Verbrenner-Aus
Die Zukunft ist trotzdem elektrisch
Europas Autobauer bekommen eine Verschnaufpause in Sachen Verbrenner-Aus. Sie werden aber nicht aus der Verantwortung entlassen, meint Knut Krohn.
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Ladesäulen sind grundlegend für den Ausbau der E-Mobilität.
Von Knut Krohn
Das harte Verbrenner-Aus steht vor dem Aus. Das ist eine gute Nachricht für die deutschen Autobauer. Sie bekommen in schwierigen Zeiten eine Atempause, die sie allerdings nutzen müssen. Denn auch wenn Brüssel die schon vor Jahren fest vorgegebenen Ziele nun entschärft, steht weiterhin fest: Die Zukunft der Mobilität ist elektrisch.
Diese Gewissheit, dass der eingeläutete Wandel nicht mehr aufzuhalten ist, kann die Umweltschützer allerdings nicht beruhigen. Sie empören sich über das „Einknicken“ der EU-Kommission gegenüber einer übermächtigen Wirtschaftslobby. Damit haben sie allerdings nur zum Teil recht. Denn das harte Verbrenner-Aus wurde ausgehandelt, als die Folgen der Coronapandemie noch nicht absehbar waren, ein Krieg in der Ukraine als undenkbar galt und sich Europa wirtschaftlich, politisch und militärisch felsenfest auf die USA verlassen konnte. So gesehen ist es richtig, die Ziele nun neu zu justieren, denn es geht um einen Kernbereich der industriellen Basis Europas.
Schummel-Software hier, Batterieentwicklung in China
Die Autoindustrie und ihre Zulieferer beschäftigen mehr als drei Millionen Menschen. Allerdings müssen sich die Autobauer den Vorwurf gefallen lassen, dass sie die Entwicklung in Richtung E-Mobilität verschlafen haben. Überspitzt formuliert: Während deutsche Ingenieure an einer Schummel-Software für Dieselautos tüftelten, trieben ihre Kollegen in China die Entwicklung von Batterien voran. Auch deshalb können Hersteller wie BYD massentaugliche und bezahlbare E-Autos auf den Markt bringen.
Dass dieser Vorsprung nicht nur an den massiven Subventionen aus Peking liegt, zeigt das Beispiel Tesla. Eines der zentralen Probleme aber ist, dass alle Seiten von viel zu optimistischen Zahlen beim Verkauf von Elektroautos ausgegangen sind. So hat Porsche das Volumenmodell Macan auf elektrischen Antrieb umgestellt und entwickelt wegen der stockenden Nachfrage nun doch noch schnell einen neuen Verbrenner. Mercedes wollte allein auf Elektroantrieb setzen und behält nun die Verbrenner länger.
Auch in Brüssel wurde überraschend spät realisiert, dass die Elektromobilität kein Selbstläufer ist, sondern die Politik das Hochlaufen gezielt steuern muss. Allerdings ist es geradezu bestürzend zu sehen, wie viele handwerkliche Fehler in Brüssel gemacht wurden. Es wurde schlicht verpasst, die zentralen Probleme energisch anzugehen. So wurde zwar viel über den Ausbau der Ladeinfrastruktur geredet, lange ist aber zu wenig passiert. Die oft irrationale Angst, mit leerer Batterie liegenzubleiben, ist noch immer einer der wichtigsten Gründe, sich gegen den Kauf eines E-Fahrzeuges zu entscheiden.
Bei Batterien sind Träume noch immer Schäume
Doch wird es nicht genügen, die Zahl der Ladesäulen dramatisch zu erhöhen. Die können nur betrieben werden, wenn in ganz Europa ein belastbares und intelligentes Stromnetz zur Verfügung steht. Zudem sind die Strompreise für das Laden zu hoch. Ziel muss es sein, dass E-Autos billiger fahren als Verbrenner, auch hier kann die Politik steuernd eingreifen. Und wieso gelingt es nicht, eine europaweite Batteriefertigung aufzubauen? In Brüssel träumt man seit Jahren von einem „Airbus für Batterien“, doch noch immer sind diese Träume nur Schäume.
Die To-do-Liste ließe sich beliebig verlängern und es zeigt sich, dass es eine umfassende industriepolitische Strategie braucht, um den Konzernen bei der Transformation zu helfen – ohne sie aus der Verantwortung zu entlassen. Dieses koordinierte Vorgehen kann nur auf europäischer Ebene entwickelt und umgesetzt werden. Das wird aber nur zum Erfolg führen, wenn mit dem richtigen Maß an Pragmatismus gearbeitet wird. Nur dann besteht die Chance, dass Klimaschutz und Industrie im gleichen Maße profitieren.
