Zugunglück bei Riedlingen
Der heikle Einsatz von Trümmerhund Raya
41 Verletzte und drei Tote haben die Rettungskräfte aus den Trümmern des verunglückten Zugs geborgen. Am Ende sichern Rettungshunde, dass niemand vergessen wurde.

© Rettungshundestaffel der Feuerwehr Ulm
Der Einsatz in den völlig zerstörten Triebwägen ist für die Tiere nicht ungefährlich.
Von Eberhard Wein
Für Hündin Raya und ihre Artgenossen ist es einer der bisher schwierigsten Einsätze gewesen. Bei dem schweren Zugunglück am Sonntagabend bei Riedlingen (Kreis Biberach) sollten die Suchhunde sicherstellen, dass die Rettungskräfte keine Verletzten übersehen hatten. Jeweils eine Stunde lang schnüffelten sich die speziell für solche Einsätze trainierten Tiere durch die Trümmer des Regionalexpress 55, der vermutlich nach einem Hangrutsch beim Riedlinger Teilort Zell entgleist war. Dann konnte die Chefin der Rettungshundestaffel der Ulmer Feuerwehr, Amrei Oellermann (37), Entwarnung geben.
Für drei Menschen – den Zugführer, einen Auszubildender und eine 70-jährige Passagierin, die beim nächsten Halt aussteigen wollte – kam jede Hilfe zu spät. Die übrigen 41 Verletzten wurden auf umliegende Kliniken aufgeteilt. Allein im Ulmer Bundeswehrkrankenhaus kamen 14 Verletzte unter. In der Uniklinik wurden zehn Verletzte behandelt, im Sana-Krankenhaus des Kreises Biberach sieben. Dort waren nach der Ausrufung des so genannten Massenanfalls an Verletzten innerhalb kurzer Zeit 250 Mitarbeiter aus dem Wochenende zum Helfen gekommen.
Auf Steckleitern ins Innere
Der Einsatz der Rettungshunde sei eine „Gratwanderung“ gewesen, sagte Oellermann. Einerseits müssen die Hunde eigenständig arbeiten, andererseits müsse der Rettungshundeführer darauf achten, dass sich die Tiere nicht verletzen. Auf den Steckleitern der Feuerwehr mussten die Hunde ins Innere gelangen. An vielen Stellen habe es scharfe Kanten gegeben, die teils bei dem Unfall entstanden waren, teils von der Feuerwehr bei ihren Rettungsaktionen hinterlassen wurden. Immer wieder hatten die Helfer Verletzte frei schneiden müssen.
Überall hätten Koffer und Fahrräder herumgelegen, sagte Oellermann. Zudem waren Fenster geborsten. Zum Schutz vor den Splittern trugen die Hunde außerdem spezielle Schuhe für die Pfoten. Für all diese Anforderungen seien die Trümmerhunde trainiert worden. Allerdings seien die Aufgaben und Bedingungen, unter denen sie arbeiteten, immer wieder anders.
20 Tiere sind am Unfallort
Auch entlang der Böschung suchten Hunde nach Verletzten. Es komme immer wieder vor, dass Menschen im Schockzustand und unter Adrenalin nach einem solchen Unfall herausliefen und das Weite suchten. „Wir haben deshalb sehr großräumig das Gelände abgesucht.“ Dabei kamen auch drei Rettungshundestaffeln aus Biberach, unter anderem vom dortigen Roten Kreuz, zum Einsatz. Insgesamt seien 20 Tiere am Unfallort gewesen.
Gefunden wurde aber niemand. Um den Hunden dennoch ein Erfolgserlebnis zu bescheren und ihre Motivation hoch zu halten, versteckten sich am Ende einige Feuerwehrleute im Gebüsch. Es war eine der wenigen Szenen, bei denen sich die Anspannung unter den tierischen wie menschlichen Rettungskräften ein wenig lösen konnte.