Verhandlungen im Gazakrieg

Druck auf Hamas zeigt Wirkung

Die Terrorgruppe gibt ihre bisher unverrückbaren Positionen auf und stimmt einer neuer Waffenruhe in Gaza zu. Die geplante Offensive auf Gaza-Stadt wirkt ebenfalls mit.

Palästinenser im Norden des Gazastreifens fahren auf einem Eselskarren.

© AFP/BASHAR TALEB

Palästinenser im Norden des Gazastreifens fahren auf einem Eselskarren.

Von Thomas Seibert

Mit dem Beginn einer neuen Waffenruhe in Gaza müsse das Ende des Krieges ausgerufen werden – darauf bestand die Hamas in den Verhandlungen mit den arabischen Vermittlern Ägypten und Katar sowie mit Israel und den USA. Nun erklärte sich die Terrorgruppe mit einem arabischen Vorschlag einverstanden, in dem ein Kriegsende unerwähnt bleibt. Die Hamas bewegte sich unter dem Druck der Vermittler und der Androhung eines israelischen Großangriffs auf Gaza-Stadt. Doch ihre neue Kompromissbereitschaft könnte zu spät kommen.

In die Gespräche kommt Bewegung

In die Gespräche kommt Bewegung

Eine Hamas-Delegation unter Khalil al-Hajja, dem Leiter des politischen Flügels der Organisation, spricht seit voriger Woche mit den arabischen Unterhändlern in Kairo. Am Montag reiste Katars Regierungschef Mohammed bin Abdulrahman al-Thani ebenfalls nach Ägypten, um mit Staatschef Abdel Fattah el-Sisi und dem ägyptischen Geheimdienst zu sprechen. Das war ein Zeichen, dass Bewegung in die monatelang fruchtlosen Gespräche gekommen war.

Jetzt akzeptierte Hajjas Delegation einen Plan für eine 60-tägige Waffenruhe, wie die Hamas mitteilte. In diesen zwei Monaten soll die Hamas zehn der 20 noch lebenden israelischen Geiseln freilassen und 18 Leichen Israel übergeben. Im Gegenzug sollen Israel 200 palästinensische Häftlinge entlassen, darunter 140, die zu lebenslangen Haftstrafen verurteilt sind. Außerdem soll Israel alle palästinensischen Frauen und Kinder aus seinen Gefängnissen freilassen und die UNO wieder in den Gazastreifen lassen.

Die Hamas hatte ursprünglich die Freilassung von mehr palästinensischen Häftlingen verlangt, ließ sich aber auf 140 herunterhandeln, wie westliche, israelische und arabische Medien berichteten. Auf Druck der Araber stimmte die Terrororganisation auch dem Vorschlag zu, dass Israel nach Beginn der Waffenruhe einen Gebietsstreifen von einem Kilometer Tiefe entlang seiner Grenze besetzt halten kann. Das war eine israelischen Bedingung für einen Teilrückzug aus Gaza. Anders als in früheren Verhandlungsrunden nahm die Hamas den Plan der Vermittler ohne Nachforderungen an, wie die Nachrichtenagentur Reuters berichtete.

Im Schutz der neuen Waffenruhe – es wäre die dritte seit Kriegsausbruch nach dem Hamas-Angriff auf Israel im Oktober 2023 – soll weiter verhandelt werden. Die USA sollen nach dem Willen der Hamas garantieren, dass Israel nach dem Ende der 60 Tage den Krieg nicht einfach fortsetzt, wie das israelische Nachrichtenportal Ynet meldete. Mit dann noch zehn lebenden Geiseln und den Leichen von 20 weiteren würde die Hamas ein Faustpfand behalten.

Israels Zustimmung steht aus

Israels Zustimmung steht aus

Ob sich Israel auf den Vorschlag einlässt, war am Dienstag offen. Ynet meldete, die Vermittler wollten bis zum Wochenende eine Antwort aus Jerusalem. Die Hamas regierte mit ihrem Schwenk zum einen auf die arabischen Vermittler, die allmählich die Geduld verloren. Die Terrororganisation habe mit ihrer Kompromisslosigkeit in früheren Verhandlungsrunden dazu beigetragen, dass sich Netanjahu für eine neue Großoffensive entschied, kommentierte die saudische Nachrichtenplattform Alarabiya.

Die arabischen Staaten befürchten zudem, dass Netanjahus Regierung hunderttausende Palästinenser aus dem Gaza-Streifen in andere Länder vertreiben und das Gebiet annektieren könnte. Die Türkei, ein Unterstützer der Hamas, verlangte laut Medienberichten ebenfalls Kompromisse.

Auch Netanjahus Drohung mit der Einnahme von Gaza-Stadt machte die Hamas gefügiger. In Gaza-Stadt werden die Mitglieder der militärischen Führung der Hamas und die meisten Geiseln vermutet. Den Hamas-Chefs geht es darum, der Gruppe das Überleben zu sichern – der Verlust ihrer Machtbasis würde das erschweren.

Ob die Hamas den Angriff auf Gaza-Stadt verhindern kann, ist offen. Israel bereitet die Offensive weiter vor. Die Hamas habe sich nur unter dem „immensen Druck“ des angedrohten Angriffs bewegt, sagte Netanjahu.

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Erstellt:
19. August 2025, 15:32 Uhr

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