Die Versorger haben vorgesorgt

Die kritische Infrastruktur im Kreis ist trotz der sich rasch verbreitenden Coronavirusvariante Omikron gut aufgestellt. Polizei, DRK und Feuerwehr sowie Kliniken, Energie- und Wasserlieferanten und Abfallwirtschaft sind gewappnet.

Bislang hat die Coronapandemie zu keiner Zeit zu einer Überforderung des DRK-Rettungsdiensts geführt. Foto: DRK-Kreisverband Rems-Murr

Bislang hat die Coronapandemie zu keiner Zeit zu einer Überforderung des DRK-Rettungsdiensts geführt. Foto: DRK-Kreisverband Rems-Murr

Von Florian Muhl

Rems-Murr. Angesichts der Coronapandemie und der sich rasch verbreitenden Virusvariante Omikron ist die Lage im Rems-Murr-Kreis aktuell stabil. „Wir sind gut aufgestellt für die vierte Welle“, sagt Richard Sigel. „Das ist auch der Tenor der Mitglieder des erweiterten Krisenstabs mit Vertretern des Kreises und Gesundheitsamts, der Städte und Gemeinden, der Kliniken, der Kreisärzteschaften, des Polizeipräsidiums Aalen, des Amtsgerichts und des Staatlichen Schulamts Backnang. Auch das Landratsamt und seine Tochterunternehmen AWRM, Kreisbau und Kliniken haben die Schutzmaßnahmen hochgefahren und sind gut gewappnet“, so der Landrat weiter. Der erweiterte Krisenstab war am Dienstag zu einer Besprechung zusammengekommen.

Zur kritischen Infrastruktur in Städten und Gemeinden in den Sektoren Energie und Wasser gehören Trink- und Abwasser sowie Strom und Gas. Im Zug der Digitalisierung wird bereits viel über Leitsysteme, also Software zur technischen Steuerung der Anlagen, gearbeitet, diese sind gut zu trennen, sodass bei einem Krankheitsfall nur einzelne Personen ausfallen und andere einspringen können. „Die technischen Infrastrukturen haben – aufgerufen durch das Land – ihre Regeln vor Weihnachten nochmals spezifisch betrachtet und gegebenenfalls nachgeschärft, um auf Omikron vorbereitet zu sein“, teilt Leonie Graf, Pressesprecherin des Landratsamts, mit.

Mitarbeiter der Stadtwerke sind rund um die Uhr erreichbar. Archivfoto: J. Fiedler

© Jörg Fiedler

Mitarbeiter der Stadtwerke sind rund um die Uhr erreichbar. Archivfoto: J. Fiedler

Aktuell nicht im Krisenmodus, sondern im Regelmodus arbeiten die 50 Beschäftigten der Stadtwerke Backnang, wie deren Geschäftsführer Thomas Steffen auf Anfrage sagt. Es gebe derzeit keinen entsprechenden Krankheitsfall und die Impfquote bei den Kollegen liege deutlich über dem Bundesschnitt. Notfallpläne seien bereits vor zwei Jahren zusammen mit dem Bundesverband der Energie- und Wasserwirtschaft und dem Verband kommunaler Unternehmen erarbeitet worden.

„Die Bürger brauchen keine Sorge haben, das Gas- und Wassernetz bricht nicht zusammen“, sagt Steffen. Auch die Stadtwerke Backnang seien bestens gewappnet. Organisatorische Maßnahmen seien vor allem Alleinarbeit und Hygiene- beziehungsweise Abstandsregelungen und Maskenpflicht. Zudem würden sich viele der Beschäftigten, von denen rund die Hälfte in Büros arbeitet und die andere Hälfte vor Ort im Netzbetrieb, gar nicht begegnen. Auch gebe es beim Netzbetriebspersonal zwei Schichten, die jeweils unabhängig voneinander tätig seien. Steffen weist auch auf die Rufbereitschaft hin: „Vier Mitarbeiter von uns sind immer erreichbar, an 365 Tagen im Jahr, jeweils an 24 Stunden, also immer rund um die Uhr. Wir bekommen keine kalten Füße.“

