DRK-Ortsverein Backnang feiert Jubiläum

Backnanger Sanitäts- und Hilfsverein wurde 1871 gegründet. Andere Quellen berichten von 1870. Grund genug für den Ortsverein, den Geburtstag 150 plus 1 (oder 2) zu feiern. Lokale Politiker würdigen das wichtige Engagement der zahlreichen ehrenamtlichen Helferinnen und Helfer.

Elfie Kühne und Horst Simacher präsentierten sich in alten Uniformen des DRK und gingen auf die Geschichte des Ortsvereins ein.

© Alexander Becher

Elfie Kühne und Horst Simacher präsentierten sich in alten Uniformen des DRK und gingen auf die Geschichte des Ortsvereins ein.

Von Uta Rohrmann

Backnang. Eigentlich war Henry Dunant im Sommer 1859 geschäftlich unterwegs, um mit Napoleon III. zu verhandeln. Auf der Suche nach ihm erlebte er das Grauen des größten Waffengangs jener Zeit in seiner ganzen Brutalität – die Schlacht von Solfero in Oberitalien. 40000 Tote und zigtausend Verletzte – der 31-Jährige vergaß seine ursprüngliche Mission, kümmerte sich um die Opfer und organisierte weitere Hilfe, so gut es ging. Daraus entstand eine Bewegung, die die Welt und auch Backnang verändern sollte: Das Rote Kreuz entstand.

In seinem Referat zum 150.+1 Jubiläum des DRK-Ortsvereins berichtete der Vorsitzende Klaus Dieter Fackler im Bürgerhaus eindrucksvoll von der Geschichte und Entwicklung dieser Arbeit. Die Grundidee, die in der Genfer Konvention 1864 festgehalten wurde, sei gewesen, die Fürsorge für die Verwundeten und Opfer eines Kriegs nicht mehr alleine dem Militär zu überlassen, sondern über Nationen, Stände und Parteien hinweg als soziale Aufgabe zu sehen. Die Idee des Roten Kreuzes als einheitliches Zeichen für dieses Anliegen verbreitete sich in Europa rasend schnell, vor allem über die amtlichen Mitteilungsblätter wie den Murrtal-Boten in Backnang.

In den Urkunden belegt sei die Gründung des Backnanger Sanitäts- und Hilfsvereins für 1871. Doch dann habe man im Stadtarchiv einen Bericht des MurrtalBotens gefunden, der über die Gründung am 24. Juli 1870 berichtet. „Insofern feiern wir heute unser 150+2-Jubiläum“, stellte Fackler fest.

Während des deutsch-französischen Kriegs 1870/71 seien im Backnanger Bezirkskrankenhaus bis zu 20 Betten reserviert worden. Als erste Unterkunft diente dem Verein, der bis zum Ersten Weltkrieg knapp 60 Mitglieder und nach dessen Ende fast zehnmal so viele zählte, ein kleines Häuschen an der Aspacher Brücke.

Der Blutspendedienst wurde eingerichtet

Im Laufe der Geschichte entstanden immer mehr Arbeitszweige. So war 1956 die Einrichtung des Blutspendediensts in Baden-Württemberg ein wichtiger Einschnitt. Backnang sei einer der ersten Orte gewesen, in denen dank tatkräftiger ehrenamtlicher Unterstützung regelmäßig Blutspendeaktionen durchgeführt werden – seit Oktober 1959. Bis heute gehöre die Stadt zu den wenigen Orten, in denen dazu jährlich noch vier Termine angeboten würden. Jedes Mal kämen gut 200 Lebensretter zur Spende, viele in großer Treue. „Dieses Jahr konnten zwei Personen mit jeweils 100 Spenden geehrt werden. Dies entspricht der Menge von zwei Fässern Bier“, hob Fackler hervor.

Eine große Gemeinschaftsleistung war auch die Sanierung und der spätere Umbau des 1953 angemieteten Vereinsgebäudes in der Sulzbacher Straße 17. Mit der Firmenhalle in der Öhringer Straße 8, die wiederum in viel Eigenleistung ausgebaut und renoviert wurde, sei der DRK-Ortsverband nun räumlich sehr gut aufgestellt, stellte der Vorsitzende fest. Damit sind nun Fahrzeughalle, Kleiderhalle und Sozialarbeit unter einem Dach, während die Erste-Hilfe-Ausbildung in der Sulzbacher Straße 17 verblieb. Die ehemalige Kleiderkammer, die Frau Ulmer in einem kleinen fensterlosen Raum gründete und später mit großem Engagement im alten Kindergarten Seehofweg fortsetzte, wurde die Kleiderhalle, die sich nun als attraktives Ladengeschäft präsentiere. „Es war uns wichtig, dass auch Personen mit Unterstützungsbedarf in angenehmer Atmosphäre und in Würde einkaufen können“, so Fackler. Über 400 aus der Ukraine Geflüchtete seien mit Kleidung versorgt worden. Aufgrund der vielen Spenden hätten die Abgaben nicht beschränkt werden müssen.

