Dobrindt entfacht Streit um Steuer-Aufschlag für Billigflüge

dpa Berlin. Für 9,90 Euro nach München oder Paris - bei solchen Lockpreisen steigen viele ins Flugzeug statt vielleicht in einen Zug. Sollten Dumping-Flugtickets teuer werden? Ein CSU-Vorstoß sorgt für Streit.

Alexander Dobrindt: „9-Euro-Tickets für Flüge in Europa haben weder mit Marktwirtschaft noch mit Klimaschutz etwas zu tun“. Foto: Frank Rumpenhorst

Alexander Dobrindt: „9-Euro-Tickets für Flüge in Europa haben weder mit Marktwirtschaft noch mit Klimaschutz etwas zu tun“. Foto: Frank Rumpenhorst

In der Debatte um mehr Klimaschutz im Verkehr kommen umstrittene Schnäppchenpreise fürs Fliegen in den Blick. CSU-Landesgruppenchef Alexander Dobrindt forderte am Freitag eine „Kampfpreis-Steuer“ für Billigflüge von unter 50 Euro.

Bahnfahren solle gerade gegenüber dem Luftverkehr attraktiver werden. Dafür sei es sinnvoll, zum einen die Mehrwertsteuer auf Fernzugtickets zu reduzieren und auf der anderen Seite für faire Flugpreise zu sorgen. In der Summe führe der Vorschlag „zu erheblichen Steuerentlastungen“. Die SPD im Bundestag begrüßte den Vorstoß. Von der Opposition kam überwiegend Kritik, auch die CSU-Spitze meldete Widerspruch an.

„Dumpingpreise“ von 9 oder 15 Euro bei Billigfliegern seien „weder marktwirtschaftlich noch klimapolitisch sinnvoll“, sagte Dobrindt in Berlin. Mit solchen Billigangeboten würden auch Bahnstrecken durch den Luftverkehr angegriffen - dies habe die schon seit 2011 fällige Ticketsteuer für Starts von deutschen Flughäfen nicht verhindert. Zuerst hatte die „Bild“-Zeitung (Freitag) darüber berichtet.

Der Koalitionspartner SPD griff den Vorschlag auf, der in die richtige Richtung gehe, wie Fraktionsvize Sören Bartol sagte. „Es kann nicht sein, dass Fliegen mit Hilfe von Preisdumping billiger ist als das klimafreundliche Bahnfahren.“ Daher sei beim Fliegen ein Mindestpreis nötig. „Für Tickets, die noch nicht mal die Kosten von Steuern und Abgaben umfassen, sollten die Fluggesellschaften einen Aufschlag zahlen müssen.“ Dann sei mit Preistreiberei nach unten auf Kosten von Beschäftigten und Klimaschutz schnell Schluss.

Die CSU-Parteispitze reagierte dagegen ablehnend. „Dies ist kein abgestimmter Vorschlag der CSU“, sagte Generalsekretär Markus Blume der Deutschen Presse-Agentur. „Generell gilt: Die CSU ist eine Steuersenkungs- und keine Steuererhöhungspartei.“ Dobrindt sagte, über seinen Vorschlag solle auch mit Blick auf das Klimakabinett der Bundesregierung diskutiert werden, das am 20. September über ein Klimaschutz-Paket entscheiden soll. Ein Sprecher von Verkehrsminister Andreas Scheuer (CSU) bekräftigte, Billigfliegen dürfe nicht siegen, der Luftverkehr müsse auf Qualität setzen. Die Einnahmen aus der Ticketsteuer sollten für Forschung und Klimaziele genutzt werden.

Der Luftfahrtbeauftragte der Bundesregierung, Thomas Jarzombek, lehnte Dobrindts Forderungen ab. Der CDU-Politiker sagte der dpa: „Wir haben im Koalitionsvertrag verabredet, keine Steuern zu erhöhen. Man muss auch genau prüfen, ob eine solche Regelung nicht dazu führt, dass Flieger einfach leerer fliegen und Menschen mit kleinem Einkommen Mobilität verlieren, ohne dass CO2 eingespart wird.“

Der Flughafenverband ADV warnte vor einer zusätzlichen Besteuerung von Tickets. Die Preiskalkulation sei Aufgabe einer Airline und nicht des Staates. Der Bundesverband der Deutschen Luftverkehrswirtschaft zeigte sich indes offen für neue Regelungen: „Mehr als acht Jahre des Alleingangs mit der deutschen Luftverkehrsteuer haben Billigpreise nicht verhindert“, sagte Hauptgeschäftsführer Matthias von Randow der dpa. Daher wäre grundsätzlich nichts dagegen einzuwenden, wenn die Politik nun einen Weg fände, unwirtschaftlichen Billigpreisen und einer künstlich angeheizten Nachfrage Einhalt zu gebieten. Airlines müssten Kosten für Flugbetrieb, Personal und Investitionen stemmen.

Tatsächlich sind Preise für die Passagiere schwer zu beeinflussen. Über Computer steuern die Fluggesellschaften komplexe Preissysteme mit zahlreiche Variablen, etwa nach Tag, Uhrzeit oder Auslastung. Da sind staatliche Abgaben und Steuern ein Faktor unter vielen. Werbung mit Lockangeboten wie 9,90 Euro bedeutet außerdem nicht, dass alle Passagiere in der Maschine dafür fliegen. Die durchschnittlichen Bruttopreise der Billigflieger in Deutschland lagen zuletzt für einen einfachen Flug zwischen 50 und 106 Euro, wie der regelmäßige Bericht des Deutschen Zentrums für Luft- und Raumfahrt (DLR) ergab.

Grünen-Finanzpolitiker Stefan Schmidt sagte zu Dobrindts Vorschlag, endlich sehe die CSU ein, dass Flugverkehr höher besteuert werden müsse. „Eine symbolische Strafsteuer auf Billigflüge ist aber der falsche Weg, schließlich sind das Problem nicht nur Billigtickets.“ Der Verkehrsexperte des Bunds für Umwelt und Naturschutz (BUND), Jens Hilgenberg, sagte, die gesamte Branche sollte für Klimaschäden aufkommen. Als Übergangslösung sollte die Ticketsteuer erhöht werden.

FDP-Fraktionsvize Christian Dürr nannte es erschreckend, dass die CSU Flugpreise staatlich festlegen wolle. Innereuropäische Flüge seien schon Teil des EU-Emissionshandels. Eine Strafsteuer würden also kein Gramm CO2 einsparen - nur Tickets würden teurer. Der AfD-Fachpolitiker Frank Magnitz warnte, die Reisefreiheit im Luftverkehr für günstige Airlines einzuschränken nur Besserverdienenden zugänglich zu machen.

Mit Blick auf Klimaschutz-Anreize für Pendler wird in der Union auch über Änderungen bei der Pendlerpauschale beraten - demnach könnte sie für sparsamere Autos oder Nutzer des öffentlichen Nahverkehrs höher ausfallen. Für ÖPNV-Nutzer könne sie „mindestens zehn Prozent“ über der für Autofahrer liegen, berichtete das Redaktionsnetzwerk Deutschland (Freitag) unter Berufung auf Unions-Verhandlungskreise.

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Erstellt:
30. August 2019, 17:11 Uhr

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