950 Jahre Calw
Die schönste Stadt von allen, die der Hesse kannte
Gern wird in Calw das Dichterwort des großen Sohnes Hermann Hesse bemüht. Vor allem, wenn es was zu feiern gibt, wie nun das 950-Jahr-Jubiläum.

© Recken
Die mehr als 200 Fachwerkhäuser von Calw stehen unter Denkmalschutz.
Von Maren Recken
Womöglich war der große Dichter nicht ganz unvoreingenommen, immerhin hat er 1877 in Calw das Licht der Welt erblickt. Und so schrieb Hermann Hesse: „Zwischen Bremen und Neapel, zwischen Wien und Singapore habe ich manche hübsche Stadt gesehen […]. Die schönste Stadt von allen aber, die ich kenne, ist Calw an der Nagold, ein kleines, altes, schwäbisches Schwarzwaldstädtchen.“
In diesem Jahr nun feiert die so Gelobte ihr 950-Jahr-Jubiläum. Eine jung gebliebene Schöne mit Fachwerkcharme, die sich als Kleinstadtperle touristisch vermarktet: Als eine der zwanzig schönsten Städte Baden-Württembergs, mit historischen Gassen, malerischen Plätzen, netten Lokalen und zahlreichen Events.
1075 wurde „Chalawa“ im Zusammenhang mit der Neugründung des Klosters Hirsau – heute ein Stadtteil Calws – erstmals urkundlich erwähnt. „Südlich von Hirsau auf eine kahlen Berg – althochdeutsch chalawa – errichten sie eine Burg, deren nahegelegene Handwerkersiedlung die Keimzelle der späteren Stadt Calw wird“, steht im historischen Abriss zum 950-Jahr-Jubiläum. Das Kloster beeindruckt heute als imposante Ruine. Im Mittelalter spielte die Benediktinerabtei im Investiturstreit zwischen Papst und Kaiser kirchlich und politisch eine wichtige Rolle und war dem Papst direkt unterstellt. Doch auch die einstige Handwerkersiedlung entwickelte sich weiter: Erst zur bedeutenden mittelalterlichen Handelsstadt, in der vor allem um Tuch und Leder gefeilscht wurde. Im 18. Jahrhundert ließ die Flößerei Calw wirtschaftlich aufblühen. Der Ausbau der Eisenbahn brachte Calw zwar das Ende der Flößerei, 1872 mit dem Bau der Schwarzwaldbahn aber auch den Anschluss ans Streckennetz der Württembergischen Staatseisenbahn. Seit den 1970er Jahren ist Calw Große Kreisstadt im gleichnamigen Landkreis.
Dass heute fast die gesamte historische Innenstadt mit über 200 Fachwerkhäusern unter Denkmalschutz steht, liegt in der Stadtgeschichte begründet. 1634 zerstörten im Dreißig Jährigen Krieg kaiserliche Truppen die Stadt, nach der Niederlage der mit Württemberg verbündeten Schweden. 1692 taten es ihnen die Franzosen im Pfälzischen Erbfolgekrieg nach. Während das ebenfalls durch die Franzosen zerstörte Kloster Hirsau eine Ruine blieb, bauten die Calwer ihre Stadt in nur zwei Jahren wieder auf.
„Hier auf dem Marktplatz sehen wir, was das Calwer Fachwerk so besonders macht. Seine Einheitlichkeit, das harmonische Gesamtbild. Denn fast alle Fachwerkhäuser in Calw sind in derselben Zeit entstanden, und zwar nach einem großen Stadtbrand, der die Stadt im Jahr 1692 fast komplett zerstört hat“, erfahren die Touristen, die Calw mittels der Lauschtour-App auf eigene Faust erkunden. Doch egal ob digital oder klassisch mit Stadtführer, es gibt viel zu entdecken und auch zu viel feiern – übers ganze Jahr verteilten. Zum Höhepunkt zählt das Jubiläumsstadtfest Ende Juni: Mit Live-Musik auf mehreren Bühnen, Akteuren aus Calw und Umgebung, einem Vergnügungspark für Kinder und jeder Menge kulinarischen Genüssen.
Calw – eine Stadt feiert sich selbst
Stadtfest Das große Ereignis steigt vom Freitag, 27., bis Sonntag, 29. Juni, 2025. Den Startschuss gibt OB Florian Kling an Freitag, 18.30 Uhr, auf dem Marktplatz.
Events Übers Jahr verteilt gibt es reichlich Veranstaltungen. Von 4. Juli bis 5. August geht der Gerbersauer Lesesommer über die Bühne; am 5. Juli steigt ein historischer Festumzug mit anschließendem Musikfest; vom 16. August bis 6. September findet das Sommerkino unter freiem Himmel statt; vom 27. bis 30. November gibt es den Märchenhaften Weihnachtsmark.