Beispielhaftes Miteinander während der Coronazeit

Stolz sei der Verein auch auf die Jugendrotkreuzgruppen, die trotz des Versammlungsverbots während der Coronazeit zusammenblieben. Als Beispiel für den enormen ehrenamtlichen Einsatz im Bereitschaftsdienst nannte der Vereinsvorsitzende das Backnanger Straßenfest, während dem 1100 Einsatzstunden geleistet worden seien – ungeachtet der vielen Vor- und Nacharbeit. „Natürlich schaffen wir das nur gemeinsam mit anderen Ortsvereinen im Rems-Murr-Kreis“, räumte er ein.

Neben den stets ausgebuchten Kursen für Erste Hilfe am Menschen gibt es neuerdings auch sehr gefragte Kurse für Nothilfe am Hund. Großen Zuspruch findet ebenso die Hundetafel, die kostenloses Futter anbietet, wenn Frauchen oder Herrchen dafür nicht selbst ausreichend Mittel hat.

Einblick in das qualifizierte und breit angelegte Kursangebot des DRK-Ortsverbands für Seniorinnen und Senioren gewannen die Besucher des Festakts ganz praktisch. Die Linedance-Gruppe lockerte den Abend zwischen den Reden unterhaltsam auf. Ebenso sorgte die Band „Croots“ für einen schwungvollen Auftakt und Abschluss.

„Blaulichtfamilie„ leistet wichtigen Beitrag

Landrat Richard Sigel würdigte das „Ineinander von Ehrenamt und Hauptamt“ im Rot-Kreuz-Verein. Es gehöre zu unserem Leben dazu, krisenfester zu werden. Die Zusammenarbeit der Rettungsorganisationen als „Blaulichtfamilie“ leiste dazu einen wesentlichen Beitrag. Als Präsident des DRK-Kreisverbands Rems-Murr überreichte er Klaus-Dieter Fackler die Jubiläumsurkunde des DRK-Landesverbands an den DRK-Ortsverein zu dessen 150-jährigem Engagement.

Der Backnanger Oberbürgermeister Maximilian Friedrich würdigte das Deutsche Rote Kreuz als tragende Säule der Gesellschaft. „Diese freiwilligen Samariter unserer Stadt verdienen unseren vollen Respekt und unsere große Anerkennung“, sagte er. Als Beispiel für die Zusammenarbeit der Stadt mit dem Ortsverein nannte er die Ausstattung von Einsatzwagen der freiwilligen Feuerwehr und Sporthallen mit automatisierten externen Defibrillatoren (AED). Da das Deutsche Rote Kreuz Backnang unter anderem alle Erzieherinnen und Erzieher der Stadt in Erster Hilfe aus- und weiterbilde, überreichte Friedrich eine Kinderreanimationspuppe als Anerkennung für die wertvolle Arbeit.

Die Band Croots sorgte für einen schwungvollen Auftakt und Abschluss. Fotos: Alexander Becher

© Alexander Becher

Die Band Croots sorgte für einen schwungvollen Auftakt und Abschluss. Fotos: Alexander Becher

„Ich freue mich auf die nächsten 150 Jahre!“, äußerte die Bundestagsabgeordnete Inge Gräßle (CDU). Das Deutsche Rote Kreuz sei durch die Jahrhunderte am Puls der Zeit. Anerkennende Worte fanden ebenso die Landtagsabgeordneten Ralf Nentwich (Grüne) und Gernot Gruber (SPD), dessen Großvater Walter Gruber sich als Generalsekretär des DRK-Landesverbands vor allem in der Verbesserung des Rettungsdiensts sehr verdient gemacht hat. Dekan Wilfried Braun wies als Vertreter der Kirchen auf die Farbsymbolik des Roten Kreuzes hin: Rot stehe für das Blut der Verletzten, der weiße Hintergrund für Christus.

DRK-Ortsverein Backnang feiert Jubiläum

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DRK-Ortsverein Backnang feiert Jubiläum

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„Dieses Jahr konnten zwei Personen mit jeweils 100 Spenden geehrt werden. Dies entspricht der Menge von zwei Fässern Bier.“

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Erstellt:
19. September 2022, 06:00 Uhr

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