Der nasse Frühling bereitet Landwirten Probleme

Dieses Frühjahr hat es vergleichsweise viel geregnet. Das hat den Landwirten, ausgenommen den Wengertern, einige Probleme beschert. Inzwischen hat sich das Wetter ins Gegenteil verkehrt. Die Trockenheit bringt die Bauern erneut ins Schwitzen.

Landwirt Markus Fischer prüft den Weizen auf seinem Feld. Für die Flachwurzler wäre es gut, wenn es bald wieder regnet. Foto: Tobias Sellmaier

© Tobias Sellmaier

Landwirt Markus Fischer prüft den Weizen auf seinem Feld. Für die Flachwurzler wäre es gut, wenn es bald wieder regnet. Foto: Tobias Sellmaier

Von Anja La Roche

Rems-Murr. Grundsätzlich ist viel Niederschlag angesichts des sinkenden Grundwasserspiegels ein Segen für die Landwirtschaft. Doch der nasse Frühling dieses Jahr hat den Bauern in der Region auch einige Herausforderungen beschert. Nicht umsonst lautet eine Bauernregel: „Ein feuchter März ist des Bauern Schmerz.“ Lediglich die Wengerter stimmen nicht in das Klagelied um den feuchten Frühling ein.

Im März hat die Wetterstation in Großerlach-Mannenweiler 167 Prozent Niederschlag gemessen, verglichen mit dem vieljährigen Mittel von 1961 bis 1990, dem üblichen Referenzrahmen für Wetterdaten. 167 Prozent vom sonst üblichen Maß, das ist enorm viel. Auch der April zeigte sich sehr regenreich. 116 Prozent verglichen mit dem vieljährigen Mittel wurden gemessen. Schließlich kam auch die erste Maihälfte noch recht regnerisch daher. Was bedeutet das für die Ernte?

Zu beachten ist: Was die Landwirte unserer Redaktion berichten kann von den Erfahrungen anderer Landwirte abweichen, da die Anbaumethoden, der Boden und der Standort unterschiedlich sind.

Markus Fischer ist konventioneller Landwirt in Backnang-Oberschöntal. Weizen, Gerste, Raps, Sojabohnen und Mais baut er auf seinen Feldern an. Weil der Frühling so nass war, konnten er und seine Mitarbeiter erst verspätet mit schwerem Gerät auf den Acker fahren, um zu düngen und säen. Denn wenn die obere Bodenschicht nicht trocken ist, verdichten die Maschinen den Boden, machen ihn kaputt. Weil der Boden dieses Jahr lange Zeit nicht trocknete, hat sich die Aussaat von Sojabohne und Mais nach hinten verlagert. „Da gibt es auf jeden Fall Ertragseinbußen“, ist sich Fischer sicher. Auch das Gras wäre normalerweise früher für die Rinderfütterung von der Wiese geholt worden. „Dem alten Gras fehlen jetzt die Inhaltsstoffe.“

Der viele Regen begünstigt außerdem Pilzkrankheiten im Getreide. Die Pilze gedeihen besonders gut in feuchtem Milieu. Normalerweise behandelt Markus Fischer erst im Nachhinein den Pilz im Getreide, das reiche aus. Dieses Jahr hat er sich dafür entschieden, präventiv die Pflanzen mit Fungiziden zu bespritzen. „Da ist man nicht drum herumgekommen“, sagt er.

Und schließlich erzählt Fischer noch von einem weiteren Problem: Im Regen fliegen die Bienen nicht, das heißt, sie naschen nicht an den Rapsblüten und bestäuben diese folglich auch nicht. „Das habe ich noch nie erlebt, dass es die ganze Blütezeit durch regnet“, sagt der Oberschöntaler. Wie sich das auf den Ertrag auswirken wird, kann er allerdings noch nicht einschätzen.

