Die ewige Komödiantin

Die Schauspielerin Grit Boettcher erzählt Geschichten und Anekdoten von früher

Porträt - Wer in den 70er und 80er Jahren lebte, kam an der Kultserie „Ein verrücktes Paar“ nicht vorbei. Mit Harald Juhnke spielte sich Grit Boettcher in die Herzen der Zuschauer. Wie es der 80-jährigen Schauspielerin heute geht.

Stuttgart/München „Grüßen Sie Ihre Mutter“, sagt Grit Boettcher. Das ist ihr wichtig. „Und nicht vergessen!“, erinnert sie noch einmal am Ende des Interviews. Die Schauspielerin, die vor allem durch ihre Rolle an der Seite vonHarald Juhnkein der ZDF-Serie „Ein verrücktes Paar“ Ende der 70er Jahre bekannt geworden ist, hatte zeitlebens ein enges Verhältnis zu ihrer eigenen Mutter. Diese unterstützte ihre Tochter auf dem Weg ins Schauspielfach, sie war an ihrer Seite als Boettcher Halt brauchte, wenn wieder einmal eine Beziehung in die Brüche ging. Die Mutter fing sie auf, als sie nach dem frühen Tod ihres zweiten Ehemanns Wolfgang Belstler und nach diversen Fehlgeburten in ein Loch zu fallen drohte, sie kümmerte sich um ihre Enkelkinder, wenn Boettcher beruflich unterwegs war.

Der Frau, „die eine der Hauptrollen in meinem Leben gespielt hat“, sind auch Boettchers Memoiren „Auf ein Lächeln“ gewidmet. „Es kommt, wie es kommt“, habe sie von ihrer Mutter gelernt. „Das habe ich verinnerlicht und lebe bis heute nach diesem Grundsatz“, sagt die gebürtige Berlinerin, die im August 80 geworden ist.

Vieles ist so gekommen, wie es gekommen ist bei Grit Boettcher, die mit ihren zwei Kindern Tristan (36) und Nicole (55) und deren Familien unter einem Dach in ihrem Haus „Schloss Gritsholm“ in Ismaning bei München wohnt. „Vieles, was ich erlebt habe, ist längst irgendwo in meinem Kopf archiviert.“ Wenn sie darauf angesprochen wird, erschrickt sie manchmal selbst vor ihrer eigenen Courage und darüber, wie viel Bedeutung ihren Zeilen beigemessen wird. Dabei sei es doch nur eine lustige Anekdote wie sie damals mit Anfang 20 gemeinsam mitGötz Georgein der Kantine der Theaterschule saß und der noch unbekannte Schauspielschüler ständig unappetitliche Körpergeräusche von sich gegeben habe. „Die Lehrerin meinte, ein George dürfe das“, erinnert sie sich amüsiert.

Seit ihrer Schauspielausbildung ist viel passiert. Grit Boettcher steht seit sechs Jahrzehnten erfolgreich auf der Bühne und vor der Kamera. Sie hat die deutsche Film- und Fernsehgeschichte mitgeprägt. Karl-Heinz Böhm, Sigi Rauch,Wolfgang Rademann, Helmut Fischer, Joachim Fuchsberger – sie hat sie alle gekannt und mit ihnen gearbeitet. „Ich habe mal auf ein Din-A- 4-Blatt geschrieben, welche Schauspieler und Schauspielerinnen ich im Laufe meines Lebens kennengelernt habe, Vorder- und Rückseite haben fast nicht ausgereicht“, sagt sie.

Grit Boettchers Erinnerungen sind Geschichten aus einer längst vergangenen Ära. „Für mich sind diese Menschen alle noch da. Sie leben in mir weiter.“ Mit einem der ganz Großen der Branche hatte sie schon früh das Vergnügen: mit Heinz Rühmann. Mit ihm drehte sie in den sechziger Jahren den Pater-Brown-Film „Er kann’s nicht lassen“. „Ich hatte das Glück, das er mich mochte“, sagt sie. Und das habe er auch gezeigt. „An jedem Drehtag, an dem ich mit ihm vor der Kamera stand, habe ich von ihm einen Handkuss gekriegt. Das war das Tollste.“

Besonders eng verbunden war Boettcher mit dem 2016 verstorbenen TV-Produzenten Wolfgang Rademann. „Es vergeht kein Tag, an dem ich nicht an ihn denke. Manchmal kommt mir irgendetwas in den Sinn und ich denke: Ach, rufst mal schnell den Wolfgang an. Und dann fällt mir wieder ein: Geht ja gar nicht mehr“, sagt sie mit trauriger Stimme. Der Erfinder der Kultserie „Das Traumschiff“ – auf das er auch Grit Boettcher mit an Bord nahm – war ein langjähriger Seelenfreund, wie sie es ausdrückt.

Rademann war es auch, der Grit Boettcher für die Erfolgsserie „Ein verrücktes Paar“ ins Boot holte. „Kleene, ick sag dir, dat wird watt. Du, Grit, und der Harald, ihr kommt janz groß raus“, erinnert sie sich in ihrem Buch an die Worte Rademanns am Tag der Erstausstrahlung im Februar 1977. Er sollte recht behalten. Mit der Serie gelang ihr, die damals schon gut im Geschäft war, der endgültige Durchbruch.

1980 bekommt das Serienpaar Boettcher-Juhnke die Goldene Kamera in der Kategorie „beliebteste Schauspieler“. Die Episoden wecken bei Millionen von Zuschauern Erinnerungen an längst vergangene, beschauliche Zeiten des Fernsehens. Zeiten, in denen Sendungen wie „Klimbim“ mit Ingrid Steeger und Elisabeth Volkmann, „Nonstop Nonsens“ von und mit Dieter Hallervorden oder später „Sketchup“ mit Beatrice Richter sowie Iris Berben und Diether Krebs das deutsche TV-Publikum mit einer Mischung aus Kalauern, frivolen Späßen und teils hintersinniger Ironie amüsierten.

„Wir waren eingespielt wie Yin und Yang. Wir wussten, was der andere denkt“, erinnert sich Grit Boettcher an die Zusammenarbeit mit Harald Juhnke. Sie hat ihn zu seinen Hochzeiten ebenso erlebt wie während seiner Abstürze. „Unterwegs in Hotels trinkt er jedes Mal zunächst die Minibar im Zimmer leer“, schreibt sie. Während dieser Zeit hätten ihre Sonntagsgespräche begonnen. „Er braucht mein Telefon-Ohr, um sich selbst sprechen zu hören. Um laut loszuwerden, was ihn mental beschäftigt.“

Auch von diesem Freund musste sich Grit Boettcher zu früh verabschieden. Der 2001 an Demenz erkrankte Juhnke starb im jahr 2005. „Er wird mir fehlen, das spüre ich schon jetzt – und mir doch nah bleiben“, schreibt Boettcher, die von Juhnke stets Gritli genannt wurde.

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Erstellt:
29. Dezember 2018, 03:14 Uhr

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