Der Rohbau des Pumpwerks ist bald fertig

Die halbseitige Sperrung der Talstraße in Backnang kann voraussichtlich Anfang Dezember beendet werden. Das Pumpwerk ist ein wichtiger Bestandteil des innerstädtischen Hochwasserschutzes. Die drei Hochleistungspumpen sind jedoch frühestens Ende 2022 einsatzbereit.

Das neue Pumpwerk wächst täglich ein Stück. Gestern wurden erneut Betonarbeiten erledigt.Foto: A. Becher

© Alexander Becher

Das neue Pumpwerk wächst täglich ein Stück. Gestern wurden erneut Betonarbeiten erledigt.Foto: A. Becher

Von Matthias Nothstein

Backnang. Die Arbeiten am innerstädtischen Hochwasserschutz sind äußerst komplex. Zu sehen ist dies vor allem am Beispiel der Talstraße. Dort wird seit Jahren daran gearbeitet, eine Überschwemmung wie etwa jene vom 13. Januar 2011 in Zukunft zu verhindern. Aktuell wird im Bereich Biegelwehr das Hochwasserpumpwerk Nummer 5 gebaut. Es beinhaltet drei Hochleistungspumpen, die im Falle eines Hochwassers zusammen 2700 Liter Wasser pro Sekunde aus den Abwasserkanälen in die Murr pumpen können. Die Pumpen sorgen dafür, dass die Kanäle selbst dann nicht volllaufen, wenn der Murrpegel bei einem Hochwasser um mehrere Meter ansteigt und die Abwasserleitungen ihre Fracht nicht über das normale Gefälle in den Fluss ableiten können. Die Pumpen befördern das anströmende Wasser der Kanäle dann in die Murr und verhindern so, dass aufgestautes Wasser aus den Gullys in die Straßen und über die eigentlichen Abflüsse in die Keller strömt.

In der Vergangenheit ist in der Talstraße schon vieles fertiggestellt worden. So wurde die Aspacher Brücke erhöht, sie stellt für künftige Fluten kein Hindernis mehr dar. Auch wurden Dämme entlang des Ufers betoniert, sie reichen inzwischen fast lückenlos von der Sulzbacher Brücke bis zum Tesat-Gelände.

Aktuell ist nun das Pumpwerk beim Biegelwehr an der Reihe. Das Projekt begann Anfang Juli mit dem Einbau von etwa 100 Spundwänden, von denen jede knapp neun Meter lang ist. Das unterirdische Pumpenhaus selbst ist 18,3 Meter lang, 4,3 Meter breit und 6,5 Meter tief. Es liegt je zur Hälfte in der Murrböschung und unter dem Fuß-/Radweg entlang der Murr.

Die Gesamtkosten für den Neubau des gewaltigen Pumpwerks sowie für weitere Hochwasserschutzmaßnahmen im Bereich des Regenüberlaufbeckens und die Erneuerung einer Brücke über den Mühlkanal im Bereich der Gebäude Talstraße 27 und 29 belaufen sich auf etwa 2,2 Millionen Euro.

Der Verkehr wird seit dem Baubeginn im Sommer mit Ampeln geregelt und einspurig an der Baustelle vorbeigeleitet. Die halbseitige Sperrung der Talstraße für den öffentlichen Verkehr im Bauabschnitt bleibt bis voraussichtlich Anfang Dezember bestehen. Laut dem Backnanger Tiefbauamtsleiter Lars Kaltenleitner hat es sich bewährt, den Verkehr ampelgesteuert einspurig am Baustellenbereich vorbeizuführen. Zwei Punkte sprechen dafür: Erstens ist die Verkehrssicherheit für die Bauarbeiter erhöht. Zweitens kann durch die Regelung die Baustelle schneller beendet werden. Zur Erinnerung: Ursprünglich sollte die Straße lediglich bis Ende September halbseitig gesperrt bleiben. Nun lobt Kaltenleitner auch die auf solche Bauwerke spezialisierte Firma Fritz Müller: „Ich bin sehr zufrieden mit dem Baufortschritt und zuversichtlich, dass die Talstraße im Advent wieder zweispurig befahrbar ist.“ Sobald die Randsteine gesetzt sind, wird der gesamte Streckenabschnitt vom Mühlkanal bis zum bereits sanierten Straßenbereich auf etwa 80 Metern Länge neu asphaltiert. Dazu muss allerdings an einem Wochenende im Dezember die Straße von Freitagmorgen bis Sonntag komplett gesperrt werden. Danach kann der Verkehr wieder zweispurig fließen.

