Soziale Gerechtigkeit

Debatte über eine Reform der Erbschaftssteuer

Nicht nur die SPD auch einige CDU-Politiker und manche Bundesländer sehen „Handlungsbedarf“ bei der Ausnahmebedarf-Prüfung.

CDA-Bundesvorsitzender Dennis Radtke sieht bei der Besteuerung von Erbschaften Anlass zu Veränderungen.

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CDA-Bundesvorsitzender Dennis Radtke sieht bei der Besteuerung von Erbschaften Anlass zu Veränderungen.

Von Norbert Wallet

„Wir müssen endlich über eine ehrliche und verantwortliche Besteuerung von Erbschaften sprechen“, hatte SPD-Generalsekretär Tim Klüssendorf bereits vor zwei Wochen gefordert. Er hatte dabei ausdrücklich „nicht das Eigenheim oder die Altersvorsorge der Mittelschicht gemeint, sondern Millionenvermögen“. Der SPD-Politiker kündigte auch an, dass seine Partei das Thema in die Koalition tragen werde. Er hoffe, dass auch die Union die Notwendigkeit eines modernen und gerechten Erbschaftssteuerrechts in Deutschland erkenne.

Klüssendorf hatte allen Grund, die Partei nach einem eher verunglückten Bundesparteitag neu zu sammeln und auf ein Thema auszurichten, dass in der Sozialdemokratie unumstritten und hoch emotional besetzt ist. Die Debatte nimmt nun wieder an Fahrt auf, was auch daran liegen mag, dass sich jetzt zeigt, wie sehr der jüngst von Bundesfinanzminister Lars Klingbeil (SPD) vorgestellte Bundeshaushalt für 2026 auf finanzpolitischem Treibsand steht.

Niemand will an „Omas Häuschen“

Zudem zeigen Recherchen unserer Zeitung, dass auch in der Union die Blockade-Haltung in Steuerfragen nicht mehr so undurchdringlich ist, wie es zunächst schien. Der sozialpolitische Flügel der Union lässt durchblicken, dass die die Tür für Gespräche aufgestoßen werden könnten.

Der Bundesvorsitzende der Christlich-demokratischen Arbeitnehmerschaft (CDU), Dennis Radtke, macht im Gespräch mit unserer Zeitung klar, dass er bei der Erbschaftssteuer mit dem gegenwärtigen Zustand nicht glücklich ist: „Es gibt bei der Erbschaftssteuer Ausnahmetatbestände, die schlicht nicht mehr zu erklären sind. Die sogenannte Ausnahmebedarfsprüfung führt dazu, dass Milliardenvermögen übertragen werden ohne, dass Steuern dafür bezahlt werden müssen. An dieses Thema wollten schon viele Koalitionen ran. Hier besteht Handlungsbedarf“, sagt Radtke und markiert sogleich eine rote Linie, „ganz im Gegensatz zu Omas Häuschen oder der Übergabe eines mittelständischen Betriebes in die nächste Generation. Das muss weiter möglich sein, ohne dass wir an der Substanz rütteln. Bei den Steuererhöhungsfantasien, die in der SPD regelmäßig um sich greifen, muss klar sein, wo bei diesen Diskussionen die Grenze für uns ist.“ Das ist eine Position, die mit Äußerungen von SPD-Generalsekretär Tim Klüssendorf nicht unvereinbar ist.

Auch der sozialpolitische Sprecher der Unionsfraktion im Deutschen Bundestag, Marc Biadacz, schlägt keine Türen zu. Auf die Frage, ob eine Partei, die sich dem Grundsatz, dass sich Leistung lohnen müsse, verpflichtet fühle, nicht Handlungsbedarf bei der Erbschaftssteuer sehe, sagte er: „Die Diskussion über Erbschaften und große Vermögen berührt berechtigte Fragen von Leistungsgerechtigkeit und sozialer Balance. Dabei ist klar: Auch leistungsloses Einkommen muss sich der gesellschaftlichen Debatte stellen.“ Aber, so Biadacz: „Gerade in wirtschaftlich herausfordernden Zeiten dürfen wir diejenigen nicht zusätzlich belasten, die unternehmerische Verantwortung tragen, Arbeitsplätze schaffen, vorhandene Arbeitsplätze erhalten und mit ihrem Engagement unseren Wohlstand sichern.“ Die Union setze auf „eine nachhaltig wachstumsorientierte Politik, die Chancen schafft – durch bessere Bildung, starke Löhne, eine Tarifpartnerschaft auf Augenhöhe und gezielte Entlastung kleiner und mittlerer Einkommen.“

CDU diskutiert auch noch andere Steuerfragen

In der Debatte um die Erbschaftssteuer werden auch aus den Bundesländern Rufe nach einer Reform vernehmbar. Eine aktuelle Befragung der Plattform „The Pioneer“ kommt zum Ergebnis, dass sowohl Thüringen als auch Niedersachsen eine höhere Erbschaftssteuer fordern. Insofern geht die SPD-Fraktion nicht chancenlos in angekündigte Gespräche mit Union. Zumal dort auch gerade andere Steuerfragen noch lange nicht ausdiskutiert sind. Gerade erst hat der stellvertretende Bundesvorsitzende Andreas Jung in unserer Zeitung die schnelle Senkung der Stromsteuer für alle Verbraucher gefordert. Und Kulturstaatsminister Weimer hat in der Partei mit seiner Forderung nach einer zehnprozentigen Digitalsteuer für große Internetkonzerne Verblüffung ausgelöst.

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Erstellt:
5. August 2025, 16:04 Uhr

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