Der Wahlkampf ist Familiensache

Am Sonntag will der Backnanger OB Frank Nopper zum Oberbürgermeister von Stuttgart gewählt werden. Seit Monaten tingelt er dafür durch die Landeshauptstadt. Fast immer mit dabei sind seine beiden Söhne Carl Alexander und Franz Ferdinand.

Frank Nopper freut sich über die Unterstützung seiner Söhne Carl Alexander (links) und Franz Ferdinand. Die beiden begleiten ihren Vater seit Monaten zu den Wahlkampfeinsätzen in Stuttgart, so wie hier am Max-Eyth-See. Foto: M. Berg

Frank Nopper freut sich über die Unterstützung seiner Söhne Carl Alexander (links) und Franz Ferdinand. Die beiden begleiten ihren Vater seit Monaten zu den Wahlkampfeinsätzen in Stuttgart, so wie hier am Max-Eyth-See. Foto: M. Berg

Von Kornelius Fritz

STUTTGART/BACKNANG. Es ist kalt und regnerisch an diesem Novembermorgen, trotzdem ist auf dem kleinen Markt in Stuttgart-Hedelfingen einiges los. Zehn Stände sind rund um den kleinen Platz aufgebaut, vor allem Rentner sind unterwegs, um sich mit Obst, Gemüse und anderen Lebensmitteln einzudecken.

Neben dem Fischstand lächelt Frank Nopper vom Plakat herab und darunter lächelt Frank Nopper persönlich, auch wenn das hinter seinem weißen Mundschutz nur zu erahnen ist. Es ist die zweite von insgesamt sechs Stationen, die der OB-Kandidat an diesem Tag abklappert. So geht das nun schon seit Juni. Wie viele Wahlkampftermine er seitdem bestritten hat, hat Nopper nicht gezählt, es dürften weit über hundert sein.

Für die Familie bliebe da eigentlich noch weniger Zeit als sonst, tatsächlich sieht Frank Nopper seine Söhne Carl (22) und Franz (19) zurzeit aber öfter als je zuvor, denn die beiden sind feste Mitglieder in seinem Wahlkampfteam. Auch an diesem Vormittag sind sie mit dabei: Der Jüngere verteilt Prospekte, der Ältere reicht seinem Vater die „Knoppers vom Nopper“, die dieser den Passanten in die Hand drückt. Wurden die beiden etwa vom Vater zwangsverpflichtet? Alle drei widersprechen vehement. „Das ist eine Art Familiensolidarität“, sagt Frank Nopper. Sohn Carl formuliert es anders: „Ich würde mir komisch vorkommen, wenn ich hier nicht helfen würde“.

Wahlkampf in der Großstadt ist ein Knochenjob: Frühmorgens steigen die drei Noppers in Maubach in die S-Bahn, am späten Abend kommen sie zurück. Die Tage sind durchgetaktet, ein freies Wochenende gibt’s nicht. Dass seine Jungs ihn begleiten, freut Frank Nopper, nicht nur, weil er so viel Zeit mit ihnen verbringen kann. Auch im Kampf um die Wählergunst bringe das Pluspunkte: „Es überzeugt die Leute, wenn die Familie des Bewerbers harmonisch wirkt.“ Und noch einen Vorteil hat das Ganze: Als Bewohner desselben Haushalts müssen sie keine Abstandsregeln einhalten.

„Wir unterstützen unseren Vater bei allem, was geht.“

Die familiäre Unterstützung sei aber keine Inszenierung, sondern habe sich einfach so ergeben, sagt Frank Nopper. Schließlich sei es Zufall, dass beide Söhne gerade Zeit haben: Für den Jurastudenten Carl geht das Semester gerade erst wieder los, Franz hat im Frühjahr sein Abitur gemacht und will erst im nächsten Jahr mit einer Banklehre beginnen. Da war es für sie keine Frage, dass sie dem Vater helfen.

