DIE ERLEDie Frau, die zum Spottbegriff wurde

Nicht nur Venedig ruht auf unzähligen Erlenpfählen, die in den schlammigen Grund gerammt wurden, sondern auch Ravenna, rund 120 Kilometer weiter südlich. Nur erahnt man es dort kaum mehr, denn das Gebiet ist über die Jahrhunderte verlandet. In der Antike lag die Stadt noch direkt am Meer, ringsum geschützt von Sümpfen und einem Flussarm des Po – ein sicherer Ort, um Staatsgefangene hierher zu verbringen, so wie THUSNELDA. Sie war die Gattin des Cheruskerfürsten Arminius, der das römische Heer in der Varusschlacht des Jahres 9 legendär vernichtete. Der Vater der Braut jedoch, Segestes, war ein Freund der Römer. Diese sprangen ihm bei, als die Auseinandersetzungen mit dem Schwiegersohn eskalierten, und nahmen dabei die schwangere Thusnelda gefangen. Mit Würde soll sie es getragen haben, jedenfalls galt Thusnelda in den Dramen des 18. und 19. Jahrhunderts noch als Inbild der germanischen Heldin, bei Klopstock und Kleist etwa. Dann jedoch wurde ihr Name „seit dem Anfang des 20. Jahrhunderts in der Schüler- und Studentensprache abwertend gebraucht“, erklärt Dudens großes Wörterbuch. Heute ist er gänzlich zum Spottwort verkürzt: Tussi.

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Erstellt:
9. Januar 2019, 03:14 Uhr

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