Deutsche Bank macht bei drastischem Stellenabbau Tempo

dpa Frankfurt/Main. Nun soll alles ganz schnell gehen. Schon am Tag nach der Vorstellung des radikalen Umbauplans schafft die Deutsche Bank erste Fakten. Nun gilt es, Investoren und Aktionäre dauerhaft zu überzeugen.

Der damalige Chef der Deutschen Bank, Josef Ackermann, hatte das Haus bei seinem Abschied 2012 „besenrein“ übergeben wollen. Foto: Emily Wabitsch

Der damalige Chef der Deutschen Bank, Josef Ackermann, hatte das Haus bei seinem Abschied 2012 „besenrein“ übergeben wollen. Foto: Emily Wabitsch

Die Deutsche Bank verliert keine Zeit beim Abbau Tausender Stellen. „In den Geschäftsbereichen, in denen wir uns zurückziehen werden, haben wir mit dem Prozess bereits begonnen“, sagte Konzernchef Christian Sewing. „Das betrifft natürlich nicht nur Asien, das betrifft auch andere Regionen.“

Deutschlands größtes Geldhaus hatte am Sonntag im Zuge eines radikalen Konzernumbaus den Abbau von weltweit rund 18.000 Vollzeitstellen angekündigt. Bis zum Ende des Jahres 2022 soll die Zahl der Jobs von zuletzt knapp 91.500 auf etwa 74.000 sinken.

Wie stark einzelne Länder und Standorte betroffen sind, wollte Sewing nicht sagen. Dem Vernehmen nach wurden auch in London und New York bereits die ersten Kündigungen ausgesprochen.

Die Deutsche-Bank-Aktie setzte sich am Montag zunächst mit einem Kursplus von mehr als vier Prozent an die Spitze des Dax. Wenig später sackte das Papier in die Verlustzone und lag am frühen Nachmittag mit gut einem Prozent im Minus bei 7,098 Euro. Allerdings ist die Aktie damit immer noch mehr wert als zum Jahreswechsel.

Experten beurteilen die Pläne des Managements unterschiedlich: Während die einen den Mut zum Umbau loben, sorgen sich andere weiterhin um die Kapitalstärke des deutschen Branchenprimus.

Die Investmentbank wird deutlich verkleinert. So steigt die Bank komplett aus dem Aktienhandel aus. Besonders getroffen werden davon voraussichtlich die Standorte in New York und London - auch wenn die Bank dort weiterhin stark präsent sein will. Im deutschen Privatkundengeschäft, zu dem auch die Postbank gehört, sieht Sewing ebenfalls weiteren Anpassungsbedarf.

Der Umbau soll die jahrelange Krise des Instituts beenden. Milliardenschwere Investitionen in neue Technologie und die Konzentration auf erfolgreiche Geschäftsfelder sollen den Dax-Konzern zurück in die Erste Liga bringen. „Wir werden nur noch dort sein, wo unsere Kunden uns wollen“, betonte Sewing. „Wir wollen nur dort mitspielen, wo wir auch gewinnen können.“ Neben dem Privatkundengeschäft auf dem Heimatmarkt sieht Sewing vor allem im weltweiten Geschäft mit Unternehmenskunden große Wachstumschancen.

Im Investmentbanking will sich die Deutsche Bank künftig auf das Geschäft mit Krediten, Anleihen und Währungen sowie auf strategische Beratung konzentrieren. Die Investmentbank soll weiterhin 30 Prozent zu den Erträgen, also den gesamten Einnahmen der Bank, beitragen.

Die 7,4 Milliarden Euro Umbaukosten werden der Bank jedoch zunächst rote Zahlen einbrocken. Finanzchef James von Moltke, der im Gegensatz zu drei Vorstandskollegen an Bord bleibt, rechnet für 2019 mit roten Zahlen. „Für 2020 gehen wir davon aus, dass wir bei plus/minus null rauskommen, vielleicht auch etwas besser“, sagte von Moltke. Die Aktionäre sollen für beide Jahre keine Dividende erhalten.

Für Erleichterung sorgt bei Aktionären, dass die Bank die Sanierungskosten ohne Kapitalerhöhung bewältigen will. Ein solcher Schritt hätte die Beteiligungen der bisherigen Anteilseigner und ihren Anteil an künftigen Gewinnen verwässert.

Nun nimmt das Institut aber eine geringere harte Kernkapitalquote in Kauf als zuvor geplant. Kernkapital gilt als Puffer für Krisenzeiten. Die Aufsichtsbehörden seien damit einverstanden, versicherte Sewing. Mit der Zeit werde die Bank über eine Dividende auch Kapital an die Anleger zurückgeben. „Von daher ist das meines Erachtens auf mittlere und lange Sicht eine gute Nachricht für die Aktionäre“, sagte der Manager dem Nachrichtensender n-tv.

Die Ratingagentur Moody's wertete den Umbau als „positiven Schritt in Richtung eines ausbalancierteren und nachhaltigeren Geschäftsmodells“. Ihren negativen Ausblick für die Deutsche Bank behielt die Agentur wegen „signifikanter Herausforderungen“ aber vorerst bei.

Analysten zeigten sich von der Tiefe der Einschnitte überrascht. Er habe erwartet, dass sich die Deutsche Bank nur in einzelnen Regionen aus dem Aktienhandel verabschiede, schrieb Experte Jernej Omahen von der US-Investmentbank Goldman Sachs. Allerdings fehle es der Bank weiterhin an sehr renditeträchtigen Geschäftsfeldern. Das Urteil des renommierten Experten Kian Abouhossein von der US-Bank JPMorgan fällt milder aus. Die mutigen Umbaupläne seien das erste Mal nicht halbgar, sondern stellten einen echten strategischen Schwenk dar.

Mit dem radikalen Umbau will Deutsche Bank-Chef Christian Sewing das Finanzhaus konkurrenzfähiger machen. Foto: Arne Dedert

Mit dem radikalen Umbau will Deutsche Bank-Chef Christian Sewing das Finanzhaus konkurrenzfähiger machen. Foto: Arne Dedert

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Erstellt:
8. Juli 2019, 17:42 Uhr

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