsident Claus Vogt, hausinternen Ermittlungen durch die Kanzlei Esecon, den Rücktritten von zwei Präsidiumsmitgliedern, den Abberufungen von zwei Vorständen und schließlich der Kündigung von zwei leitenden Angestellten soll nun also Schluss sein. Sagt Hitzlsperger. Der Ex-Profi berief sich bei seinem Fazit auf die Expertise einer Anwaltskanzlei, die den Esecon-Abschlussbericht zur Datenaffäre juristisch bewertet hatte. Hitzlsperger räumte ein, dass die Weitergabe etlicher Mitgliederdaten von 2016 bis 2018 „klar rechtswidrig“ gewesen sei. Weitere Datenweitergaben seien „datenschutzwidrig“ gewesen.

Was genau beim VfB in den vergangenen Jahren passiert ist, versuchte der Jurist Flemming Moos zu erläutern. Moos war der Video-Pressekonferenz ebenfalls zugeschaltet, er ist Teil jener Anwaltskanzlei, die die Esecon-Untersuchungen für die VfB AG rechtlich bewertet hat. Laut Moos wurden 2016, 2017 und 2018 insgesamt vier Emails vom VfB nach außen verschickt, jeder dieser Mails hingen unterschiedliche Mengen an Mitgliederdaten an. Es habe keinen „legitimen Zweck“ dafür gegeben, sagte Moos. „Wir sind uns im Klaren darüber, dass wir Transparenz herstellen müssen und wollen“, sagte Hitzlsperger.

Ein erster Schritt in diese Richtung soll laut des Vorstandsbosses die Veröffentlichung des Esecon-Abschlussberichts sein. Sein Plan: Der Bericht soll allen Interessierten in der Geschäftsstelle des Clubs zugänglich gemacht werden, dabei sollen personenbezogene Daten aus juristischen Gründen geschwärzt werden. Präsident Vogt hatte zuletzt eine Veröffentlichung des Berichts auf der Homepage gefordert. Wie es künftig überhaupt mit den beiden zerstrittenen Führungskräften Vogt und Hitzlsperger weitergehen kann, diese Frage versuchte der Vorstandsboss zu umschiffen.

Man komme nicht vom Fleck, solange man diese Diskussion führe, sagte Hitzlsperger. „Die persönliche Beziehung von uns Zweien darf nicht mehr im Mittelpunkt stehen“, sagte er. „Wir haben so viele Aufgaben, dass wir uns nicht mehr damit aufhalten sollten, über die Beziehung von zwei Menschen hier im Club zu sprechen.“ Tatsächlich wartet auf die Schwaben auch nach dem durch Hitzlsperger ausgerufenen Ende des Theaters in den nächsten Wochen jede Menge Arbeit.

Vermutlich Anfang nächster Woche wird der Landesdatenschutzbeauftragte bekanntgeben, wie hoch das Bußgeld für den VfB im Zuge der Datenschutzaffäre ausfällt. Nach den Abberufungen seiner beiden Vorstandskollegen Stefan Heim (Finanzen) und Jochen Röttgermann (Marketing) braucht Hitzlsperger außerdem zwei neue Vorstandskollegen. Das Präsidium um Vogt und Interims-Vize Rainer Adrion wird auf der Mitgliederversammlung im Sommer neu gewählt. Trotz allem soll laut Hitzlsperger nun der Sport in den Mittelpunkt rücken.

„Die Welle, auf der wir sportlich reiten, da wollen wir uns dran hängen“, sagte er. Als Tabellenzehnter haben die Stuttgarter den Klassenerhalt vor der Partie gegen den FC Schalke 04 am Samstag (15.30 Uhr/Sky) bereits so gut wie sicher. Alles andere möchte Hitzlsperger nun in den Hintergrund rücken. Die schweren Turbulenzen der vergangenen Monate hat er jedenfalls ganz gut verkraftet. „Ich bin seit 20 Jahren in der Öffentlichkeit. Ich habe schon öfter eine verbraten gekriegt, wenn ich schlecht Fußball gespielt habe“, sagte er. „Wer das nicht aushält, ist hier vielleicht fehl am Platz.“

© dpa-infocom, dpa:210226-99-608620/3

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Erstellt:
26. Februar 2021, 15:25 Uhr

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