„In den Kliniken ist die Lage mittlerweile stabil und auch – vergleichsweise – entspannt“, teilt Leonie Graf mit. Auch bei den niedergelassenen Ärzten sei die Lage grundsätzlich aktuell stabil. „Aber: Es wird davon ausgegangen, dass durch vermehrte Kontakte in den Praxen, beispielsweise durch Abstriche, es zu mehr Ausfällen durch Isolation des Personals kommen könnte“, so die Landratsamtssprecherin weiter. „Diese Omikronwelle könnte das ambulante System stärker treffen als Kliniken. Auch hier gibt es Notfallpläne.“

Zur kritischen Infrastruktur gehören im Gesundheitsbereich auch die Notfallrettung und die Integrierte Leitstelle, die als ständig besetzte Einrichtung der nicht polizeilichen Gefahrenabwehr sämtliche Hilfeersuchen und Notrufe der Bevölkerung über die Notrufnummer 112 entgegennimmt. Der DRK-Kreisverband sorgt als größte Hilfsorganisation im Rems-Murr-Kreis mit einem leistungsstarken Rettungsdienst für eine zuverlässige Notfallversorgung. „Mit dem vor Jahren entwickelten Pandemieplan gab es bei uns im Kreis ein theoretisches Konzept als Blaupause, das in der Praxis sofort anwendbar war“, schildert Marco Flittner. „Im Rettungsdienstbereich mussten wir den Plan lediglich auf den speziellen Coronakontext anpassen. Unser Plan hat bis in die letzte Eskalationsstufe gegriffen“, so der Rettungsdienstleiter.

Bislang habe die Coronapandemie zu keiner Zeit zu einer Überforderung des DRK-Rettungsdiensts geführt. Hochspezialisierte Notfallsanitäter und Disponenten seien für einen Regelbetrieb ausreichend vorhanden. Derzeit kann der DRK-Rettungsdienst die geforderten Vorhaltungen umfänglich bedienen, wenngleich die Omikronwelle bei Weitem noch nicht ihre volle Wirkung entfaltet hat, so Flittner. Explodierende Inzidenzen bedeuten dabei auch immer, dass die Einsatzkräfte einer massiv erhöhten Infektionsgefahr ausgesetzt sind.

„Unsere Mitarbeiter als Teil der Gesellschaft sind außerhalb des beruflichen Arbeitsumfelds ebenso einer Infektionsgefahr ausgesetzt und treten diesem Fakt mit größtem Verantwortungsbewusstsein entgegen, um die Einsatzbereitschaft sicherzustellen“, würdigt DRK-Kreisgeschäftsführer Sven Knödler das Engagement der Einsatzkräfte. Dies bedeute seit zwei Jahren Verzicht und Einschränkungen. „Wir sind stolz auf unsere Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, merken aber auch eine berechtigte Müdigkeit, was das Thema Corona angeht“, so Knödler weiter. Für die Zukunft müssten eine auf Krisen und Katastrophen ausgerichtete Bereitstellung ausreichender Reserven und die Regelung der Finanzierung gesichert werden. In der politischen Diskussion kommt dem Kreisgeschäftsführer die Bedeutung des Rettungsdiensts zu kurz.

Bei einer theoretischen Überlastung der professionellen Notfallrettung steht ein großer Pool motivierter und qualifizierter ehrenamtlicher Helferinnen und Helfer für den Katastrophenschutz zur Verfügung. Der DRK-Kreisverband geht über die strengen Vorgaben des Innenministeriums sogar hinaus, um das Infektionsrisiko zu minimieren und die Einsatzbereitschaft aufrechtzuerhalten. Es gelten die 2-G-plus-Regel sowie eine Testpflicht. Die „Schnelleinsatzgruppen Erstversorgung“, von denen es im Kreis vier gibt, sind doppelt besetzt.

