Mediamarkt und Saturn
Des Digitalministers Flucht vor den Chinesen
Ein E-Commerce-Riese aus China will den Elektronikhändler Ceconomy – also Mediamarkt und Saturn – schlucken. Den hat unlängst noch Digitalminister Wildberger geführt.

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Vielfach schon eins geworden: die Fachmarktketten Mediamarkt und Saturn.
Von Matthias Schiermeyer
Karsten Wildberger, der neue Bundesdigitalminister, wird genau gewusst haben, was er tat, als er Ende April seinen kurzfristigen Abgang beim früheren Arbeitgeber kund getan hat. Denn dahinter steckte nicht nur der Aufstieg in den politischen Berliner Olymp, sondern auch der Abschied von Ceconomy, also dem Unternehmen, das er fast vier Jahre lang geführt hat. Die „Tatsache, dass unser Unternehmen hervorragend für die Zukunft aufgestellt ist, erleichtert mir den Abschied“, so Wildberger damals. Das Führungsteam werde den Wachstumskurs „konsequent fortsetzen“.
Nunmehr ist auch der Öffentlichkeit klar, dass Ceconomy, die Muttergesellschaft der Elektronikketten Mediamarkt und Saturn, vom chinesischen E-Commerce-Giganten JD.com übernommen werden soll, wie sich nach lange wabernden Gerüchten bestätigt hat. Jingdong (ausführlich für JD) und Ceconomy haben eine Investmentvereinbarung geschlossen. Demnach wollen die Chinesen als starker Aktionär mit 31,7 Prozent der Aktien einsteigen. Zudem gehen sie ein enges Bündnis mit der Gründerfamilie Kellerhals ein, die weiter 25,4 Prozent der Aktien hält.
Chinesen haben digitale und logistische Kompetenzen
JD hat nach Vereinbarungen mit größeren Aktionären ein öffentliches Kaufangebot von 4,60 Euro pro Stammaktie gemacht – das sind rund 43 Prozent mehr als der Durchschnittskurs in den vergangenen drei Monaten. Folglich wird Ceconomy mit vier Milliarden Euro bewertet. JD ist als E-Commerce-Anbieter in China Nummer drei hinter Alibaba und der Temu-Mutter Pinduoduo.
Mediamarkt und Saturn machen mit 1030 Filialen in Europa gut 22 Milliarden Euro Umsatz, wobei die Marke Saturn weitgehend verschwunden ist. Knapp ein Viertel wird mit dem Onlinegeschäft erzielt. Exakt an dieser Stelle könnte JD mit seinen digitalen Kompetenzen eine deutliche Ausweitung anstreben. Die IT-Systeme der beiden Unternehmen sollen getrennt bleiben, heißt es. JD betreibt zudem schon in mehreren Ländern Europas hochautomatisierte Logistikzentren. Der Konzern will auch eine europäische Technologieplattform aufbauen.
Tarifverträge und Mitbestimmung sollen weiter gelten – vorerst
Die operative Unabhängigkeit von Ceconomy – 2017 als Abspaltung von Metro entstanden – bleibe gewahrt, wird mitgeteilt. Die Fachmärkte sollen fortgeführt werden, und es soll keine betriebsbedingten Kündigungen geben – eine Verständigung unter Vorbehalt. Denn zunächst werden Pläne für eine Beherrschungs- oder Gewinnabführungsvereinbarung über drei Jahre ausgeschlossen. Für den gleichen Zeitraum sollen auch bestehende Betriebsvereinbarungen und Tarifverträge sowie die Mitbestimmung im Aufsichtsrat fortgeführt werden.
Die Gewerkschaft Verdi konnte am Donnerstag noch nicht genau abschätzen, was der Deal mit dem Tech-Giganten für die Mitarbeitenden von Mediamarkt und Saturn bedeutet. Bisher wird nur vage eine „langfristige soziale Verantwortung für die Beschäftigten und die Sicherung der Arbeitsplätze in Deutschland“ gefordert. Mitbestimmung und Tarifbindung müssten akzeptiert werden, wie die Bundesfachgruppenleiterin für den Einzelhandel, Corinna Groß, sagte. Abgesehen vom Erhalt der Filialen und des stationären Handels müsse ein Zukunftskonzept entwickelt und mit Investitionen hinterlegt werden, mahnt Verdi.