Den Kindern etwas zutrauen

23 Jahre lang hat Heinz Harter die Backnanger Max-Eyth-Realschule als Rektor geprägt, nun geht er in den Ruhestand. Der 65-Jährige ist davon überzeugt, dass Schule mehr sein muss als ein Ort der Wissensvermittlung.

Den ganzen Menschen im Blick haben – das war Heinz Harter wichtig. Der Rektor der Max-Eyth-Realschule wollte seinen Schülern nicht nur Lernstoff vermitteln, sondern sie auch in ihrer Persönlichkeitsentwicklung unterstützen.Foto: A. Becher

© Alexander Becher

Den ganzen Menschen im Blick haben – das war Heinz Harter wichtig. Der Rektor der Max-Eyth-Realschule wollte seinen Schülern nicht nur Lernstoff vermitteln, sondern sie auch in ihrer Persönlichkeitsentwicklung unterstützen.Foto: A. Becher

Von Kornelius Fritz

Backnang. Wenn Heinz Harter in Backnang unterwegs ist, dann wird er oft angesprochen: „Herr Harter, erinnern sie sich noch an mich?“ Manchmal muss er zweimal hinschauen oder nachfragen, bis er genau weiß, wer da vor ihm steht. Aber der Rektor der Max-Eyth-Realschule freut sich jedes Mal, wenn er ehemalige Schülerinnen und Schüler trifft und er ist neugierig, was aus ihnen geworden ist. Vor allem, wenn es solche sind, die während ihrer Schulzeit Stammgast bei ihm im Rektorat waren und ihn jede Menge Zeit und Nerven gekostet haben. Wenn er dann, Jahre später, erfährt, dass sie ihren Weg gegangen sind, dass sie inzwischen selbst Kinder haben oder in ihrem Beruf erfolgreich sind, erfüllt ihn das mit großer Zufriedenheit. „Dann weiß ich, dass sich unser Einsatz und unsere Mühen gelohnt haben.“

Heinz Harter gehört nicht zu denjenigen, die aus Liebe zur deutschen Lyrik oder wegen ihrer mathematischen Begabung Lehrer geworden sind. Es war der Wunsch, mit Kindern und Jugendlichen zu arbeiten, der ihn diesen Beruf ergreifen ließ. Schon als Jugendlicher engagierte sich der gebürtige Backnanger in der kirchlichen Jugendarbeit, leitete Jungschargruppen und arbeitete bei den Mönchhof-Freizeiten des Evangelischen Jugendwerks mit. „Das hat mich mehr geprägt als mein Studium“, sagt er rückblickend. Die Wahl der Fächer fiel ihm dann nicht schwer: Deutsch, Geschichte und Gemeinschaftskunde – das hatte ihn schon in der eigenen Schulzeit am meisten interessiert.

Heinz Harters erste Station war das Bize in Weissach

Harters erste Station nach dem Studium war Anfang der 1980er-Jahre Weissach im Tal. Das Bize war damals eine von vier Gesamtschulen im Land. In einem Modellversuch wurde dort das schulartübergreifende Lernen erprobt. Als ihn das Staatliche Schulamt an die Riesenschule mit rund 1700 Schülern schickte, war Harter zunächst nicht begeistert, doch heute sagt er: „Diese Zeit war für meine weitere berufliche Entwicklung sehr entscheidend.“ Die Zusammenarbeit auf Augenhöhe mit Lehrern von anderen Schularten und die individuelle Förderung der Schülerinnen und Schüler habe er als sehr bereichernd empfunden: „Die Schule war innovativ und es gab eine Vision.“

Bald spürte Heinz Harter den Wunsch, seine Idee von Schule auch in leitender Funktion umzusetzen. Nach vier Jahren als Konrektor an der Lautereck-Realschule in Sulzbach an der Murr kam er 1998 als Schulleiter an die Max-Eyth-Realschule. Doch so reizvoll die Führungsposition auch war, so sehr vermisste er anfangs den gewohnten Lehrer-Alltag: „Nicht mehr Klassenlehrer sein zu können, war für mich ein hoher Preis, der mir nicht leichtgefallen ist“, erinnert er sich.

