Die perfekte Tasse Kaffee

Der 1. Oktober ist der internationale Tag des Kaffees. Wir haben ihn zum Anlass genommen, um mit Kaffeeröstern in Backnang zu sprechen und sie nach ihrem Lieblingskaffee zu fragen.

In seiner Küche kann Timo Wittenberg Kaffee zubereiten und selbst Bohnen rösten. Dafür nutzt er die Maschine links im Bild. Foto: J. Fiedler

© Jörg Fiedler

In seiner Küche kann Timo Wittenberg Kaffee zubereiten und selbst Bohnen rösten. Dafür nutzt er die Maschine links im Bild. Foto: J. Fiedler

Von Melanie Maier

Backnang. Auf der linken Zimmerseite sieht die Küche von Timo Wittenberg aus wie jede andere: Herd, Mikrowelle, Obst, darüber Dachschrägen. Auf der gegenüberliegenden Seite dagegen könnte man sich in einem Café wähnen. Kaffeemaschinen und -mühlen stehen auf den Schränken, zwei Kaffeeautomaten darunter, Packungen voll gerösteter Bohnen gegenüber. Und dann ist da noch die große Röstmaschine vor dem Fenster, mit der Timo Wittenberg seine Röstungen kreiert. Ein 22000 Euro teurer Trommelelektroröster mit eigenem Abluftsystem. Darin kann der 31-Jährige bis zu 2,4 Kilo je Durchgang rösten.

Das ist schon lange mehr als nur ein Hobby: Im Juni 2020 hat Timo Wittenberg die Kaffeerösterei iRöschd gegründet, im Dezember ging sein Shop online. Dass seine Küche heute weder Café noch Verkaufsraum ist, liegt daran, dass er im Wohngebiet keine Kunden empfangen dürfe, erklärt er. Wohne ein Kunde aber bei ihm in Maubach oder in Backnang, fahre er die Bestellung auch mal bis an die Tür.

Für den perfekten Kaffee ist die Qualität der Bohnen und die Röstung wichtig

Hauptberuflich arbeitet Timo Wittenberg nach wie vor als Finanzierungsberater. Er hat BWL und gehobenen Verwaltungsdienst studiert. Langfristig ist es aber sein Ziel, die Rösterei in Vollzeit betreiben zu können – falls er die geeignete Location dafür findet, gerne mit eigenem Café. Die Zubereitung steht für ihn jedoch nicht im Vordergrund. „Für den perfekten Kaffee ist die Qualität der Bohnen und die Röstung wichtiger“, erklärt er. Außerdem interessiere ihn das Handwerk hinter dem Getränk am meisten.

Als er mit dem Rösten anfing, habe er „alles vergeigt, was man vergeigen kann“, sagt er. Die Qualität der Kaffeebohnen war nicht ausreichend, die Röstdauer zu kurz. Als selbst erklärter Perfektionist besuchte er daraufhin zwei Röstseminare und versuchte es mit einer etwas teureren Bohne. „Das hat dann super gepasst“, sagt er. Mittlerweile röstet Wittenberg nur noch Parzellenkaffee oder Specialty Coffee. Während Specialty Coffee besonders strengen Kriterien unterliegt – unter 300 Gramm Bohnen dürfen zum Beispiel nur drei fehlerhafte, also solche mit Rissen, Brüchen oder sonstigen Schäden sein –, zeichnet sich der Parzellenkaffee dadurch aus, dass die Bohnen nach Feldern, sprich Parzellen, geerntet werden. „Der Kaffee, der neben dem Kirschbaum wächst, schmeckt anders als der neben dem Zitronenbaum“, sagt er.

Das zweite Kriterium, auf das Wittenberg achtet, ist die Röstdauer. Zwischen 16 und 25 Minuten röstet er die Bohnen, je nach Sorte. Ein Filterkaffee enthält mehr Fruchtsäure als ein Espresso. Der soll eher schokoladig schmecken, sagt Wittenberg. Die lange Röstzeit ist seiner Meinung nach der Hauptgrund, warum sein Kaffee besser verträglich ist als die normale Industrieröstung aus dem Supermarkt. „Die Chlorogensäure, die in Kaffee enthalten ist, und die viele nicht vertragen, wird bei einer langen Röstung abgebaut“, erklärt er.

Er selbst trinkt sechs Tassen pro Tag – und hat seinen Konsum damit schon stark reduziert, sagt er. Dabei hat er seinen ersten Kaffee erst mit 20 Jahren getrunken: eine Tasse Filterkaffee nach einer Gemeinderatssitzung. „Der war sauwiderlich“, erinnert er sich. Lange hat er sich deshalb eher für Cola als für Kaffee entschieden. Heute trinkt er am liebsten Flat White: zwei Espressi mit aufgeschäumter Milch, selbstverständlich aus eigener Röstung. Oft nimmt er dazu auch Hafermilch. „Früher habe ich viel Sport gemacht und deshalb viele Milchprodukte konsumiert, das wollte ich ein bisschen reduzieren“, erzählt er.

