Die Legionellengefahr lauert im Duschkopf

Energie sparen – ja, bitte. Aber beim Absenken der Temperatur des Warmwassers hört der Spaß auf und fängt die Gefahr für Leib und Leben an. Denn dann besteht das Risiko, dass sich Legionellen in den Rohren vermehren. Deswegen müssen Großanlagen regelmäßig untersucht werden.

Beim Duschen wird das Wasser vernebelt. So können die Legionellenerreger eingeatmet werden. Symbolfoto: Pixabay

Beim Duschen wird das Wasser vernebelt. So können die Legionellenerreger eingeatmet werden. Symbolfoto: Pixabay

Von Florian Muhl

Rems-Murr. Alles wird derzeit teurer. Besonders die Preise für Gas, Öl und Strom steigen immens an. Viele Menschen suchen deshalb nach Möglichkeiten, wo sie Energie einsparen können. Warmwasser ist einer der größten Energiefresser in Haushalten. Nach der Heizung gilt die Dusche als zweitgrößter Energieverbraucher im Haushalt. Rund 13 Prozent der Energiekosten eines Haushalts gehen laut Verbraucherzentrale auf das Konto Warmwasser. So kommen viele Sparwillige auf die Idee, die Warmwassertemperatur im privaten Haushalt zu reduzieren. In sozialen Netzwerken kursieren daher Behauptungen, wonach eine Warmwassertemperatur von 50 Grad Celsius ausreichend sein soll und damit viel Energie gespart werden kann.

Doch Gesundheitsämter warnen ausdrücklich vor dieser Sparmaßnahme. Werden die Warmwasserspeicher bei zu geringer Temperatur betrieben, verbreiten sich krank machende Keime – wie Legionellen. „Der Schutz der menschlichen Gesundheit steht eindeutig über der Intention zur Energieeinsparung“, sagt das Umweltbundesamt unmissverständlich in seiner Mitteilung „Kollisionsregel Trinkwasserverordnung und Gebäudeenergiegesetz“, in der die Mindesttemperatur von erwärmtem Trinkwasser aus Großanlagen zur Trinkwassererwärmung geregelt ist (siehe Kasten).

Die Gefahr der Legionelleninfektion lauert im Duschkopf. „Die Übertragung der Krankheitserreger auf den Menschen erfolgt in der Regel über Aerosole, also fein verteilte nebelartige Wassertröpfchen, die eingeatmet werden“, teilt das Gesundheitsamt Rems-Murr auf Anfrage mit. „Aerosole entstehen zum Beispiel beim Duschen oder auch im Whirlpool, bei wasserführenden Klimaanlagen, Verdunstungskühlanlagen, Inhalationsgeräten oder Luftbefeuchtern“, so die Pressesprecherin Martina Keck weiter. Ursache könnten technische Mängel oder fehlerhafter, nicht bestimmungsgemäßer Betrieb der Anlagen und Geräte sein.

Gefährdet sind vor allem Menschen mit geschwächtem Immunsystem

Legionellen können unterschiedliche Erkrankungsverläufe hervorrufen. Sie können bei den Betroffenen laut Gesundheitsamt eine Erkrankung der Lunge (Lungenentzündung) mit schweren Komplikationen auslösen, in anderen Fällen lösen die Erreger eine fieberhafte Allgemeinerkrankung mit grippeähnlichen Symptomen aus, in wieder anderen Fällen verläuft die Infektion weitgehend symptomlos. „Gefährdet sind vor allem ältere Menschen und Menschen mit geschwächtem Immunsystem“, sagt Pressesprecherin Martina Keck. Die Wahrscheinlichkeit, an dieser Erkrankung zu sterben, liege bei zehn bis 15 Prozent.

Fünf Fälle wurden dem Gesundheitsamt im Rems-Murr-Kreis gemeldet. Im Schnitt werden dem Gesundheitsamt sechs labordiagnostisch nachgewiesene Legionellenerkrankungen pro Jahr gemeldet.

Was also tun, um dieser Gefahr vorzubeugen? In erster Linie sind grundsätzlich die technischen Anlagen nach den allgemein anerkannten Regeln der Technik zu betreiben und es muss der bestimmungsgemäße Betrieb der Anlagen und Geräte zwingend eingehalten werden, teilt das hiesige Gesundheitsamt mit.

