Die Narren ziehen durch Althütte

Über 50 verschiedene Gruppen und zahlreiche Zuschauer sind am Wochenende zum Umzug der 1. Narrenzunft Althütte gekommen. Ausgelassen geht es zunächst durch die Gemeinde und später noch zur Narrentaufe vor dem Rathaus.

Die Rechaspitzer von der 1. Narrenzunft Althütte führten den Umzug durch Althütte an. Fotos: Tobias Sellmaier

© Tobias Sellmaier

Die Rechaspitzer von der 1. Narrenzunft Althütte führten den Umzug durch Althütte an. Fotos: Tobias Sellmaier

Von Heidrun Gehrke

Althütte. Die Fasnetshochburg wurde von den Narren eingenommen. Die 1. Narrenzunft Althütte hatte zum Narrenwochenende eingeladen und 1300 Jecken und Zünfte mit 52 Gruppen sind gekommen. Zudem zwischen 3000 und 5000 Besucher, schätzen die Veranstalter.

Trockenes Wetter, Sonnenschein und Tausende Zuschauer begleiten eine farbige Narrenschar und haben Spaß an rhythmisch lärmenden Guggen und farbenfrohen Hästrägern. Ob schaurige Geister oder freundlich lächelnde Zechweiber, ob Schabernack treibende Hexen mit furchterregend heraushängenden Zungen oder beinschwingende, Luftküsschen werfende Gardemädels mit bezopften Häuptern – froh gelaunte Närrinnen und Narren ziehen in ihren bunten Kostümen, mit ausdrucksstarken Masken und teils dekorierten Wagen durch den kleinen Ort und machen ordentlich Fez.

„Recha-Spitz!“ Der erste Narrenruf, der pünktlich kurz nach 14.30 Uhr durch den Ort schallt, stammt von den gastgebenden Rechaspitzern selbst, von denen eine abgespeckte Gruppe den Umzug anführt. Die anderen stehen an der Fritteuse und am Grill und versorgen die Menschenmenge mit Getränken – oder sie sagen an einer der zwei Sprecherstellen die Zünfte und deren Narrenrufe an. So wie die Umzugsmoderatoren Nina Stanzel und Ralph Mertlik, die bestgelaunt auf die menschengefüllte Ortsmitte blicken. „Es hätte uns nichts Besseres passieren können, aus Narrensicht perfektes Wetter“, sagt Nina Stanzel.

Gruppen sind zum Teil mehrere 100 Kilometer weit angereist

Traumwetter ist es nicht nur für die trommelnden, hopsenden, winkenden, Spaß habenden Zünfte, die teilweise mehrere 100 Kilometer weit angereist sind. Sie treffen auf ein dankbares Publikum, denn auch die Zuschauer zieht es in Scharen raus in die Sonne. „Die Leute stehen wie eine Wand, die ganze Umzugsstrecke entlang gespickt mit Zuschauern“, sagt Ralph Mertlik erfreut zum rundum bunten Faschingstreiben. Das tue der närrischen Seele gut und sei nach zwei entbehrungsreichen Saisons eine ganz andere Nummer als der „Fasching light“ 2021 mit virtuellem Narrensprung und 2022 mit einem „Rathaussturm“ im kleinen Kreis. „Alle Zuschauer machen mit, alle Teilnehmer und Helfer sind gut drauf“, sagt Pressewart Johannes Zeidler.

Drei „Täuflinge“ lassen bei der Narrentaufe das Bad mit einer ekligen und übel riechenden Brühe über sich ergehen.

© Tobias Sellmaier

Drei „Täuflinge“ lassen bei der Narrentaufe das Bad mit einer ekligen und übel riechenden Brühe über sich ergehen.

Bei über 50 Gruppen gibt es viel zu schauen, zu lachen, zu freuen: Masken mit traurigen Mienen und welche mit furchterregenden Fratzen. Tollkühn tanzende und heulende Teufel, weißgesichtige Schlossgeister und Weinbergdämonen, vor denen man die eigene Mütze besser schnell in Sicherheit bringt. Beim Näherkommen der Höllberghexen und Gaisbergteufel aus Wimsheim und weiterer frecher Jecken sollte man es mit der perfekt sitzenden Frisur heute dann mal eher locker nehmen – immer wieder droht Wuschel- und Verstrubbelungsgefahr durch Narrenhände.

