Der Kampf um die Kernener Bürger

Drei Wochen vor der Bürgermeisterwahl: So positionieren sich die Kandidaten Stefan Altenberger und Benedikt Paulowitsch

Benedikt Paulowitsch

© Benjamin Büttner

Benedikt Paulowitsch

Von Sebastian Striebich

KERNEN IM REMSTAL. In 18 Tagen wird in Kernen der Bürgermeister gewählt. Herausforderer Benedikt Paulowitsch hat das Interesse der Menschen in Stetten und Rommelshausen geweckt. Er setzt vor allem auf das Thema Bürgerbeteiligung. Amtsinhaber Stefan Altenberger will Paulowitsch dieses Feld nicht überlassen.

Die bevorstehende Bürgermeisterwahl ist das Gesprächsthema Nummer eins in Kernen, ob auf der Straße, am Stammtisch oder im sozialen Netzwerk Facebook. Manche finden: Nach 16 Jahren mit ein und demselben Bürgermeister wird es Zeit für einen neuen Rathauschef. Andere sagen: Abwählen wäre totaler Quatsch, es läuft doch super. Und wieder andere freuen sich, überhaupt eine Wahl zu haben.

Bis kurz vor Bewerberschluss am 2. September war das nicht abzusehen. Schließlich sah es lange danach aus, als wage es niemand, gegen Amtsinhaber Stefan Altenberger (55) anzutreten. Doch mit Benedikt Paulowitsch (31), Regierungsrat im Innenministerium, bewirbt sich nun ein Verwaltungsexperte, der – das lässt sich knapp drei Wochen vor der Wahl schon sagen – auf reges Interesse bei den Bewohnern von Kernen stößt. Der junge Mann, der ursprünglich aus Herrenberg stammt, hatte in der vergangenen Woche zu zwei Bürgerdialogen eingeladen. Schon im Stettener Burgstüble war der Andrang groß. Tags darauf musste der 31-Jährige seine Veranstaltung in Rommelshausen vom Gasthaus Lamm ins Bürgerhaus hochverlegen. Dort lauschten ihm dann rund 150 Bürger, stellten Fragen, machten teilweise auch ihrem Ärger Luft.

Paulowitsch hat für das Land Baden-Württemberg bereits in Berlin gearbeitet, war SPD-Fraktionsreferent im Verbindungsbüro des Deutschen Bundestags bei der EU in Brüssel und ist nun Regierungsrat bei Innenminister Thomas Strobl in Stuttgart. Auch wenn er bislang nur in der großen Politik tätig war – im Wahlkampf steht für ihn die Beteiligung der Bürger im Mittelpunkt. Gemeinsam mit ihnen möchte er eine Strategie entwickeln, wie sich die Ortschaften in den kommenden Jahren entwickeln sollen, Schlagwort: „Kernen 2035“. Der markanteste von Paulowitschs Wahlsprüchen lautet: „Ein guter Bürgermeister weiß, dass auch andere gute Ideen haben.“ Kernener, die das Gefühl haben, wichtige Entscheidungen würden übe ihren Kopf hinweg getroffen, spricht das besonders an.

Kein Wunder, dass Bürgermeister Stefan Altenberger dieser Tage besonders oft erwähnt, wie zahlreich die Bürgerbeteiligungsprozesse in seiner Amtszeit waren, oder in einem Facebook-Beitrag explizit auf die gute Idee einer Bürgerin hinweist. Diese hatte vorgeschlagen, Hundetoiletten an einem Spazierweg aufzustellen – was die Gemeinde umsetzte. Die Nachricht, die Altenberger aussendet, lautet: In Kernen werden die Bürger doch längst ernst genommen! Bürgernähe zu zeigen, fällt ihm im Jahr der Remstal-Gartenschau mit zahlreichen großen Veranstaltungen in Kernen ohnehin leicht.

Auf den klassischen Straßenwahlkampf verzichtet er dennoch nicht: Am Samstagmorgen kam, wer wollte, vor dem Rewe-Markt in Stetten mit ihm ins Gespräch. Stand heute geht der 55-jährige Familienvater als Favorit ins Rennen. Er ist seit 16 Jahren im Amt, das verschafft ihm einen großen Wissensvorsprung bei Kernener Themen vor seinem Herausforderer. Seine starke Bilanz liefert Altenberger Argumente für seine Wiederwahl – Kernen steht gut da, ist schuldenfrei trotz hoher Investitionen. Das bestreitet auch Herausforderer Paulowitsch nicht – wobei der 31-Jährige natürlich betont, dass für die gute Lage einer Gemeinde ja nicht allein der Bürgermeister verantwortlich sei.

Die beiden weiteren Kandidaten werden bei der Besetzung des Chefsessels im Rathaus keine große Rolle spielen, es sei denn auf indirektem Wege: Sollte es den Dauerkandidaten Samuel Speitelsbach (32) und Thomas Hornauer (59) gelingen, so viele Stimmen auf sich zu vereinen, dass keiner der beiden oben genannten Bewerber die 50-Prozent-Marke knackte, käme es zu einem zweiten Wahlgang. Das ist das erklärte Ziel von Thomas Hornauer, dem Ex-Fernsehmacher und Betreiber eines „Lichtkristallzentrums“, der bereits erfolglos in Plüderhausen, Welzheim, Urbach und Remshalden angetreten ist und dessen Wahlwerbung überwiegend aus Monologen besteht, die er in die Frontkamera seines Smartphones spricht, um sie dann ins Netz zu stellen.

Samuel Speitelsbach ist in Kernen bislang nicht öffentlich aufgetreten. Einen Auftritt bei der Kandidatenvorstellung der Gemeinde hat er bereits abgesagt. Bei den Wählern unzähliger anderer Ortschaften fiel er allerdings stets krachend durch mit seinen teils hetzerischen und rechtsextremen, teils schlicht irrsinnigen Auftritten.

Stefan Altenberger. Fotos: B. Büttner

© Benjamni Büttner

Stefan Altenberger. Fotos: B. Büttner

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Erstellt:
11. September 2019, 16:00 Uhr

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