Gleichzeitig sah er aber die Chancen, die seine neue Position bot. Harter wollte eine Schule, die mehr ist als ein Ort der Wissensvermittlung. Er wollte die Kinder in ihrer persönlichen Entwicklung bestärken, ihre sozialen Fähigkeiten fördern und ihnen etwas zutrauen. So entwickelte er zusammen mit Schülern, Lehrkräften und Eltern eine Max-Eyth-Charta, die bis heute auf einem großen Plakat im Foyer der Schule hängt. Darin stehen Sätze wie dieser: „Als Schule sind wir eine Gemeinschaft von Menschen, die sich gegenseitig helfen und niemanden ausgrenzen. Wir stehen Schwächeren zur Seite.“

Er hat viele soziale Projekte gestartet

Harter hat sich dafür eingesetzt, dass es nicht bei schönen Worten blieb: „Soziales Engagement als Teil des Schulprogramms war mir immer wichtig“, erzählt er. Zusammen mit dem Lions-Club startete er ein Projekt, das soziale Kompetenzen fördert. Er ließ Schüler zu Streitschlichtern ausbilden und Achtklässler Patenschaften für die neuen Fünfer übernehmen. „Ich finde es wichtig, dass Kinder Aufgaben für die Schulgemeinschaft übernehmen, an denen sie wachsen können“, sagt der Rektor. Auch im Ganztagesbetrieb gibt es an der Max-Eyth-Realschule jede Menge Ämter und Posten – vom Pausenmentor bis zum Schulsanitäter. Harter ist überzeugt, dass sich die sozialen Kompetenzen und das Selbstvertrauen, das die Kinder durch solche Aufgaben erwerben, auch positiv auf ihren Lernerfolg auswirken.

Seit Heinz Harter Schulleiter ist, haben rund 3000 Schülerinnen und Schüler die Max-Eyth-Realschule verlassen, nun geht der Rektor selbst. „Ich hätte mir einen günstigeren Zeitpunkt gewünscht“, gibt Harter zu. Denn die Coronapandemie hält Schülerschaft und Kollegium weiterhin in Atem: „Die letzten eineinhalb Jahre waren die intensivsten während meiner gesamten Tätigkeit.“ Heinz Harter ist deshalb froh, dass sein Nachfolger Timm Ruckaberle die Max-Eyth-Realschule schon bestens kennt: Seit 2014 ist er dort Konrektor.

Mit Geschichte will er sich weiter beschäftigen

Für Heinz Harter beginnt mit den Sommerferien ein ruhigeres Leben, auf das er sich nach 42 Jahren im Schuldienst freut. In seiner Wohnung stehen Renovierungsarbeiten an, zwei Enkel freuen sich auf mehr Zeit mit dem Opa und auch mit Geschichte will sich der Historiker weiterhin beschäftigen, in welcher Form auch immer.

Und dann ist da noch ein Projekt, für das er schon als Schulleiter verantwortlich war: die Backnanger LiteraTour. Die elfte Auflage ist für November 2022 geplant, Harter ist seit 2016 Mitglied im Leitungsteam. Bisher musste er das einwöchige Lesefestival nebenbei organisieren. Das sei aber kaum zu schaffen gewesen, sagt der 65-Jährige. Jetzt hat er Zeit dafür und freut sich drauf.

Heinz Harter
war mit Leidenschaft Lehrer „Nicht mehr Klassenlehrer sein zu können, war für mich ein hoher Preis, der mir nicht leichtgefallen ist.“
Heinz Harter

Ausbildung Heinz Harter, der in Sachsenweiler aufgewachsen ist, war selbst Realschüler. Nach der Mittleren Reife an der Schickhardt-Realschule machte er Abitur am Wirtschaftsgymnasium.

Stationen Nach dem Lehramtsstudium an der Pädagogischen Hochschule war Harter ab 1980 Lehrer am Bize im Weissacher Tal. 1994 wechselte er als Konrektor an die Lautereck-Realschule nach Sulzbach an der Murr, vier Jahre später wurde er Schulleiter an der Max-Eyth-Realschule. Ab 2016 war Harter zudem als geschäftsführender Schulleiter Sprecher aller Backnanger Schulen.

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Erstellt:
24. Juli 2021, 16:00 Uhr

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