Sozialstaat

Der tapsige Weg des Friedrich Merz zum Reformkanzler

Wenn Merz echte Sozialreformen will, muss er seinem Koalitionspartner Brücken bauen, fordert Hauptstadtkorrespondent Tobias Peter.

Sieht die sozialen Sicherungssysteme in Gefahr: Friedrich Merz.

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Sieht die sozialen Sicherungssysteme in Gefahr: Friedrich Merz.

Von Tobias Peter

Es sind Sätze, die signalisieren sollen: Hier meint es einer ernst. Der Sozialstaat in seiner heutigen Form sei mit dem, was Deutschland volkswirtschaftlich leiste, nicht mehr finanzierbar, hat Kanzler Friedrich Merz gesagt. Er wird sich nun daran messen lassen müssen, ob es im von ihm angekündigten Herbst der Reformen auch zu einer Einigung auf substanzielle Änderungen kommt. Jetzt muss er zeigen, ob er nicht nur ein guter Außenkanzler ist, sondern auch das gesamte Land für die Zukunft besser aufstellen kann.

Merz hat im Wahlkampf Klartext vermieden

Drei Dinge lassen sich zum (zumindest verbalen) Reformeifer des Kanzlers sagen. Erstens: In den kommenden Jahren muss sich tatsächlich dringend etwas ändern. Ungebremst steigende Sozialbeiträge wird die deutsche Wirtschaft nicht verkraften. Es geht um die Wettbewerbsfähigkeit und den Erhalt von Arbeitsplätzen. In der Sache bringt der Kanzler einen wichtigen Punkt vor.

Zweitens rächt sich nun aber, dass Merz im Wahlkampf weitgehend so getan hat, als ließen sich die meisten Probleme durch Einsparungen beim Bürgergeld und eine Verringerung der Einwanderung von Geflüchteten lösen. Das ist falsch. Die Probleme, die durch den demografischen Wandel entstehen, sind so groß, dass die gesamte Mitte der Gesellschaft gefordert ist. Hätte Merz es vor der Wahl zum Beispiel nicht vermieden, konkret über das Thema Rente zu sprechen, hätte er jetzt eine bessere Legitimationsbasis für Reformen.

Drittens agiert Merz zwar außenpolitisch höchst geschickt gegenüber seinen Gesprächspartnern. Im Inneren lässt er diese Finesse aber bislang vermissen. Es wird nicht ausreichen, der SPD zu sagen, es ginge ihr besser, wenn sie nur mehr wäre wie die CDU. Merz wird seinem Koalitionspartner inhaltliche Brücken bauen müssen, um ihn für tiefgehende Sozialstaatsreformen zu gewinnen. Da geht er bislang bestenfalls tapsig vor.

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Erstellt:
24. August 2025, 17:14 Uhr

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