Berlin plant Nachzugsstopp
Diese Verschärfungen plant die Koalition beim Familiennachzug
Der Familiennachzug soll für bestimmte Geflüchtete vorerst ausgesetzt werden. Das wollen Union und SPD am Freitag im Bundestag beschließen. Wer ist betroffen? Und was sagen Kritiker?

© dpa/Michael Kappeler
Am Freitag wird der Bundestag voraussichtlich die Aussetzung des Familiennachzugs zu bestimmten Flüchtlingen beschließen (Symbolbild).
Von red/KNA
Bestimmte Geflüchtete sollen künftig keine engen Angehörigen wie Eltern oder Kinder mehr nach Deutschland nachholen dürfen. Am Freitag wird der Bundestag über die Aussetzung des Familiennachzugs entscheiden.
Der Stopp soll dann für zwei Jahre gelten. Ausnahmen sind nur in Härtefällen vorgesehen.
Der Familiennachzug zu bestimmten Geflüchteten soll ausgesetzt werden. Um wen geht es da genau?
Der Familiennachzug soll nur bei Menschen mit sogenanntem subsidiären Schutzstatus ausgesetzt werden. Ausnahmen sind für diese Gruppe nur in Härtefällen vorgesehen. Wer als Asylberechtigter oder als Flüchtling nach der Genfer Flüchtlingskonvention anerkannt ist, darf auch weiterhin seine engen Angehörigen nachholen.
Was bedeutet ein subsidiärer Schutzstatus? Wer bekommt ihn?
Subsidiärer Schutz ist neben dem Flüchtlingsschutz und der Asylberechtigung eine der drei möglichen Schutzformen für Asylsuchende. Der subsidiäre Schutz greift, wenn die anderen beiden Formen nicht möglich sind, dem Antragsteller in seinem Herkunftsland aber trotzdem ernsthafter Schaden droht, also etwa Folter oder die Todesstrafe. Häufig sind Menschen mit subsidiärem Schutzstatus auch Bürgerkriegsflüchtlinge. Sie haben einen unbeschränkten Zugang zum Arbeitsmarkt. Ihr Recht auf Familiennachzug ist allerdings bereits eingeschränkt.
Inwiefern?
2015 war die Möglichkeit für subsidiär Schutzberechtigte, Ehepartner, Kinder oder Eltern nachziehen zu lassen, zunächst erleichtert worden. Ein Jahr später wurde dies aber schon einmal ausgesetzt. 2018 führte die Bundesregierung dann ein Kontingent ein: Seitdem dürfen maximal 1.000 Visa pro Monat erteilt werden. In den vergangenen beiden Jahren wurde dieses Kontingent weitgehend ausgeschöpft.
Wie viele Menschen betrifft die geplante Aussetzung des Familiennachzugs?
Laut Ausländerzentralregister lebten Ende 2024 gut 381.000 Menschen mit subsidiärem Schutzstatus in Deutschland. Davon kamen rund 296.000 Menschen aus Syrien. Etwa die Hälfte aller subsidiär Schutzberechtigten lebt bereits seit mindestens sechs Jahren in Deutschland. Knapp 66.000 erhielten den Schutzstatus erst im vergangenen Jahr. Unklar ist, wie viele von ihnen bereits Familienangehörige nachgeholt haben oder dies noch tun wollen.
Was verspricht sich die Bundesregierung von der Änderung?
Die Union hat schon vor der Bundestagswahl darauf gedrungen, die Zahl der Schutzsuchenden zu begrenzen, weil die Aufnahmekapazitäten ausgeschöpft seien. Die Aussetzung des Familiennachzugs zu subsidiär Schutzberechtigten ist aus Sicht von Bundesinnenminister Alexander Dobrindt (CSU) ein Baustein, um die Zahl der ankommenden Flüchtlinge zu verringern. Kommunalverbände begrüßen das Vorhaben und verweisen auf eine Überlastung sowie das Sichern der gesellschaftlichen Akzeptanz der Zuwanderung Schutzsuchender.
Welche Kritik gibt es an der geplanten Aussetzung?
Die Organisation Pro Asyl spricht von einem „Familienzerstörungsgesetz“. Es sei eine Katastrophe für Menschen, die vor Krieg und Verfolgung geflohen seien. Viele Familien warteten schon seit Jahren auf die Bearbeitung ihrer Anträge. Mit der Aussetzung des Familiennachzugs würden zudem legale und sichere Fluchtwege geschlossen. Zudem sei die Härtefallregelung zu eng gefasst. Die Kirchen lehnen den angekündigten Stopp ebenfalls ab. Sie verweisen darauf, dass das Grundgesetz die Familie unter besonderen Schutz stelle und dass dies auch für schutzsuchende Familien gelte. Auch Experten argumentieren, dass Familiennachzug die Integration von Geflüchteten fördere.