Diskussion um das Gebiet Ziegeläcker III

Bei einer Online-Veranstaltung der Gemeinde Sulzbach an der Murr wurden verschiedene Alternativen für die Anbindung des Plangebiets Ziegeläcker III vorgestellt. Weder die Lauterner noch die Bewohner der Ziegeläcker möchten zusätzlichen Verkehr.

Geprüfte Alternativen der Anbindung des geplanten Baugebiets Ziegeläcker III. Vorgesehen ist die gelb markierte Verkehrsführung. Foto: Gemeinde

© Gemeinde Sulzbach

Geprüfte Alternativen der Anbindung des geplanten Baugebiets Ziegeläcker III. Vorgesehen ist die gelb markierte Verkehrsführung. Foto: Gemeinde

Von Ute Gruber

SULZBACH AN DER MURR. In den vergangenen fast drei Jahren haben sich die Wogen um die Zufahrt zum geplanten Neubaugebiet Ziegeläcker III kaum geglättet: Nach der ersten Infoveranstaltung im Sommer 2018 waren bei der Gemeinde mehr als 250 (weitgehend identische) Stellungnahmen aus dem Neubaugebiet eingegangen sowie eine umfangreiche Unterschriftenliste aus dem benachbarten Teilort Lautern.

Während das Ausweisen der 46 bis 48 Bauplätze auf dem sonnigen Wiesenhang von den Einwänden grundsätzlich nicht in Frage gestellt wurde – wenn man einmal von dem bewirtschaftenden Landwirt absieht, der damit gut drei Hektar seiner Futterfläche verlieren wird – entzündet sich die Kritik vor allem an der Frage, auf welchem Wege die zukünftigen Nachbarn zu ihren Domizilen gelangen werden. Weder die Lauterner noch die Bewohner der Ziegeläcker wollen den zusätzlichen Verkehr haben.

Gut 60 interessierte Teilnehmer nahmen an der Veranstaltung teil.

Zu den eingegangenen Kritikpunkten waren Gutachten in Auftrag gegeben worden, deren geplante öffentliche Vorstellung letztes Jahr coronabedingt nicht stattfinden konnte. Mit einer Online-Veranstaltung holte die Gemeinde dies am vergangenen Montag nach. Die erfahrene Stuttgarter Stadtentwicklungsfirma Reschl übernahm die technische Organisation sowie Moderation der Beiträge und der Diskussion. Mathias Mosses und Ralph Menz vom Ingenieurbüro LK&P in Mutlangen stellten den aktuellen Stand von Bebauungsplan und Erschließungsplanung vor, Ulrich Noßwitz von der Bernard-Gruppe, die unter anderem auf Verkehrsplanung spezialisiert ist, erläuterte die Ergebnisse des Verkehrsgutachtens. Gut 60 interessierte Teilnehmer hatten sich im Konferenzraum eingeloggt und gaben reichlich schriftliche Fragen und Kommentare ab.

Das geplante Baugebiet liegt im Gewann Gallenhalde westlich des bestehenden Neubaugebiets Ziegeläcker II. Von mehreren angedachten Varianten der Straßenführung hatte man sich schon zu Beginn der Planung für ein Modell mit zwei Sackgassen mit Wendeplatten entschieden, da hier ein kurzer Anschluss sowohl an das bestehende Gebiet Ziegeläcker II als auch an das fakultative, südlich gelegene Gebiet Ziegeläcker IV gegeben ist, außerdem starke Steigungen der Straße vermieden werden und eine ideale Ausrichtung der Dächer für mögliche Solaranlagen gegeben ist. Ein Feldweg führt nach Lautern, die reguläre Zufahrt aber sollte von Südosten her über die Margarethenstraße führen.

Letztere wurde daher von vornherein – im Gegensatz zu den Parallelwegen – mit ausreichender Breite und breiten Gehwegen ausgestattet. Bislang endet sie freilich als Sackgasse und die reichliche, asphaltierte Fläche wird anscheinend von Kindern gerne als Spielfläche benutzt. Von Fußgängern und Radfahrern wird die geplante Verlängerung Richtung Lautern aber schon heute als beliebter Trampelpfad fortgeführt. Die Planer liegen also nicht ganz falsch.

Die denkbaren Zufahrtsalternativen dagegen haben allesamt einen Pferdefuß, wie Erschließungsplaner Ralph Menz erläutert: Der weiter oben liegende Theresienweg (Alternative 2, siehe Visualisierung) ist schmal und ohne Gehweg, würde das Biotop zerschneiden, fragwürdige Altlasten müssten beseitigt werden, eine Verdolung und größere Erdbewegungen wären nötig. Außerdem entfielen einige Parkplätze. Noch schmäler sei der Wirtschaftsweg oberhalb davon (3), der dann nur im Einbahnverkehr befahrbar wäre und außerdem von Landwirten und Spaziergängern stark frequentiert werde. Allerdings kommt er für den temporären Baustellenverkehr in Betracht.

