Vor 300 Jahren in Wiener Zeitung

Dracula und seine Erben: Als das Wort Vampir in die Welt kam

Vor 127 Jahren erschien Bram Stokers Schauerroman „Dracula“. Seine historischen Vorbilder sind noch älter. Ein Streifzug durch die Geschichte des neuzeitlichen Vampirismus.

Untote Blutsauger: Nachts schleicht der Vampit umher, wenn seine nichts ahnenden Opfer schlafen, und labt sich an deren Lebenssaft.

© Imago/glasshouseimages

Untote Blutsauger: Nachts schleicht der Vampit umher, wenn seine nichts ahnenden Opfer schlafen, und labt sich an deren Lebenssaft.

Von Markus Brauer

Ein Jubiläum der anderen Art steht bevor: Vor 300 Jahren, am 21. Juli 1725, tauchte in einem Bericht einer Wiener Zeitung über ein serbisches Dorf an der Donau zum ersten Mal das Wort „Vampir“ auf.

Vor 300 Jahren in Österreich: Erster dokumentierter Vampir-Fall

„Zu einer Sensation wurde das Phänomen ,Vampir’ erst, als sich Fälle von umgehenden Toten in der Militärgrenze der Habsburger zum Osmanischen Reich am Ende des Jahres 1731 wiederholten“, erläutert der Historiker Thomas Bohn, der an der Justus-Liebig-Universität Gießen osteuropäische Geschichte lehrt.

„,In den beiden folgenden Jahrzehnten seien weitere Fälle aus anderen Regionen Österreich-Ungarns gemeldet worden, wie sich den Überlieferungen entnehmen lasse. Schließlich habe Kaiserin Maria Theresia im Jahr 1755 jegliche Berichte über die sogenannte Magia posthuma verbieten lassen.

Zur Info: Im 18. Jahrhundert häufen sich an den Rändern der Habsburger Monarchie Fälle von Magia Posthuma – Totenzauber. Diese frühen Berichte von Vampirismus beschäftigen nicht nur die Gelehrten der Aufklärung, sondern auch den kaiserlichen Hof in Wien: Maria Theresia verbietet 1755 daraufhin nicht nur jegliche Formen von Grab- und Leichenschändungen, sondern beauftragt ihren Leibarzt Gerard van Swieten mit der Untersuchung der Vorfälle.

„Die Vampire sind indes nicht tot zu kriegen. Seit der Aufklärung üben sie in den Debatten der gelehrten Welt eine unheimliche Faszination aus und traten spätestens mit dem Dracula-Roman 1897 einen Siegeszug durch die Populärkultur an“, führt Bohn weiter aus.

Vampirgeschichten im Habsburgerreich

Zwischen 1718 und 1731 wurden aus osteuropäischen Dörfern zahlreiche Vampirgeschichten gemeldet. Die erste weithin öffentlich gewordene Meldung stammt aus dem 1725 aus dem Dorf Kisolova im östlichen Zentralserbien, welches damals zum Habsburgerreich gehörte.

Der österreichische Arzt Ernst Frombald wurde mit der Klärung der Vampirfälle beauftragt. In seinem Bericht beschreibt Frombald, was er in Kisolova erlebt hatte. Dort trat ohne ersichtlichen Grund ein vermehrtes Sterben der Bewohner auf. Innerhalb von acht Tagen starben neun Personen verschiedenen Alters nach eintägiger, bereits ausgestandener Krankheit.

1725: Peter Plogojowitz, der würgende Vampir von Kisolova

Dafür wurde der Bauer Peter Plogojowitz verantwortlich gemacht, der einige Wochen zuvor gestorben war. Auf dem Totenbett erklärten alle Erkrankten, sie seien im Schlaf von Plogojowitz gewürgt worden, was später als die Handlung eines Vampirs gedeutet wurde.

Das Grab von Plogojowitz wurde geöffnet und man fand die Leiche angeblich im Zustand eines Vampirs: unverwest, von frischer Hautfarbe, fast ohne Verwesungsgeruch. Haut, Haare und Nägel nachgewachsen, nachdem sich die ursprüngliche Haut und die Nägel abgeschält hatten. An den Körperöffnungen fand man frisches Blut, das man für Blut der Opfer hielt. Die Dorfbewohner pfählten daraufhin den Leichnam und verbrannten ihn.

Ein Zeitungsbericht zieht weite Kreise

Nachdem der Abschlussbericht von Frombald unter dem Titel „Copia eines Schreibens aus dem Gradisker District in Ungarn“ vorgelegt worden war, wurden die Untersuchungen offiziell eingestellt.

