Die lange Reise der Glocken

Die historische Glocke in der katholischen St.-Michaels-Kirche in Kirchberg an der Murr hat Verstärkung bekommen. Wann das Quartett zum ersten Mal erklingt, ist jedoch noch ungewiss.

Dekan Wolfgang Kessler und Gemeindepfarrer Julius Ekwueme (links) haben gestern die neuen Glocken gesegnet.Foto: A. Becher

© Alexander Becher

Dekan Wolfgang Kessler und Gemeindepfarrer Julius Ekwueme (links) haben gestern die neuen Glocken gesegnet.Foto: A. Becher

Von Simone Schneider-Seebeck

KIRCHBERG AN DER MURR. Die Glockenfamilie in der katholischen St.-Michaels-Kirche hat sich auf einen Schlag stark vermehrt. Denn endlich ist es so weit, dass drei heimatlose Glocken an ihrem Bestimmungsort geweiht werden können – und in hoffentlich nicht allzu ferner Zukunft in harmonischem Mehrklang ihren Dienst aufnehmen werden.

Fast surreal mutet sie an, die lange Reise dreier Glocken von Karlsruhe bis in die beschauliche Murrtalgemeinde. Fast könnte man, in Anspielung auf den Hohenasperg, sagen: St. Michael hat den höchsten Kirchturm der Welt, denn es braucht über sieben Jahre, um von unten nach oben zu kommen.

2013 hatte der damalige Pfarrer Hartmut Günther die Glocken bei einer Karlsruher Gießerei in Auftrag gegeben. Beim Gießen der Glocken am 25. April war er noch selbst, zusammen mit einigen Gemeindemitgliedern, dabei. Doch dann verstarb er vollkommen unerwartet eine Woche später, und das fertige Geläut verblieb zunächst an Ort und Stelle. Zudem gab es, die zukünftige Wirkstätte der Glocken betreffend, ein Problem, denn der Kirchturm des katholischen Gotteshauses, bisher nur mit einem Exemplar bestückt, hätte die zusätzliche Last gar nicht tragen können.

Für die Glocken muss der Turm erst noch ertüchtigt werden.

2015 zumindest kamen die drei schon einmal in die Nähe ihres Bestimmungsorts. Gut 250 Kilogramm wiegt die größte, und so waren mehrere Männer notwendig, um sie an ihren vorübergehenden Lagerort zu bringen. Statiker und Architekt mussten gesucht werden, zudem gab es noch verschiedene diözesan- und baurechtliche Genehmigungen einzuholen, bis schließlich im Frühjahr dieses Jahres mit der Verstärkung des Turms begonnen werden konnte. Versteift ist er schon, und auch ein Stahlträger wurde bereits eingebracht. Es wird jedoch noch etwas dauern, bis die Arbeiten vollkommen abgeschlossen sind.

Für die neuen Glocken in As, Es und C ging es am Freitag ein Stück voran. Wenn auch nicht am Wunschtermin 29. September, dem Michaelstag, so doch immerhin am Gedenktag für Papst Paul VI., hatten sich Gemeindepfarrer Julius Ekwueme, Dekan Wolfgang Kessler und Gemeindemitglieder im Hof des Gotteshauses versammelt, um die Weihe des neuen Geläuts zu feiern. Festlich geschmückt mit bunten Blumengirlanden thronen die neu glänzenden Glocken auf ihren Podesten. Auch die alte Glocke, ein historisches Stück von 1526, das seit 1955 zweimal in der Woche zum Gottesdienst ruft, ist festlich dekoriert. Pfarrer Julius Ekwueme dankt in seiner Begrüßung allen, die die Anschaffung möglich gemacht haben, und ruft dabei besonders seinen Vorgänger Pfarrer Günther ins Gedächtnis. Für Dekan Kessler ist die Weihe so kurz vor Pfingsten ein optimaler Zeitpunkt. Es sei ein schönes Zeichen, denn auch beim ersten Pfingstfest hätten Glocken geläutet und die Jünger zum Gebet gerufen.

„Glockenklang begleitet uns das ganze Leben – sie schwingen und bringen auch uns in Schwingung, damit wir eingestimmt werden auf Gott“, so der Schorndorfer. Er erinnert an die Bedeutung des Glockenrufs in alten Zeiten, nicht nur zum Gebet, sondern auch zur Versammlung. „Gemeinde und Gemeinschaft gehören zusammen, und sie werden verbunden durch das Gebet.“ Der Glockenklang solle erfreuen, begleiten, trösten, ermutigen und Vertrauen schenken. Nach ihrer Segnung mit Weihwasser wird jede Glocke mit Chrisam gesalbt – und wie bestellt strahlt dabei die Sonne herab und bringt sie zum Leuchten. Pfarrer Julius Ekwueme lässt sie im Anschluss feierlich erklingen. Nach Fürbittgebet, Vaterunser und Segnung der Anwesenden ist die kleine Zeremonie vorbei.

Während die alte Glocke bisher immer von Hand zu den Gottesdiensten geläutet wurde, zieht zusammen mit dem kompletten Quartett ein elektrisches Läutwerk ein. Dann ist es möglich, die Glocken zusätzlich zu den Gottesdiensten täglich um 12 und um 18 Uhr erklingen zu lassen – eine Einladung, innezuhalten und für eine kurze Zeit zur Ruhe zu kommen.

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Erstellt:
30. Mai 2020, 06:00 Uhr

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