Die Waldorfschule Backnang feiert ihren Neubau

Am Samstagnachmittag haben zahlreiche Schüler, Eltern und Lehrer der Freien Waldorfschule Backnang die Einweihung des Neubaus gefeiert. Neben zwölf neuen Unterrichts- und Aufenthaltsräumen sowie modernster Technik wurde vor allem die Sporthalle lange herbeigesehnt.

Bei der Einweihung bieten Schüler der Oberstufe den jüngeren Kindern unter anderem Kinderschminken und Basteln an. Die Eltern können nebenher die hohen, hellen Unterrichtsräume und die digitalen Tafeln mit Touchscreen bewundern. Fotos: Tobias Sellmaier

© Tobias Sellmaier

Bei der Einweihung bieten Schüler der Oberstufe den jüngeren Kindern unter anderem Kinderschminken und Basteln an. Die Eltern können nebenher die hohen, hellen Unterrichtsräume und die digitalen Tafeln mit Touchscreen bewundern. Fotos: Tobias Sellmaier

Von Anja La Roche

Backnang. Dreimal schlägt ein Lehrer der Freien Waldorfschule Backnang auf die Schulglocke. Diese wurde vor sieben Jahren gegossen und von Schülern gestaltet, „für einen Zeitpunkt, wenn unsere Schule vollständig ist“, sagt die Geschäftsführerin Katrin Walker. Der Zeitpunkt ist diesen Samstagnachmittag gekommen: Feierlich weiht die Schulgemeinschaft den Neubau in der Hohenheimer Straße ein, welcher den Waldorfcampus komplett macht. Drei Oberstufenschüler durchtrennen mit einer überdimensionalen Schere das bunte Band am neuen Eingang. Die Schüler, Familien und Lehrer strömen in die neuen Räume.

In dem vierstöckigen Neubau erkunden sie die hohen, lichtdurchfluteten Räume, die neue Sporthalle, die Unterrichtsräume für die Abschlussklassen, die Fachräume für Naturwissenschaften, die neuen Begegnungs- und Aufenthaltsräume, das Kunstatelier, den neuen Musiksaal, den Raum für Kartonage, die Bibliothek. Schüler spielen den Gästen auf der Gitarre vor, präsentieren ihre Kunstwerke und bieten frische Smoothies an. Fünf Wochen können sie die neuen Räume bereits nutzen. „Wir haben jetzt mehr Platz“, sagt Klara aus der 9. Klasse. Wenn sie in eine der Abschlussklassen kommt, könne sie zudem in Ruhe und mit mehr Abstand zu den jüngeren Schülern auf die Prüfungen lernen. Mila gefällt wiederum besonders die Bibliothek, in der es auch Zugang zu Computern geben wird, und die Schülerküche, die noch eingerichtet werden soll. „Die Räume sind schön geworden“, findet Sara. Die Räume für die naturwissenschaftlichen Fächer hätten eine gute Ausstattung. Und besonders gut gefallen der Schülerin die Aufenthalts- und Gruppenräume. Das Gespräch wird unterbrochen von lauter Musik, Sara und ihre Mitschüler reihen sich auf und beginnen zu tanzen – ein Flashmob für die Besucher.

Kein Platz für mehr Schüler

Die Schule habe sich qualitativ verbessert, nicht quantitativ, erklärt Walker. Es wird künftig nicht mehr Plätze geben als für die derzeitigen 445 Schüler, stattdessen haben diese nun mehr Platz, um praktisch zu arbeiten. Die Begabungen der Kinder und Jugendlichen sollen so noch besser gefördert werden, sei es in der Musik, Kunst, Bewegung oder in den Naturwissenschaften. „Wir haben die modernste Ausstattung der Schulen im Landkreis“, sagt Walker über die neuen Fachräume für Chemie, Physik und Biologie. Die Schule hat zudem einen Glasfaseranschluss und digitale Tafeln in allen Unterrichtsräumen. „Ich würde sagen, wir sind jetzt die am modernsten ausgestattete Waldorfschule in Deutschland“, sagt die Geschäftsführerin.

Die Besucher testen die neuen Mikroskope für den Biologieunterricht.

© Tobias Sellmaier

Die Besucher testen die neuen Mikroskope für den Biologieunterricht.

Acht Jahre Planungs- und Bauzeit liegen hinter der privaten Schule. Die 13,5 Millionen Euro stammen zu einem Drittel aus Eigenkapital. Letzten Endes wird der Bau aus den Beiträgen der Eltern finanziert. Walker richtet einen besonderen Dank an die Eltern und Unterstützer, die auch ehrenamtlich mitgearbeitet haben. Vorstand Erich Apperger dankt zudem der Stadtverwaltung für ihr großes Engagement.

