Der Schwindler und die Nummer mit dem Sarg
Gläubige in Südafrika lieben Wunder aller Art – In diesem Fall hat es ein Pastor in Johannesburg wohl übertrieben
Johannesburg Eine Szene wie aus demMonty-Python-Studio: Ein Mann liegt ganz in Weiß gekleidet in einem offenen Sarg auf dem Podium eines Saales, der Hunderte von Menschen fasst. Der Mann, dessen Augen geschlossen, dessen Mund aber weit aufgerissen ist, sei seit zwei Tagen tot, säuselt ein picobello gekleideter Prediger ins Mikrofon. Dann lässt er seine Hände zweimal über den leblos erscheinenden Körper schweben. Schließlich ergreift der Prediger die Hüfte des Mannes und ruft: „Eliot!“ Ruckartig richtet sich Eliot auf: Sein Mund noch immer offen wie ein Scheunentor, nun sind auch seine Augen aufgerissen. „Halleluja“, schreit die Gemeinde und: „Hat man so was schon einmal gesehen!“
Das Beunruhigende der Szene: Sie stammt nicht von englischen Komikern, sondern hat sich vergangene Woche wirklich zugetragen: in der Alleluja-Kirche des nigerianischen Pastors Alph Lukau – mitten inJohannesburgs modernstem Geschäftsviertel Sandton.
Wunder werden aus den boomenden charismatischen KirchenSüdafrikas immer häufiger gemeldet. Manche Gläubige wurden angeblich von Aids geheilt, nachdem ihnen ein Prediger Insektenspray ins Gesicht gesprüht hat, andere genasen, nachdem sie Benzin getrunken haben. Doch dass ein Toter vor laufender Kamera wieder zum Leben erweckt wird, kommt auch am Kap der Guten Hoffnung selten vor.
Lukau war sich seiner Sache so sicher, dass er die Aufzeichnung seiner übernatürlichen Kräfte sogleich auf seine Facebook-Seite hob: Schon wenig später brach ein viraler Orkan aus. Die sozialen Netzwerker zeigten sich vor allem vom offenen Mund Eliots angetan, der sich auch lange nach seiner Auferweckung partout nicht schließen wollte. In zahllosen Bildern im Internet sind immer wieder auferweckte Schulkinder, Haustiere oder Polizisten mit aufgerissenen Mündern und Augen zu sehen.
Die PR-Kampagne des geschäftstüchtigen Lukaus, der zu seinen Gottesdiensten im weißen Rolls-Royce vorzufahren pflegt, war so nach hinten losgegangen – was gewiss auch daran lag, dass man schon vor seiner Erweckung Eliot auf dem Mitschnitt atmen sehen konnte. In der Jackentasche trug er – zuweilen sichtbar – sein Handy.
Den südafrikanischen Medien verhalf Eliot zu einer unterhaltsamen Woche. Reporter schwärmten aus, um des Auferweckten oder wenigstens seines Retters habhaft zu werden. Beide waren wie vom Erdboden verschluckt.
Inzwischen ermittelt die Kommission zur Förderung und des Schutzes der Rechte von kulturellen, religiösen oder sprachlichen Gemeinschaften wegen der vorgetäuschten Auferweckung, Staatspräsident Cyril Ramaphosa sah sich zu einer Stellungnahme veranlasst. Alle Südafrikaner müssten zusammenstehen, um „das Land von den religiösen Schwindlern“ zu befreien, sagte der Präsident, während in der Kommission mit dem langen Namen sogar von einer „Krise des Christentums“ gesprochen wird.
Die Alleluja-Kirche erklärt sich unterdessen selbst zum Opfer. Auch Pastor Lukau soll von Eliot, der in Wahrheit Brighton Moyo heißt und aus Simbabwe kommt, hinters Licht geführt worden sein.