Russischer Angriffskrieg
Diese sieben Regionen der Ukraine stehen im Fokus Moskaus
Russland hält bereits einen erheblichen Teil der Ukraine militärisch besetzt. Doch die Ziele Moskaus gehen noch weiter, wie folgender Überblick zeigt.

© Imago/Ukrinform
Wie geht es weiter? Was kommt als Nächstes? Eine ukrainische Familie schaut nach eoinem russischen Drohneangriff fassungslos auf ihr zerstörtes Zuhause in der ostukrainischen Stadt Charkiw.
Von AFP/Markus Brauer
In den Verhandlungen um ein mögliches Ende des seit dreieinhalb Jahren andauernden russischen Angriffskrieges in der Ukraine spielen sieben ukrainische Regionen eine wichtige Rolle: Donezk und Luhansk im Osten, Cherson und Saporischschja im Süden, die 2014 annektierte Halbinsel Krim im Schwarzen Meer sowie die nordöstlichen Gebiete Sumy und Charkiw.
Moskau fordert, dass sich die ukrainischen Streitkräfte aus Luhansk und Donezk zurückziehen. Im Gegenzug könnte Russland die Frontlinie in den Regionen Cherson und Saporischschja einfrieren, in denen die größten Städte weiter unter ukrainischer Kontrolle stehen. Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj hat jeglichen Gebietsabtritten bislang eine Absage erteilt. Ein Überblick:
Donezk und Luhansk
Die beiden an Russland angrenzenden Regionen bilden den Donbass, dessen Eroberung für Kreml-Chef Wladimir Putin oberste Priorität hat. Das fast 55.000 Quadratkilometer umfassende Gebiet ist etwa doppelt so groß wie Belgien und verfügt über riesige Kohle- und Metallerzvorkommen.
Bereits seit 2014 wird der Donbass in Teilen von pro-russischen Separatisten kontrolliert. Laut Daten des in den USA ansässigen Instituts für Kriegsstudien (ISW) werden mittlerweile 99 Prozent der Region Luhansk und 79 Prozent der Region Donezk inklusive deren jeweilige Hauptstädte von russischen Truppen kontrolliert.
Im Donbass leben hauptsächlich russischsprachige Menschen. Zu Sowjetzeiten wurden viele russische Arbeiter in die Bergwerke geschickt. Zudem haben viele ukrainisch sprechende Einwohner die Region seit Kriegsbeginn verlassen. Putin begründete seinen Angriffskrieg wiederholt mit dem Hinweis, die russischstämmigen oder russischsprachigen Menschen in der Region müssten geschützt werden.
In der Region Donezk fanden einige der blutigsten Schlachten des Krieges statt, etwa in den Städten Bachmut, Mariupol und Awdijiwka. Im September 2022 erklärte Russland die beiden Kohlebergbauregionen sowie die Regionen Cherson und Saporischschja für annektiert.
Cherson
Die für ihre Landwirtschaft bekannte südlich Region Cherson wurde zu Beginn des Krieges fast vollständig von der russischen Armee besetzt. Im November 2022 eroberten die ukrainischen Streitkräfte jedoch in einer Gegenoffensive die Regionalhauptstadt zurück, die ebenfalls Cherson heißt. Seitdem verläuft die Frontlinie recht konstant, wobei die russische Armee etwa 71 Prozent der Region kontrolliert.
Saporischschja
In der südlichen Region Saporischschja befinden sich die wichtigsten Städte unter Kontrolle der Ukraine. Jedoch werden 74 Prozent des gesamten Gebiets von Russland kontrolliert. Auch das größte Atomkraftwerk Europas in Saporischschja ist seit März 2022 von russischen Soldaten besetzt. Obwohl das Kraftwerk stillgelegt wurde, gilt es weiterhin als Risikofaktor, da es in der Nähe Gefechte gibt.
Russland und die Ukraine werfen sich regelmäßig vor, die Sicherheit der Anlage zu gefährden und das Risiko einer Nuklearkatastrophe einzugehen. Die Ukraine verfügt über vier einsatzfähige Atomkraftwerke, die alle aus der Zeit der Sowjetunion stammen.
Sumy und Charkiw
Zusätzlich zu den Gebieten, die Russland für annektiert erklärt hat, griffen russische Truppen wiederholt in den nordöstlichen ukrainischen Grenzregionen Sumy und Charkiw ein. Moskau kontrolliert dort jedoch keine größeren Siedlungen. Russland hält fünf Prozent von Charkiw und ein Prozent von Sumy besetzt.
Moskau plant eigenen Angaben zufolge in Sumy die Errichtung einer „Pufferzone“, um ukrainische Vorstöße insbesondere in der benachbarten russischen Region Kursk zu verhindern. Dort hatte die Ukraine im vergangenen Sommer eine Überraschungsoffensive gestartet, die russische Armee eroberte das Territorium jedoch nach und nach wieder zurück.
Krim
Bereits 2014 hatte Russland die ukrainische Halbinsel Krim annektiert, die vormals als Weinbauregion und beliebter Ferienort galt. Die Ukraine und die meisten internationalen Beobachter stufen die Annektionen als illegal ein.
Im Jahr 2018 hatte Russland mit der 19 Kilometer langen Kertsch-Brücke eine direkte Verbindung zwischen dem russischen Festland und der Krim fertiggestellt, die von Putin persönlich eingeweiht wurde. Die strategisch wichtige Brücke ist somit für Russen wie Ukrainer auch von besonderer symbolischer Bedeutung. Seit dem Beginn des russischen Angriffskrieges hat Kiew die Brücke sowie die militärische und marine Infrastruktur auf der Halbinsel wiederholt angegriffen.
Dem Kreml wird vorgeworfen, die besetzten ukrainischen Gebiete durch die Kontrolle des Bildungswesens, der Medien und aller Aspekte des täglichen Lebens zu „russifizieren“. Russen werden ermuntert, in die Region zu ziehen und verbliebene Ukrainer erhalten russische Pässe.
Das tägliche Leben für Ukrainer in den annektierten Gebieten ist hart. Nach Angaben der ukrainischen Behörden wird jede Form von Widerstand oder Kritik an der Besatzung durch die von Moskau eingesetzte Verwaltung mit Haft, Folter oder Tod bestraft.