„Ich bin total happy, dass dieser Bau jetzt endlich steht“, sagt die Lehrerin Hülya Bandirma. Am besten sei die neue Sporthalle. Das findet auch die Mutter Viola Klasen. Ihre Kinder mussten bislang zweimal in der Woche zu den Sporthallen auf dem Hagenbach oder in Backnang-Steinbach fahren, das sei stressig gewesen. „Die Kinder sind hellauf begeistert“, berichtet die Mutter.

Kinder toben sich in der Sporthalle aus, die in das neue Gebäude integriert ist.

© Tobias Sellmaier

Kinder toben sich in der Sporthalle aus, die in das neue Gebäude integriert ist.

Das spiegelt auch die Stimmung bei den Eröffnungsreden wider. Der Platz zwischen Neubau und Altbau ist proppenvoll mit Eltern, Lehrern und Schülern von klein bis groß. Immer wieder gibt es Applaus. „Die Schule ist jetzt so, wie wir sie uns gewünscht haben“, sagt Sportlehrer David Sauer. Der Lehrer Matthias Riff gibt den Besuchern einen Rückblick auf die Geschichte der Waldorfschule in Backnang (siehe Infotext). Dazu trägt er passenderweise Zylinder und Frack. Er beginnt seine Rede mit einem Zitat des amerikanischen Bürgerrechtlers Martin Luther King: „I have a dream.“ So, wie auch die Eltern und Lehrer der Waldorfschule Backnang lange den Traum vom eigenen Schulhaus hatten, der nun vervollständigt werden konnte.

Abschlussklassen auf einer Etage vereint

Im Namen aller Schüler richtet auch Julian Renz aus der 13. Klasse einige Worte an die Gäste. „Wir können uns heute glücklich schätzen“, sagt er. Die neuen Räume seien großzügig, weitläufig und von Licht durchströmt. Die Abschlussklassen seien nun auf einer Etage vereint.

Die Architektin Regine Bühler erklärt, dass der Neubau, der 3180 Quadratmeter umfasst, das untere und obere Gelände der Waldorfschule wie ein Gelenk verbindet. Die geschwungene Form nehme die Bogenform des Altbaus auf und führe ihn weiter. Zwischen den beiden Schulhäusern entstehe eine neue Mitte, wo die Schüler sich an der frischen Luft begegnen können. Die Gestaltung des Außenbereichs steht der Schule noch bevor. Eine anthroposophische Architektur, die natürliche Materialien und organische Formen beinhaltet, stand im Mittelpunkt der Konzeption. Rechte Winkel wurden möglichst vermieden.

Oberbürgermeister Maximilian Friedrich spricht von einem Freudentag. Er bittet um Verständnis für Hindernisse, die den Bau verzögert hätten, etwa die Notwendigkeit einer Erbpacht, weil das Grundstück dem Landkreis gehört. „Die Waldorfschule ist eine Bereicherung zur Bildungslandschaft in Backnang“, sagt Friedrich. Er sehe sie nicht als Konkurrenz zu den anderen Schulen, sondern begrüße das Konzept der ganzheitlichen Weiterentwicklung der Schüler. „Ich finde, Sie können absolut stolz darauf sein, was Sie hier leisten.“ Besonders lobt der OB die neue Sporthalle, die der Stadt angesichts knapper Hallenkapazitäten gelegen kommt. „Wir können helfen, die Halle noch weiter mit Leben zu füllen“, fügt er hinzu.

Von einem Raum zum Schulhaus

Anfang Die Schule wurde mit wenigen Schülern vor fast 30 Jahren unter dem Namen Freie Schule Oberes Murrtal gegründet. Unterrichtet wurde in einem einzigen Raum in Sulzbach an der Murr-Bartenbach.

Untermieter Die Schule ist immer weiter gewachsen und nutzte Räume im Backnanger Bandhaus, im Schweizerbau und in einem Verwaltungsgebäude der vormaligen Spinnerei Adolff für den Unterricht.

Neubau Vor fast 19 Jahren wurde ein eigenes Schulhaus an der Hohenheimer Straße bezogen. Mit dem Neubau und der Sporthalle, die von April 2021 bis Juli 2023 gebaut wurden, ist der Campus nun komplett.

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Erstellt:
23. Oktober 2023, 06:00 Uhr

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