Auch der Obstbauer Martin Körner aus Backnang-Strümpfelbach hätte sich einen trockeneren Frühling gewünscht – auch wenn er jetzt angesichts der Trockenperiode froh um den vielen Regen ist. „Ein trockenes Frühjahr ist eigentlich schick, denn dann kann sich die Blüte richtig entwickeln und die Bienen kommen“, erklärt er.

Das nasse Frühjahr hingegen hat ihm zusätzliche Arbeit beschert, denn auch seine Tafeläpfel sind anfällig für Pilzinfektionen. „Das ist relativ stressig, weil die Möglichkeiten der Bekämpfung beschränkt sind“, erklärt Körner. Er könne lediglich prophylaktisch handeln, da es kaum systemische Pflanzenschutzmittel gebe. Systemisch ist der Schutz dann, wenn er sich im ganzen Organismus der Pflanze verteilt.

Für Körner bedeutete das, extrem aufmerksam zu bleiben und den Wetterbericht genaustens zu verfolgen. Denn hätte er kurz vor dem nächsten Regen das Fungizid aufgebracht, wäre es wieder weggespült worden. Trotz der pilzfreundlichen Bedingungen blickt der Obstbauer aber positiv auf das Frühjahr zurück. „Wir arbeiten nach dem Wetterbericht und jede Vorhersage, die einen Niederschlag angekündigt hat, hat auch Niederschlag gebracht“, sagt er. Dadurch habe sich keine Behandlung als unnötig entpuppt.

Dennoch erwartet Martin Körner eine eher schlechte Ernte, weil der späte Frost den Blüten geschadet haben könnte.

Bei den Wengertern hat der Frost keinen Schaden angerichtet, denn der Wein wächst später als beispielsweise die Äpfel. Für den Weinbau seien die regenreichen Monate sehr gut gewesen, berichtet Günther Ferber, Vorstandsvorsitzender der Weingärtnergenossenschaft Aspach. Dadurch füllten sich die Grundwasserspeicher nach dem trockenen Winter etwas auf und auch die Grundfeuchte im Boden sei bislang zufriedenstellend. Dennoch gibt Ferber zu bedenken: „Die Wasservorräte in den tieferen Ebenen werden immer weniger.“

Auch die Pilzinfektionen sind beim Weinbau im Frühjahr noch kein Problem. Deshalb zeigt sich Ferber zufrieden: „Man sieht keine Erkrankungen bei uns, es sieht alles sehr gut aus.“ Lediglich die jungen Pflanzen hätten erst etwas später gepflanzt werden können, aus gleichem Grund wie bei den Ackerbauern: Auf nassem Boden zu arbeiten hätte diesen geschädigt.

Der nasse Frühling ist vorbei, die Pflanzen gedeihen. Da bahnt sich für die Bauern bereits das nächste Problem an: ein trockener Sommer. Dem Weizen fehle bereits das Wasser, klagt Markus Fischer. Wenn es eine weitere Woche nicht regnet, geht er davon aus, dass die Körner kleiner bleiben und notreif werden. Auch Renate Körner, ebenfalls konventionelle Landwirtin in Oberschöntal, rechnet mit einer ertragsarmen Noternte bei Gerste und Weizen. „Es wird jedes Jahr schwerer“, beklagt sie sich. „Es fehlt die ganze Struktur von Frühjahr, Sommer, Herbst und Winter.“

Der Obstbauer Martin Körner blickt ebenfalls mit Sorge auf die kommende Zeit. „In der Zellteilungsphase, wenn die Äpfel wachsen, ist Niederschlag gut. Wenn ich meine Bewässerungsanlage anschmeißen muss, das wäre teuer“, sagt er.

Günter Ferber blickt mit einer etwas kleineren Sorgenfalte auf einen potenziell trockenen Sommer: „Zwei Wochen halten wir schon noch aus.“ Die Weinrebe sei kein Flachwurzler wie das Getreide. Und aufgrund der derzeit bestehenden guten Gesamtgrundfeuchte hofft er mit dem Anbau so gut durchzukommen wie 2022.

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Erstellt:
6. Juni 2023, 06:00 Uhr

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