Je weniger Zwischenhändler es gibt, desto mehr verdienen die Kaffeebauern

Sein ehemaliges Fitnesszimmer hat er zum Lager umfunktioniert, zu seinem „Kaffeereich“. Zehn große weiße Eimer geröstete Bohnen stehen dort sowie Kaffeesäcke, in denen die noch grüne Bohnen sind. Die kommen meist von den Kaffeebauern selbst. Der direkte Handel ist Wittenberg wichtig. „Je weniger Zwischenhändler es gibt, desto mehr verdienen die Bauern an ihrem Kaffee“, sagt er. „Die wenigsten in Deutschland wissen, dass auf ein Kilo allein 2,19 Euro Kaffeesteuer entfallen. Dazu kommt die Mehrwertsteuer. Man kann sich ausrechnen, was ein Kilo kosten muss, damit es sich auch für den Bauern rechnet.“

Auch Cindy Schubert, Geschäftsführerin und Inhaberin des Cafés Explorer Coffee in der Marktstraße in Backnang, setzt auf den direkten Kauf bei Kleinhändlern. Außerdem bezieht sie Kaffee von Kaffeekooperativen und einem Rohkaffeehändler in Hamburg. „So weiß ich, dass die Bauern unter fairen Bedingungen arbeiten“, sagt sie. Die 47-Jährige sitzt an einem Tisch im ersten Stock ihres Cafés in Backnang. Dort gehen im Vergleich zu Winnenden, wo es eine Schwesterfiliale gibt, mehr Biokaffees und Espressi über die Ladentheke, berichtet sie. „Viele hier haben Siebträgermaschinen“, weiß Cindy Schubert. Und viele nutzen die Vollautomaten nicht richtig. Sie kaufen gleich ein Kilo Kaffeebohnen und schütten einfach wieder nach, sobald der Behälter der Maschine sich leert. Ein Fehler, betont Schubert: „Wenn die Bohne zu lang im Automaten ist, verändert sie ihren Geschmack. Ab 40 Grad rösten die Bohnen weiter.“ Deshalb ist für sie der normale Filterkaffee die perfekte Kaffeeart: „Da können sich mehr Aromen lösen.“ Ihre Lieblingskaffeesorte ist ein sortenreiner Kaffee aus Peru. „Der wächst nahe Machu Picchu, hat eine leichte Schokonote und nicht so viel Säure.“

Für David Weller vom Café Weller in der Schillerstraße kommt es auf die Tageszeit und die Umstände an, welchen Kaffee er bevorzugt: „Zum Frühstück trinke ich gerne einen Kaffee Crema, weil er leichter ist. Zum Kuchen nachmittags darf’s auch mal ein kräftiger Filterkaffee sein.“ Seit der Wiedereröffnung seines Cafés im Oktober 2020 hat der 30-jährige Konditormeister noch einen besonderen Kaffee im Angebot: den Cold Brew Nitro.

Der wird zubereitet, indem man frisch gemahlenes Kaffeemehl mit kaltem Wasser übergießt und mindestens 24 Stunden lang ziehen lässt. Der Kaffee wird durch eine Druckluftanlage gelassen und mit Stickstoff versetzt, wodurch er sehr cremig wird. Mit drei Eiswürfeln wird er aus einem hohen Glas getrunken. „Durch die lange Ziehzeit ist der Kaffee extrem mild und hat ein fruchtiges Aroma“, sagt David Weller. „Die Bitterstoffe kommen nicht so zu tragen wie bei einem normalen Kaffee. Aber er hat extrem viel Koffein – ungefähr eineinhalbmal so viel wie ein Filterkaffee, schätze ich. Der macht auf jeden Fall wach!“ Und das ist ja auch nicht ganz unwichtig für einen Kaffee.

Die perfekte Tasse Kaffee

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Was es mit dem internationalen Tag des Kaffees am 1. Oktober auf sich hat

Geschichte Der Ursprung des internationalen Tags des Kaffees ist unbekannt. Beschlossen wurde er 2014 von der International Coffee Organization (ICO). 2015 wurde er erstmals gefeiert.

Hintergrund Der Kaffeetag soll auch zu einem faireren Konsum anregen. „Viele Kaffeebauern verdienen nicht genug, um ihren Lebensunterhalt zu bestreiten“, berichtet die ICO.

Deutschland Hierzulande hat der Deutsche Kaffeeverband den Tag des Kaffees im Jahr 2006 ins Leben gerufen. 2021 wird er zum 16. Mal mit Aktionen rund um den Kaffee begangen.

Konsum Rund 168 Liter Kaffee trinken die Deutschen nach Angaben des Deutschen Kaffeeverbands jährlich im Schnitt pro Kopf – deutlich mehr als jedes andere Getränk bis auf Wasser.

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Erstellt:
1. Oktober 2021, 06:00 Uhr

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