Die Wetzstoi-Hexa aus Spiegelberg hinterlassen mit ihren Fingern manch „rußigen“ Gruß auf Nasen und Wangen. In der Ortsmitte beeindrucken sie mit einer gelungenen dreistöckigen Pyramide. Auch die Rechaspitzer haben ihren berühmten Narrenkreisel in den zwei Pausejahren nicht verlernt. Applaus ernten mehrere Guggenkapellen, die sich entschieden haben, trotz parallel stattfindendem internationalen Guggenmusiktreffen in Schwäbisch Gmünd ihren fetzig-rhythmischen Schrägtonschwung auf den Straßen von Althütte erklingen zu lassen. Die Wasserschnalzer Schludda-Gugga aus Wasseralfingen trommeln vergnügt einen Stimmungsmusikhit nach dem anderen, sogar noch auf den allerletzten Metern heizen sie ein mit einer fetzigen, lautstarken „Que sera“-Version.

Faschingsumzug in Althütte

Über 50 Gruppen sind in die Fasnetshochburg Althütte gekommen, um beim Umzug durch den Ort zu ziehen. Anschließend gab es noch den Rathaussturm und die Narrentaufe.

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Die Rechaspitzer aus Althütte treiben auf der Hauptstraße ihr Unwesen.
Die Rechaspitzer aus Althütte treiben auf der Hauptstraße ihr Unwesen.

© Tobias Sellmaier

Eine Hexe aus Brackenheim sucht das Bad in der Menge und wird neugierig beäugt.
Eine Hexe aus Brackenheim sucht das Bad in der Menge und wird neugierig beäugt.

© Tobias Sellmaier

Die Reichenberger Burghexen aus Oppenweiler sind zum Faschingsumzug in Althütte ...
Die Reichenberger Burghexen aus Oppenweiler sind zum Faschingsumzug in Althütte angereist.

© Tobias Sellmaier

Für jedes Alter hatten die Teilnehmer etwas dabei. Senioren und Kids hatten glei...
Für jedes Alter hatten die Teilnehmer etwas dabei. Senioren und Kids hatten gleichermaßen Spaß am Narrentreiben.

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Eine Besucherin tanzt mit einer Hexe zu fetziger Musik.
Eine Besucherin tanzt mit einer Hexe zu fetziger Musik.

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So eine liebe Hexe, verteilt allerlei Süßes an Naschkatzen.
So eine liebe Hexe, verteilt allerlei Süßes an Naschkatzen.

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Gleich wird's wild: Eine Besucherin bereitet sich darauf vor, mit dem Narrennetz...
Gleich wird's wild: Eine Besucherin bereitet sich darauf vor, mit dem Narrennetz in die Luft geschleudert zu werden.

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Peitschenknallen hallte durch die Straße.
Peitschenknallen hallte durch die Straße.

© Tobias Sellmaier

Kreischend lässt sich die junge Dame auf den Kotzkübl der Narren ein.
Kreischend lässt sich die junge Dame auf den Kotzkübl der Narren ein.

© Tobias Sellmaier

Alle Gegenwehr half nichts: Bürgermeister Reinhold Sczuka im Schneemannkostüm  m...
Alle Gegenwehr half nichts: Bürgermeister Reinhold Sczuka im Schneemannkostüm musste die Macht im Rathaus an die Narren abtreten.

© Tobias Sellmaier

Alle Gegenwehr half nichts: Bürgermeister Reinhold Sczuka im Schneemannkostüm  m...
Alle Gegenwehr half nichts: Bürgermeister Reinhold Sczuka im Schneemannkostüm musste die Macht im Rathaus an die Narren abtreten.

© Tobias Sellmaier

So eine ekelige Brühe. Neue Narren müssen das bei der Narrentaufe über sich erge...
So eine ekelige Brühe. Neue Narren müssen das bei der Narrentaufe über sich ergehen lassen.

© Tobias Sellmaier

So eine ekelige Brühe. Neue Narren müssen das bei der Narrentaufe über sich erge...
So eine ekelige Brühe. Neue Narren müssen das bei der Narrentaufe über sich ergehen lassen.