Doch damit war die Sache keineswegs erledigt. Am 21. Juli 1725 erschienen in der Zeitung „Wienerisches Diarium“ (später „Wiener Zeitung“) ein Bericht sowie ein Flugblatt mit dem Titel „Entsetzliche Begebenheit, welche sich in dem Dorf Kisolova in Ober-Ungarn, vor einigen Tagen zugetragen hat“.

Dieser Bericht des kaiserlichen Beamten Frombald war das erste dokumentierte Zeugnis über den Vampir-Glauben im Europa der Neuzeit und trug erheblich zur Vampirkult im 18. und 19. Jahrhundert bei.

1672: Jure Grando, der drangsalierende Vampir von Kringa

Der erste Mensch, der in schriftlicher Form als Vampir bezeichnet wurde, stammte aus dem Dorf Kringa im heutigen Kroatien, das damals zur Republik Venedig gehörte. Er handelte sich um einen Bauern namens Jure Grando, der 1652 verstorben sein soll. Im Jahr 1672 soll er aus seinem Grab entstiegen sein und Bewohner des Dorfs drangsaliert haben.

In dem Buch des Historikers und Topgrafen Johann Weichard Valvasor (1641-1693) wird dieser Vampir erstmals in der europäischen Literatur erwähnt.

Der Münchner Geschichtsprofessor Johann Joseph von Görres übernahm diese Erzählung in seinem fünfbändigem Opus magnum „Die christliche Mystik“, gedruckt 1836 bis 1842. Im dritten Band auf Seite 283 schreibt Görres: „Wenn der Mann mich lange und prüfend betrachtet, fühl ich etwas von den Vampyren, die schon mit ihren Blicken andern das Leben aussaugen.“ Seiner Theorie zufolge ist der Vampir deine „Nervengeist“, der die Lebensenergie der Menschen absaugt.

Gab es Graf Dracula wirklich?

Bram Stokers „Dracula“: Graf Dracula zählt zu den berühmtesten Grusel-Charakteren. Vor 127 Jahren entstieg ein nach menschlichem Blut dürstender Untoter seiner Gruft ins Reich der viktorianischen Gruselliteratur, um zum berühmtesten Vampir der Literaturgeschichte zu avancieren.

Für den Tag der Veröffentlichung sollen 3000 Exemplare des 390 Seiten dicken Buches „Dracula“ von Bram Stoker (1847 bis 1912) ausgeliefert worden sein. Damals eine Sensation. Auf Deutsch erschien die Schauergeschichte erstmals im Jahr 1908.

Der echte Dracula war ein nach Blut dürstender Fürst

Fürst Vlad III. Drăculea: Das historische Vorbild für den literarischen Fürsten der Finsternis ist Fürst Vlad III. Drăculea – „Sohn des Drachen“ – aus Transsilvanien im heutigen Rumänien - geboren 1431, gestorben 1477.

Im 15. Jahrhundert stellte sich der Woiwode (eine Art slawischer Heerführer) des Fürstentums Walachei dem Ansturm der Osmanen mit äußerster Brutalität entgegen. Vlad III. wurde vor allem für seine grausamen Hinrichtungspraktiken bekannt, insbesondere für das massenhafte Pfählen seiner Feinde.

Diese Brutalität trug zu seinem Ruf bei, ein gnadenloser und blutrünstiger Herrscher zu sein. Was wahrscheinlich auch Stoker inspirierte, seine Figur Dracula mit unheimlichen, vampirischen Eigenschaften auszustatten.

Bram Stoker ließ sich für seinen literarischen Blutsauger von älteren Vampirromanen, volkstümlichen Legenden und Berichten aus Siebenbürgen anregen. Da er selbst nie in die Karpaten reiste, holte er sich seine gruseligen Eindrücke aus Archiven und Bibliotheken.

Warum fürchten sich Menschen vor Untoten?

Es gibt keine historischen Beweise dafür, dass Vlad III. tatsächlich ein Vampir oder eine Art übernatürliche Kreatur war. Obwohl die Legende von Dracula auf dieser historischen Figur basiert, ist die Vorstellung des unsterblichen Vampirs reine Fiktion.

Die Mythen, die Stoker in seinem Roman verwob, haben das Bild von Dracula als übernatürliches Wesen in der Popkultur dennoch unsterblich gemacht, was das Interesse an dieser historischen Figur bis heute lebendig hält.

Bei Dunkelheit steigen sie aus ihrem Sarg, um sich auf die Suche nach Blut zu machen. Vampire sind Untote, zu denen es eine Menge gruseliger Geschichten gibt. An Halloween begegnen sie uns deshalb als Deko, Kostüm oder Figuren.

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Erstellt:
29. Juni 2025, 15:34 Uhr
Aktualisiert:
29. Juni 2025, 15:50 Uhr

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