Aber auch danach sind die Arbeiten längst noch nicht beendet. Für den Hochwasserschutz wird entlang der Murr auf einer Länge von 40 Metern eine ein Meter hohe Hochwassermauer betoniert und damit die letzte Mauerlücke geschlossen. Kaltenleitner stellt jedoch klar: „Für diese Arbeiten müssen die Fahrbahnen auf der Talstraße höchstens etwas eingeengt werden.“ Zudem wird parallel zum Mühlkanal ein 70 Meter langer Hochwasserdamm gebaut. Bei einem künftigen Hochwasserfall werden die beiden Lücken zwischen dem Hochwasserdamm und den Hochwassermauern mit einem mobilen Dammbalkensystem geschlossen. Dann kann die Murr von dieser Barriere bis zu der Barriere kurz vor der Aspacher Brücke aus ihrem Flussbett sprudeln, ohne Schaden anzurichten.

Eines jedoch betont Markus Dohmann, der bei der Stadt für das Projekt verantwortlich ist: „Der Hochwasserschutz in diesem Bereich funktioniert im optimalen Fall erst Ende nächsten Jahres, realistisch ist aber eher Mitte des Jahres 2023.“ Der Grund hierfür: Bislang wurde nur der Rohbau des Pumpwerks erstellt. Der Einbau der eigentlichen Pumpen und der Maschinen- und Elektrotechnik wird sich noch über das ganze nächste Jahr ziehen. Mindestens.

„Ich bin sehr zufrieden mit dem Baufortschritt und zuversichtlich, dass die Talstraße im Advent wieder zweispurig befahrbar ist.“ Lars Kaltenleitner,
Leiter des Tiefbauamts Backnang
Aktuelle Hochwasserschutzmaßnahmen in der Talstraße kosten 2,2 Millionen Euro

Regenüberlaufbecken Das eigentliche Regenüberlaufbecken (RÜB) 5 in der Talstraße wurde bereits im Jahr 1990 gebaut und hat ein Volumen von 649 Kubikmetern. Von diesem Becken werden im Regenwetterfall 110 Liter pro Sekunde kontinuierlich an die Kläranlage weitergeleitet. Die Experten sprechen von einem gedrosselten oder begrenzten Mischwasserabfluss.

Fertigstellung Der Rohbau des Gesamtprojekts wird voraussichtlich im Frühjahr 2022 fertig. Es beinhaltet das Hochwasserpumpwerk, den Hochwasserschutz entlang der Talstraße und die Brücke über den Mühlkanal. Erst danach wird die Maschinen- und Elektrotechnik in das Hochwasserpumpwerk eingebaut, sodass der Hochwasserschutz voraussichtlich erst Ende 2022 in diesem Bereich funktioniert.

Kosten Die Gesamtkosten der aktuellen Baumaßnahme betragen etwa 2,2 Millionen Euro. Sie teilen sich wie folgt auf:

Hochwasserschutz Talstraße etwa 350000 Euro

Rohbau des Hochwasserpumpwerks für das Regenüberlaufbecken 5 etwa 1,0 Millionen Euro

Maschinen- und Elektrotechnik des Pumpwerks etwa 700000 Euro

Erneuerung der Brücke über den Mühlkanal: 150000 Euro

Raue Rampe Das nächste Projekt des Hochwasserschutzes ist der Umbau des Biegelwehrs zur sogenannten rauen Rampe, das ist eine Art Stromschnelle. Aus Gründen des Naturschutzes darf dieses Projekt nur im Sommer in Angriff genommen werden. Geplant ist es für den August 2022, allerdings sind noch nicht alle Fragen abschließend geklärt. Die Kosten wurden vor Jahren einmal mit 600000 Euro angegeben, wobei das Land 60 Prozent zuschießen wollte.

Obere Walke Ebenfalls noch unfertig ist der Hochwasserschutz im Bereich Obere Walke und Einmündung der Weißach in die Murr. Aktuell stehen hier Grundstücksverhandlungen für einen Damm an.

IBA-Gelände Die Hochwassergefahrenkarte ist die Grundlage für die Planung des Hochwasserschutzes für das IBA-Gelände. Die Karte wird derzeit überarbeitet, wobei der Raum Backnang laut Kaltenleitner „ganz weit vorne dabei ist“.

Infos im Netz Die Stadt Backnang erläutert ihre Baumaßnahmen im Internet unter dem folgenden Link: www.backnang.de/stadt-gestalten/baumassnahmen

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Erstellt:
20. Oktober 2021, 06:00 Uhr

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