© Tobias Sellmaier

Aber auch das toll kostümierte Publikum kann sich sehen lassen. Da tummeln sich kleine Zauberlehrlinge, Löwenkinder, Elfen und Minecraft-Gestalten am Straßenrand, Mama trägt einen pinkfarbenen Cowboyhut und Papa den quietschbunten Einhornhut. Ein kleines Teufelchen guckt verdutzt, als sich einer der vorbeiziehenden „großen“ Beelzebuben zu ihm runterkniet, die Teufelshörner seiner Kindermütze streichelt und sich als „Gegenleistung“ die hölzerne Larve tätscheln lässt. Als Dankeschön werden mitunter Bonbons und Haribos zugesteckt. Fährt ein Wagen vorbei und lässt Süßigkeiten rieseln, bücken sich flugs viele kleine Sammler, damit keine Bonbons liegen bleiben. Die Narretei verlagert sich nach dem Umzug vor das Rathaus, das nach gelungenem Narrensturm fest in Narrenhand ist. Hausherr und Bürgermeister Reinhold Sczuka hält den symbolischen Schlüssel zwar noch eine Weile wacker in Händen und kontert zunächst kreativ die kritisch-witzigen Fragen und „Anklagen“.

Neue Zunftmitglieder werden mit der Narrentaufe willkommen geheißen

Angesprochen wurden die lange Sperrung der Ebniseestraße und deren Beschilderung sowie die seit Jahren viel diskutierte Nahversorgungslage. Nach etwas „Bedenkzeit“ schaffte er es zudem, sich wortgewandt aus der Patsche zu reden beim Thema Banken, die ihres Personals beraubt wurden, und Spülmöglichkeiten beim Hobbykünstlermarkt. Beim „Desaster“ rund um den Glasfaserausbau kann er den eindringenden närrischen Regenten allerdings nicht länger Einhalt gebieten: Er gibt sich humorvoll geschlagen, den Rathausschlüssel und damit die „Macht“ auf Zeit aus den Händen.

Der Rathaushof ist auch später voller Menschen, die sich auch die köstlichkomische Taufe der neuen Zunftmitglieder mit einer übel riechenden Brühe nicht entgehen lassen. Die Zutaten sind laut Pressewart Zeidler ein streng gehütetes Zunftgeheimnis, doch er lässt wissen, dass „eine Portion Sägespäne“ nicht fehlen darf, wegen der „kräftigeren Konsistenz“. Drei „Täuflinge“ lassen das Kopfbad mit der trüben Pampe tapfer über sich ergehen: Michaela Lobes mit Taufpate Stefan von den Reichenberger Burghexen Oppenweiler, Robin Heissenberger mit Taufpatin Lena von den Geesmusikern Nellmersbach und Nanina Naumann mit Taufpatin Tatjana von der Waiblinger Karnevalsgesellschaft „Die Salathengste“.

Die Rechaspitzer zählen nach Corona weiterhin stabil rund 100 Mitglieder. Zur Freude der Zunft seien unter den Neumitgliedern auch komplette Familien. Sie sollen dann in der Kampagne 2024 oder 2025 dem Taufbrauchtum folgend mit dem Ekelgebräu übergossen werden.

Bildergalerie Weitere Fotos vom Umzug der 1. Narrenzunft Althütte am Samstagnachmittag gibt es online in unserer Bildergalerie unter www.bkz.de.
Kampagne in Althütte

Konzept Bereits in der Kampagne 2019 hatten die Rechaspitzer ihr Konzept umgestellt und den Narrensprung zusammen mit Narrentaufe und Narrenball auf den Samstag vorverlegt. Damals war zudem der erste Rathaussturm seit 1997 ein voller Erfolg. 2020 wurde das Ganze wiederholt, heuer fand es nach zwei Jahren Zwangspause wieder großen Anklang.

Umzugsstrecke Neu war dieses Jahr die verlängerte Umzugsstrecke, die auf Höhe der Bäckerei Bauer startete und rund 1,1 Kilometer durch den Ort führte.

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Erstellt:
13. Februar 2023, 06:00 Uhr

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