Drei Generationen feiern an einem historischen Ort
Die Familie Brunner hat in Stuttgart Gastrogeschichte geschrieben. Nun haben drei Generation gemeinsam den 30. Geburtstag des neuen Paulaners gefeiert – an einem historischen Ort.

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Drei Generationen der Familie Brunner vor dem Paulaner am Alten Postplatz
Von Uwe Bogen
Stuttgart - Was sind schon 30 Jahre in einem Haus, das aus dem Jahr 1774 stammt? Freiherr von Gültlingen hat sich einst das Barockpalais mit massivem Erdgeschoss, Natursteinfassade und Fachwerk erbauen lassen. Am Alten Postplatz ist es als eines der wenigen Gebäude des 18. Jahrhunderts noch erhalten. Schon früh ist aus dem Palais eine Gaststätte geworden.
30 Jahre sind für ein altes Gebäude ein kurzer Zeitabschnitt – in der Gastronomie hingegen sind 30 Jahre eine Leistung. 1995 hat die Familie Brunner nach dreijähriger Sanierung das Paulaner neu eröffnet. Seniorchef Werner Brunner, der heute in seiner österreichischen Heimat lebt und mit seiner Frau zur Feier angereist ist, erinnert sich noch ganz genau, wie groß die Freude war, als nach dem langen Umbau, an dem man mitunter verzweifeln mochte, die ersten Gäste kommen konnten.
Sein Sohn Thomas Brunner war der erste Betreiber, 2014 hat seine Tochter Birgit Grupp die Geschäfte übernommen. Bei schönstem Wetter wurde vor Kurzem mit Stammgästen, bayerischer Musik von der Gruppe Quetschnblech und einem Bierkarussell im Freien groß gefeiert – und so manche Erinnerungen wurden wach.
Die Familie Brunner hat in Stuttgart Gastrogeschichte geschrieben. Der Seniorchef ist Konditor. Eigentlich wollte er in den 1970ern in den hohen Norden nach Hamburg ziehen, doch in Stuttgart lernte er die technische Zeichnerin Irmgard kennen; die Liebe hielt ihn bei den Schwaben. Die beiden eröffneten das Seecafé in Weil im Schönbuch. „Papa hat Kuchen gebacken, und Mama hat gekocht“, erzählt die Tochter, „sonntags haben die Leute Schlange gestanden nach den Backwaren.“ Danach wechselten die Brunners in das Excelsior, das sie als vegetarisches Restaurant hinter dem Haus der Wirtschaft betrieben haben.
Nicht so gut lief das Restaurant Brunner Anfang der 80er Jahre im Schwabenzentrum, weil das Umfeld nicht ideal war. 1987 kam das Hotel Sautter dazu, 1995 das Paulaner und 1996 der Ratskeller, in dem die Familie bis zur Schließung 2016 blieb. Auch auf dem Stadtfest, auf dem Weindorf und auf dem Weihnachtsmarkt schätzt man die Gastfreundschaft dieser Familie.
Ayleen Brunner, die Enkelin des Seniorchefs und Tochter des früheren Paulaner-Wirts Thomas Brunner, hat mit ihrem Lebenspartner Jakob Transier vor einem halben Jahr das österreichische Restaurant Brunner in direkter Nachbarschaft zum Paulaner eröffnet.
Zum 30. Geburtstag des neuen Paulaner kamen Gastrokollegen, Winzer und jede Menge Fans des bayerischen Biers. Man feierte rund um den Postplatzbrunnen von 1820. Der Postplatz war in früheren Zeiten weitaus größer. Er erstreckte sich ungefähr von dort, wo die Sophienstraße heute auf das Bürogebäude City-Plaza trifft, bis zum Beginn der Calwer Straße.
Diese Fläche ist heute größtenteils vom City-Plaza überbaut. Die einzigen historischen Überbleibsel des Platzes sind die beiden Altbauten (eines davon ist das Paulaner) am Ende der Calwer Straße, die den Platz einst nördlich begrenzten. Seinen Namen verdankt der Postplatz der Thurn und Taxis’schen Post, die sich dort vom 18. Jahrhundert an befand, bis das Hauptpostamt in den 1850er Jahren in einen Neubau hinter dem Königsbau übersiedelte.