Demonstranten fordern: Millionen für die Hochschulen

dpa/lsw Stuttgart. Volle Hörsäle, wenig Geld: Rektoren und Studenten sind sich einig, dass die Unis viel mehr Mittel brauchen. Weil die Landesregierung nicht mitzieht wie gewünscht, sind die Hochschulrektoren jetzt kreativ geworden - und hoffen auf Millionen von Automobilkonzernen.

Studierende sitzen in einem Hörsaal. Foto: Peter Kneffel/dpa/Archivbild

Studierende sitzen in einem Hörsaal. Foto: Peter Kneffel/dpa/Archivbild

In zehn Städten in Baden-Württemberg sind am Mittwoch Tausende Studenten für mehr Geld für Universitäten auf die Straße gegangen. „Beenden Sie die Unterfinanzierung der Hochschulen und werden Sie Ihrer Verantwortung gerecht“, forderte die Studentin Johanna Ehlers auf einer Kundgebung in Stuttgart die Landesregierung auf. Wolfram Ressel, Rektor der Universität Stuttgart und Mitglied der Landesrektorenkonferenz, schlug vor, Geld aus den Dieselskandal-Strafzahlungen von Automobilkonzernen für die Hochschulen zu verwenden.

Derzeit wird über einen neuen Vertrag der staatlichen Hochschulen mit dem Land verhandelt, der die Finanzierung für die Jahre 2021 bis 2025 regelt. Zurzeit bekommen die Hochschulen rund drei Milliarden Euro pro Jahr. Geplant ist, pro Jahr zusätzliche Mittel zu geben, die von 127 Millionen Euro (2021) auf 533 Millionen Euro (2025) ansteigen.

Viel zu wenig, finden Hochschulrektoren, Gewerkschaften und Studenten. Denn die Hochschulen haben mit zusätzlichen Kosten - etwa für die Digitalisierung oder für neue Aufgaben wie die Umsetzung der Datenschutzgrundverordnung - zu kämpfen, wie der Vorsitzende der Landesrektorenkonferenz, Bernhard Eitel, mitteilte. Allein die Betriebskosten würden jährlich um rund 45 Millionen Euro steigen. „Wir werden sicherlich Kürzungen durchführen müssen“, sagte Wolfram Ressel auf einer Kundgebung auf dem Campus in Stuttgart. Die Hochschulen seien in den vergangenen Jahren „gewachsen wie wahnsinnig“. Jahrelang sei gespart worden, so der Vorwurf.

93 Prozent der wissenschaftichen Mitarbeiter seien schon jetzt befristet beschäftigt, beklagte Cendrese Sadiku von der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft. Peter Schadt von der DGB Hochschulgruppe Stuttgart sagte, wegen des Spardrucks werde überall privatisiert, etwa würden Reinigungspersonal und Mensamitarbeiter „outgesourced“, um Tariflöhne zu umgehen. Die Rektorenkonferenz rechnet mit einem zusätzlichen Bedarf von rund 500 Millionen Euro pro Jahr.

Das Wissenschaftsministerium teilte mit, die Hochschulen würden damit allein für 2020 so viel fordern, wie allen Ressorts miteinander zusätzlich für 2020 und 2021 zur Verfügung stehe. Wissenschaftsministerin Theresia Bauer (Grüne) kündigte an, sie werde im Landtag für weitere Mittel für die Hochschulen kämpfen.

Mehr als „ein paar Milliönchen“ könne man so aber wohl nicht mehr dazugewinnen, sagte Ressel. Aber es gebe ja noch die Strafzahlungen von Daimler und Porsche. „Wir fordern: Pro Jahr 100 Millionen Euro an die Universitäten von diesem Geld!“ Damit wären die nächsten fünf Jahre gesichert, sagte er. Daimler war wegen Verwicklungen in den Dieselskandal zu einer Strafe von 870 Millionen Euro verdonnert worden, Porsche zu 535 Millionen Euro. Die Wissenschaftsministerin bekräftigte, sie setze sich dafür ein, dass auch die Hochschulen als Innovationstreiber von den Mitteln profitieren.

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Erstellt:
30. Oktober 2019, 16:55 Uhr

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