Beim Polizeipräsidium Aalen haben die Eindämmung der Pandemie und der Schutz der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter oberste Priorität, um die Funktionsfähigkeit der Polizei zu gewährleisten. „Es wurden deshalb umfangreiche Regelungen und organisatorische Maßnahmen getroffen und vorbereitet, die immer wieder überprüft und angepasst werden“, sagt Polizeisprecher Holger Bienert. Und weiter: „Obwohl sich derzeit auch Kolleginnen und Kollegen in Quarantäne befinden oder vorsorglich vom Dienst freigestellt sind, können wir bei allen Organisationseinheiten weiterhin einen uneingeschränkten Dienstbetrieb gewährleisten.“ Sollten in einzelnen Bereichen personelle Engpässe entstehen, würden interne Ausgleichsmaßnahmen erfolgen.

„Wir sind darauf eingestellt, dass wir, wenn dies erforderlich wird, unsere polizeilichen Maßnahmen entsprechend priorisieren und uns um die wichtigen Sicherheitsbedürfnisse der Bevölkerung kümmern“, sagt Bienert. Bislang habe es aber keinen Anlass gegeben, dass die Polizei ihre anstehenden vordringlichen Aufgaben nicht hätte bewältigen können.

Entsorgungsunternehmen arbeiten im Schichtbetrieb. Archivfoto: J. Fiedler

© Jörg Fiedler

Entsorgungsunternehmen arbeiten im Schichtbetrieb. Archivfoto: J. Fiedler

Die im Kreis eingesetzten Entsorgungsunternehmen verfügen über ein entsprechendes Ausfallkonzept. Zur Vermeidung einer Ansteckung im Unternehmen spielt auch die Gruppenbildung eine wesentliche Rolle. Als weitere Präventivmaßnahme wird bereits früh Kontakt mit entsprechendem Aushilfspersonal aufgenommen, diese Mitarbeiter stehen dann sozusagen schon in den Startlöchern, um – falls erforderlich – schnell aushelfen zu können. Zudem haben die Entsorgungsunternehmen bereits Kontakt zu Personaldienstleistern, die auf diesen Bereich spezialisiert sind.

Sollte es trotz aller Maßnahmen zu einer Situation kommen, in der nicht genügend Mitarbeiter zur Verfügung stehen, erfolgt eine Priorisierung der Touren. Innerhalb der Kommunaltouren wird die Leerung der Rest- und Biomüllbehälter vorrangig behandelt. Das bedeutet, dass beispielsweise die Abholung von Altpapier oder Sperrmüll verschoben werden kann.

Für die gesamte Stadtverwaltung in Backnang gilt ein Hygieneleitfaden. Ausgenommen davon sind die Bereiche der städtischen Kinderbetreuungseinrichtungen, da diese durch Einzelverordnungen des Landes geregelt werden. Während der Pandemie ist die Teamtrennung der einzelnen Fachabteilungen eingeführt worden, sodass in einem Infektionsfall eine redundante Bearbeitung erfolgen kann. Im Bereich der Kläranlage sowie im Baubetriebshof wird seit Beginn der Pandemie im Zwei-Schicht-Betrieb gearbeitet, um die Kontakte zwischen den einzelnen Mitarbeitern so gering wie möglich zu halten. Allerdings kann es im „Notfallbetrieb“ unter Umständen zu Einschränkungen im Winterdienst kommen, da ein reduziertes Team die umfangreichen Aufgaben nicht vollumfänglich und zeitnah erledigen kann. „Eine Gefährdung der für unsere Bürgerschaft so wichtigen kritischen Infrastruktur durch eine weitere Omikronwelle ist nicht gegeben“, sagt Backnangs Oberbürgermeister Maximilian Friedrich.

So ist die Polizei erreichbar

Anzeigen Die Anzeigeerstattung ist stets möglich. Die Kontaktaufnahme kann zudem über die Internetwache der Polizei Baden-Württemberg erfolgen. Auch das Übersenden von nicht dringenden Hinweisen zu Straftaten ist unter www.polizei-bw.de/internetwache möglich.

Besuche Wer unbedingt persönlich auf einer Dienststelle erscheinen muss, soll den Besuch im Vorfeld telefonisch ankündigen.

Notrufe Für dringende Meldungen ist die Polizei über die 110 erreichbar.

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Erstellt:
13. Januar 2022, 06:00 Uhr

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