Ähnlich eng und noch dazu steil geht es auf dem Feldweg / alten Hohlweg weiter südlich zu: Eine Durchfahrt unterhalb des Altersheims (5) wäre nur im Einbahnverkehr denkbar, die Einmündung in die Straße ‚Ziegeläcker‘ läge ganz ungünstig im Mündungsbereich zur L 1066. Besser wäre hier noch eine Abzweigung oberhalb des Seniorenheims in den Charlottenweg (1), denn selbiger ist vorausschauend schon so angelegt, dass hier später der Anschluss des möglichen Wohngebietes Ziegeläcker IV erfolgen kann. Damit wäre ein Ringschluss erreicht. Allerdings steht hier noch ein Lagerschuppen im Weg. Die Kosten wären – auch durch die weite Strecke – hoch.

Die Zufahrt über Lautern (6) wäre höchstens im Einbahnverkehr auf dem Feldweg möglich, dieser soll aber als Notzufahrt der Landwirtschaft, Fußgängern und Fahrradfahrern vorbehalten bleiben. Der heiß diskutierten Variante 4, einer zusätzlichen, direkten Einmündung in die Landesstraße 1066 (4) – auch als Vorgriff auf Ziegeläcker IV –, hat das Regierungspräsidium Stuttgart als Verkehrslastenträger eine eindeutige Absage erteilt. Noch eine Einmündung an der Stelle behindere den Verkehrsfluss übermäßig.

Die Anwohner befürchten eine übermäßige Verkehrslast, auch auf der zentralen Sammelstraße Ziegeläcker, die auch zu Kindergarten und Seniorenheim führt. Diplomingenieur Noßwitz hat es gemessen. An einem ganz normalen Arbeitstag – noch vor Corona-Homeoffice und Ausgangssperre – ergaben sich folgende Verkehrsflüsse: In 24 Stunden fuhren durch die Ziegeläcker 1575 Kraftfahrzeuge, davon gelangten 163 in die Margarethenstraße. Im Berufsverkehr am Morgen waren es 118 pro Stunde auf der Sammelstraße, beziehungsweise zwölf in der genannten Nebenstraße. Hier waren es in der Abendspitzenstunde dann gut 50 Prozent mehr als morgens.

Bei geplanten 46 neuen Bauplätze mit geschätzten 90 bis 110 Wohneinheiten und rund 270 Einwohnern rechnet der Verkehrsexperte mit 313 zusätzlichen Fahrten pro Tag, die durch das neue Baugebiet verursacht werden, also eine Verdreifachung des aktuellen Aufkommens auf 475 Fahrzeuge in der besonders betroffenen Margarethenstraße. Am Knotenpunkt der Einmündung der Ziegeläcker in die Landesstraße L 1066 sind es dagegen durch die vielen Abzweigmöglichkeiten nur 200 Kraftfahrzeuge mehr, also etwa 10 Prozent Steigerung.

Entscheidend für die Belastung ist jedoch die Anzahl Fahrten pro Stunde. In der Spitzenstunde am Morgen rechnet Noßwitz mit 34 (statt jetzt zwölf) Fahrten durch die Margarethenstraße, am Abend mit 46 (statt 20). Der Grenzwert für eine Wohnstraße liege jedoch bei 400 Fahrzeugen pro Stunde und werde somit nicht einmal in der Sammelstraße Ziegeläcker (maximal 139 Fahrzeuge pro Stunde) auch nur annähernd erreicht. Ein Entlastungskonzept sei nicht erforderlich. „Ich möchte das Problem nicht kleinreden. Ich war extra persönlich dort, Sie wohnen da wirklich sehr, sehr schön“, erklärt der erfahrene Stadtplaner Richard Reschl, was natürlich auch anderen Leuten gefallen werde, und gibt zu bedenken: „Eine Zone 30-Straße ist halt keine Spielstraße. Da werden sich alle ein bisschen umstellen müssen.“

Im Bebauungsplanverfahren werden nun die Interessen öffentlicher und privater Belange abgewogen und dem Gemeinderat zur Beschlussfassung vorgelegt. Anschließend erfolgt nochmals eine öffentliche Auslegung, auch der Stellungnahme der beteiligten Behörden. Die Präsentationen findet man unter www.sulzbach-murr.de.

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Erstellt:
15. April 2021, 06:00 Uhr

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