EU-Gipfel in Brüssel

Deutschland meldet sich in Europa zurück

Bundeskanzler Friedrich Merz kann mit seiner klaren Haltung und pragmatischen Lösungsansätzen beim EU-Gipfel in Brüssel viele Sympathiepunkte sammeln.

Friedrich Merz im Kreise seiner neuen Kollegen. Beim ersten Auftritt beim  EU-Gipfel in Brüssel setzte der deusche Kanzler deutliche Akzente.

© Geert Vanden Wijngaert/AP/dpa

Friedrich Merz im Kreise seiner neuen Kollegen. Beim ersten Auftritt beim EU-Gipfel in Brüssel setzte der deusche Kanzler deutliche Akzente.

Von Knut Krohn

Friedrich Merz hat einen richtig guten Lauf – zumindest in der Außenpolitik. Zuhause in Deutschland muss sich der Bundeskanzler massive Kritik wegen seiner Pläne zu Strompreis und Rente anhören, doch im Kreis der Staats- und Regierungschefs sammelt er Sympathiepunkte zuhauf. Damit nicht genug: beim großen Nato-Treffen in Den Haag am Mittwoch und tags darauf beim EU-Ratsgipfel in Brüssel zeichnete sich deutlich ab, dass es Friedrich Merz gelungen ist, in seiner kurzen Zeit als Kanzler Deutschland wieder als Führungsmacht in Europa zu positionieren.

Diplomaten äußern sich erleichtert

Diplomaten aus anderen EU-Staaten äußern sich geradezu erleichtert. Noch immer erinnern sie sich an das politische Lavieren von Merz-Vorgänger Olaf Scholz auf europäischer Bühne, der im entscheidenden Augenblick gerne auch wichtige EU-Projekte blockierte. Diese Zeiten scheinen nun vorbei. Es sei gut, nun wieder einen Gesprächspartner zu haben, der Probleme erkennt, klar benennt und dann auch handelt, um eine Lösung zu finden, urteilt ein polnischer Kommissionsmitarbeiter über den neuen Kanzler.

Arbeit an der „Migrationswende“

Zu diesen Problemen zählt Merz offensichtlich die Migrationspolitik der Europäischen Union. In Deutschland hat der Kanzler seinen Wählern eine „Migrationswende“ versprochen. Erster Schritt waren verschärfte Kontrollen an den Außengrenzen, die allerdings einige Nachbarländer verärgerten. Den EU-Gipfel in Brüssel nutzte er nun, um sich in dieser Sache mit den anderen Staaten zu verständigen. Dazu nahm er auch am Rande des Gipfels an einem informellen Treffen einiger Staaten teil. Unter der Führung der postfaschistischen, italienischen Regierungschefin Giorgia Meloni haben sie sich eine Verschärfung der Asylpolitik auf die Fahnen geschrieben. Zuerst nur eine Handvoll EU-Staaten, ist diese Gruppe inzwischen auf 21 Mitgliedsländer angewachsen.

Ein Klub von Hardlinern in Sachen Migration

„Es gibt einen Klub von Ländern, die meinen, dass die Migrationspolitik Europas verschärft werden muss. Wir freuen uns, dass Deutschland zum ersten Mal dabei ist“, sagte der niederländische Regierungschef Dick Schoof. Zu dem Treffen in Brüssel hatten Italien, die Niederlande und Dänemark eingeladen, das von Friedrich Merz wegen seiner restriktiven Haltung immer wieder als Vorbild in Sachen Migration genannt wird. So bekommen Flüchtlinge in Dänemark eine einjährige Aufenthaltsgenehmigung, die zwar verlängerbar ist. Sie werden aber dazu angehalten, in ihre Heimat zurückzukehren, sobald die Behörden der Meinung sind, dass sie keinen sicheren Zufluchtsort mehr benötigen. Auch werden die Rückführungen sehr konsequent durchgesetzt.

Nach dem Migrationstreffen in Brüssel sagte der österreichische Bundeskanzler Christian Stocker: „Wir haben uns intensiv damit befasst, wie wir mit den Initiativen der EU-Kommission umgehen.“ Dazu zählt etwa die Einrichtung sogenannter Rückführungs- oder Abschiebezentren für abgelehnte Asylbewerber in Drittländern. Die EU-Kommission hatte im März den Weg dazu frei gemacht. Grund ist die Weigerung vieler Heimatländer von Flüchtlingen, diese zurückzunehmen.

Lösung im Zollstreit angemahnt

Merz selbst hat in Brüssel auch die Entscheidung der Bundesregierung verteidigt, zivile Seenotretter nicht mehr weiter finanziell zu unterstützen. Die CDU hatte die Unterstützung stets kritisiert und den Vorwurf erhoben, dass die Seenotretter de facto mit Schleppergruppen zusammenarbeiten.

Merz will den Zollstreit mit den USA schnell beenden

Auch in Sachen Zollstreit mit den USA will Friedrich Merz Druck machen und drängt auf rasches Handeln der Union. „Ich unterstütze die EU-Kommission bei allen Anstrengungen, jetzt schnell zu einem Handelsabkommen mit den USA zu kommen“, sagte der Kanzler am Rande des Gipfels. Eine von US-Präsident Donald Trump gesetzte Frist für die Verhandlungen mit der EU läuft am 9. Juli aus. Er hatte der EU-Kommission immer wieder vorgeworfen, „zu kompliziert“ zu verhandeln. Das scheint man auch in Berlin so zu sehen.

Wie aus deutschen Regierungskreisen zu erfahren ist, plädiere man dafür, in wichtigen Bereichen wie Auto, Stahl, Chemie oder Aluminium zügig zu einer Lösung zu kommen, auch wenn diese im Moment nicht optimal erscheint. Das sei wesentlich besser, als sich mit dem Problem durch den ganzen Sommer zu schleppen.

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Erstellt:
26. Juni 2025, 16:24 Uhr
Aktualisiert:
26. Juni 2025, 22:19 Uhr

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