Der Gesetzgeber hat durch die Trinkwasserverordnung für die Warmwassersysteme einen „technischen Maßnahmenwert“ für die Höhe der im Warmwasser nachweisbaren Legionellen festgelegt, ab dem gehandelt werden muss. Die Überschreitung des Maßnahmenwerts liegt gemäß der Trinkwasserverordnung bei einer Legionellenkonzentrationen von mehr als 100 koloniebildenden Einheiten (KBE) pro 100 Milliliter und ist gegenüber dem Gesundheitsamt meldepflichtig.

Eine geringe Wasserentnahme erhöht das Risiko für Legionellen

„Eine Überschreitung des Maßnahmenwerts bedeutet allerdings nicht gleich eine akute Gesundheitsgefährdung, sondern ist in erster Linie ein technischer Wert, der einen Hinweis auf technische Mängel oder auch fehlerhafte Nutzung in der Trinkwasserinstallation aufzeigt“, sagt Gesundheitsamtssprecherin Keck. Die Betreiber und Eigentümer sind in der Pflicht, die Trinkwasseranlagen in einem technisch einwandfreien Zustand zu betreiben und die entsprechenden Maßnahmen für den hygienisch sicheren Betrieb durchzuführen. Die Nutzer selbst sind ebenso in der Pflicht, den bestimmungsgemäßen Betrieb der Trinkwasseranlage durch die regelmäßige Wasserabnahme einzuhalten. Stagnation in der Leitung durch zu geringe Wasserabnahme ist laut Gesundheitsamt mit eine der häufigsten Ursachen einer Überschreitung des Maßnahmenwerts für Legionellen.

Welche Maßnahmen unternehmen Stadt und Kreis, damit eine entsprechende Ansteckung in eigenen Gebäuden wie Schulen im Keim erstickt wird? „Eine erhöhte Ansteckung in Hallen und Schulen sowie Kitas ist nicht gegeben, da dort die Wasserversorgung nicht betroffen ist“, teilt Reiner Gauger von der Stadtverwaltung Backnang mit. Darüber hinaus lasse die Stadt regelmäßig Legionellenproben nehmen, sodass eine Überprüfung wie bisher gewährleistet sei. „Für den Bereich der Zuständigkeit der Stadt Backnang sehen wir also keine erhöhte Ansteckungsgefahr aufgrund von Energieeinsparung“, so Gauger.

Die Verantwortlichen im Landratsamt und in der Kreisbaugruppe gewährleisten den technisch einwandfreien Betrieb der Trinkwasseranlagen, teilt Martina Keck mit. „Es werden Maßnahmen für den hygienisch sicheren Betrieb der Trinkwasseranlagen festgelegt.“ Das Trinkwasser werde regelmäßig untersucht. „Sofern eine Überschreitung des Maßnahmenwerts für Legionellen in der Trinkwasseranlage festgestellt werden sollte, erfolgt umgehend die technische Prüfung der Anlage und die Ursachensuche. Zudem werden umgehend die erforderlichen Maßnahmen durchgeführt“, sagt die Landratsamtssprecherin abschließend.

Eine Abtötung der Legionellen findet erst oberhalb von 60 Grad Celsius statt

Regelungen Die Trinkwasserverordnung (TrinkwV) definiert die „Großanlage zur Trinkwassererwärmung“ und sieht differenzierte Regelungen für deren Überwachung im Hinblick auf Legionellen vor.

Großanlage Großanlagen gibt es in Wohngebäuden (nicht Ein- und Zweifamilienhäusern), Hotels und Krankenhäusern mit Trinkwassererwärmer mit einem Inhalt von mehr als 400 Litern oder einem Inhalt von mehr als drei Litern in mindestens einer Rohrleitung zwischen Abgang des Trinkwassererwärmers und der Entnahmestelle.

Untersuchung Bei Abgabe von Trinkwasser an die Öffentlichkeit (Schulen, Kitas) besteht eine jährliche Untersuchungspflicht, in Mietshäusern muss das Trinkwasser alle drei Jahre untersucht werden.

Abtötung Wenige Legionellen sind auch im kalten Grundwasser vorhanden. Bis zu Temperaturen von etwa 20 Grad Celsius vermehren sich Legionellen nur sehr langsam. Die Vermehrungsrate ist etwa zwischen 30 und 45 Grad optimal. Ab etwa 50 Grad erfolgt meist kaum noch Vermehrung und bei etwa 55 Grad kommt es langsam zum Absterben. Eine mit steigenden Temperaturen zunehmend raschere Abtötung findet erst oberhalb von 60 Grad statt. Eine sichere Abtötung erfolgt bei mindestens 70 Grad und einer Einwirkdauer dieser Temperatur von mindestens drei Minuten (thermische Desinfektion).

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Erstellt:
20. September 2022, 06:00 Uhr

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