Beide sehen darin auch eine persönliche Erfahrung: „Ich wollte unbedingt dabei sein, weil ich es unheimlich spannend finde, einen Wahlkampf hautnah mitzuerleben“, sagt der 19-jährige Franz. Wenn sie mit ihrem Vater auf der Straße stehen, Prospekte verteilen und fremde Menschen ansprechen, sind die Reaktionen ganz unterschiedlich. Da gibt es viel Zuspruch, aber bisweilen auch Kritik und Anfeindungen. Man brauche da ein dickes Fell, sagt Franz: „Wenn man alles an sich ranlässt, macht man sich selbst fertig.“ Carl erinnert sich daran, wie er zusammen mit seinem Vater die Obdachlosenzeitung Trottwar verkauft hat: „Da wurden wir zum Teil echt übel behandelt“, erzählt er und glaubt, dass solche Erfahrungen auch für seine persönliche Entwicklung hilfreich sind.

Nicht nur im Straßenwahlkampf sind Carl und Franz Nopper an der Seite ihres Vaters, die beiden kümmern sich auch um dessen Social-Media-Auftritt. Facebook und Instagram spielen in diesem Pandemiewahlkampf eine noch größere Rolle als sonst, Konkurrent Marian Schreier ist auf diesem Gebiet Profi. Da kann es nicht schaden, wenn auch Frank Nopper als ältester der verbliebenen Kandidaten dieses Feld den „Digital Natives“ in seiner Familie überlässt.

Als ihr Vater vor mehr als 18 Jahren zum Oberbürgermeister von Backnang gewählt wurde, war Carl drei und Franz noch ein Baby. Beide haben fast ihr ganzes Leben in Maubach gewohnt, trotzdem sind sie auch halbe Stuttgarter. „Ehrlich gesagt habe ich sogar mehr Freunde in Stuttgart als in Backnang“, erzählt der 22-jährige Carl, bei seinem Bruder ist es ähnlich. Beide waren in der Landeshauptstadt auf dem Gymnasium. Als Anfang des Jahres eine mögliche OB-Kandidatur in Stuttgart im Hause Nopper diskutiert wurde, kam vonseiten der Söhne deshalb auch kein Widerspruch. „Es stand nie zur Debatte, dass wir das ablehnen, denn wir unterstützen unseren Vater bei allem, was geht“, sagt Franz. Trotzdem gibt er zu, dass es ihm nicht ganz leichtfallen würde, die Zelte in Backnang abzubrechen: „Ich habe mich hier immer sehr, sehr wohlgefühlt.“ Seinem Bruder geht es genauso, allerdings wohnt er ohnehin nur noch zur Hälfte bei den Eltern. In Tübingen hat er ein Zimmer im Studentenwohnheim.

Eine politische Karriere schließen die Söhne nicht aus.

Sein Vater sei für ihn ein Vorbild, sagt Franz Nopper und es liegt Bewunderung in seiner Stimme, wenn er erzählt, wie dieser schon seit Monaten ohne Anzeichen von Müdigkeit von Termin zu Termin hetzt. „Ich konnte zwischendurch auch mal einen halben Tag freinehmen und was mit meiner Freundin unternehmen. Mein Vater konnte das nicht und hat immer 110 Prozent gegeben.“ Abgeschreckt von der Politik hat das Leben als OB-Sohn aber weder Carl noch Franz. Beide sind Mitglieder in der Jungen Union, beide folgen mit Banklehre und Jurastudium auch beruflich den Fußstapfen ihres Vaters. Werden wir beide also womöglich auch eines Tages in der Politik sehen?

Ein entschiedenes Dementi ist auf diese Frage jedenfalls nicht zu hören. Er könne sich das durchaus vorstellen, sagt der Jüngere, einen Karriereplan mit dem Ziel Berufspolitiker habe er aber nicht. Auch sein älterer Bruder will nichts ausschließen, auch wenn er sagt, dass ihm die politische Vision momentan noch fehle. Frank Nopper traut es seinen Söhnen auf jeden Fall zu, und sollten sie ihn fragen, würde er ihnen auch nicht davon abraten: „Ich kann den Beruf des Oberbürgermeisters wärmstens empfehlen.“

Auf dem Markt von Hedelfingen hat es inzwischen aufgehört zu regnen. Die drei Noppers brechen auf zum nächsten Termin: Auf dem Schillerplatz wird ein Video gedreht. Bevor er geht, drückt Carl Nopper aber noch einer Rentnerin den Wahlprospekt in die Hand: „Vergessen Sie nicht, am 29. November Frank Nopper zu wählen“, ruft er ihr noch hinterher, „das ist ein guter Mann“.

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Erstellt:
26. November 2020, 06:00 Uhr

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